Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
atemlos. Mir kann’s zwar egal sein, aber knapp sieben Jahre in Joe Meidners Saftladen gehen eben doch nicht spurlos an einem vorüber.
»Was soll schon sein? Der Meidner wird ordentlich sparen müssen. Ferdi will nämlich nur dann keine Anzeige erstatten, wenn er ihm alles auf Heller und Pfennig zurückzahlt. Inklusive Zinsen, versteht sich. Und die Meidner Fair & Event Design GmbH hat sogar schon einen neuen Geschäftsführer! Du kennst ihn!«
Perplex schaue ich auf. Hat Ferdi etwa Dr. Schnurer abgeworben? Denkbar wäre es. Nach den Monaten intensiver Zusammenarbeit für das Rasenmäher-Event dürfte der den Laden in- und auswendig kennen.
»Ferdi hat Manuel den Job angeboten. Der hat zwar eigentlich was anderes in petto, aber so, wie ich das sehe, überlegt er sich gerade, ob er Ferdis Angebot nicht doch annehmen soll. Mensch, Sandra, das wäre super! Wir könnten wieder Kolleginnen werden! Der Manuel würde dich doch bestimmt sofort mit Kusshand wieder einstellen und dir endlich das bezahlen, was du für deine Plackerei verdienst!!«
Renate strahlt mich an. Ich strahle zurück. Obwohl ich mir in Sachen Kusshand offen gestanden nicht so sicher bin. Aber das wird sich ja dann rausstellen.
Urplötzlich erfasst mich eine Welle der Euphorie. Mein Leben ist endlich wieder im Lot. Ich bin zurückgekehrt in meine Ehe, und vielleicht kann ich sogar zurückkehren in meinen Job. Alles wird gut!
Feierlich schlage ich mit dem Dessertlöffel gegen mein Champagnerglas. »Liebe Freundinnen«, beginne ich mit pathetischem Vibrato in der Stimme, »aus Anlass meiner Wiedergeburt werde ich Silvester ein großes Geburtstagsfest geben. Und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir die Ehre eurer Anwesenheit zuteilwerden lasst!«
Vergebliche Formulierungskunst. Statt mit einer angemessen feierlichen Antwort quittieren meine Freundinnen meine Einladung mit wildem Gejohle.
»Endlich mal wieder ’ne richtige Silvesterparty, Mensch, ist das klasse!«, jubelt Renate.
»Habt ihr euch denn schon geeinigt? Gibt’s wieder Tanzschulklassiker, oder darfst du auch mal Lionel Richie auflegen?«, fragt Martina grinsend. Eine Frage, die ich aufgrund ihres erhöhten Provokationsfaktors eigentlich eher von Neele erwartet hätte. Doch die schweigt sich aus. Sie lächelt nur sphinxhaft und murmelt: »So, so, große Geburtstagsparty. Ich glaube, da hab ich eine kleine Idee.«
23
I hre kleine Idee hat Neele uns an dem Abend natürlich nicht mehr verraten. Ich habe auch nicht mehr nachgefragt. In den darauffolgenden Tagen war ich viel zu beschäftigt. Mit Weihnachtsvorbereitungen. Mit Partyvorbereitungen. Mit dem überwältigenden Gefühl, mich vom nörgelnden Midlife-Crisis-Opfer zu einer souveränen Frau in den besten Jahren gewandelt zu haben.
Mit Manuel habe ich gesprochen. Er wird Ferdis Angebot annehmen, nach reiflicher Überlegung und entsprechend intensiven Gehaltsverhandlungen. Und er wird mir meinen alten Job anbieten, zu besseren Konditionen, genau wie es Renate prophezeit hat. Im neuen Jahr werde ich wieder anfangen.
»Du kriegst den Vertrag aber nur unter der Bedingung, dass du mich freundlicher behandelst als früher und mir immer brav Kekse backst. Ich hab ja keine Nussallergie, insofern hab ich ja nichts zu befürchten …«, hat er gefeixt. Und ich wurde noch mal dunkelrot vor Scham. Ein letztes Mal allerdings, da war ich mir sicher. Ich werde meinen neuen Chef auf Händen tragen bis zum Erreichen des Rentenalters. Das habe ich mir ganz fest vorgenommen.
Das beruhigende Gefühl, bald wieder einen Job zu haben, ließ mein Selbstwertgefühl wieder sprießen und mich selbst beschwingt in die Weihnachtsfeiertage gehen. Obwohl vertrockneter Braten, gemeinsames Singen unterm Tannenbaum und Begeisterungsheucheln über Geschenke, die man am liebsten noch am selben Abend bei eBay verscherbeln würde, eigentlich nicht so mein Ding sind.
Doch diesmal ging ich einfach davon aus, dass schon alles irgendwie gut gehen würde, anstatt mich wie sonst schon vorher aufzuregen.
Und siehe da: Obwohl meine Mutter sich um ein Haar mit Thomas’ Mutter über die korrekte Zubereitung einer Weihnachtsgans in die Wolle bekommen hätte und obwohl Daniel mit meinem Vater und Thomas ausgesprochen kontrovers über die Stärken und Schwächen der deutschen Entwicklungspolitik unter besonderer Berücksichtigung der statistisch messbaren Langzeiterfolge diskutierte, wurde es ein verhältnismäßig friedlicher Weihnachtsabend. Mind makes eben reality, da
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