Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
großen Backofen darunter. Das muss ich Benno lassen: Seine kleine Computeranimation wirkt wirklich sehr animierend. Sogar auf so wunschlos glückliche, in sich ruhende Frauen wie mich.
Übergangslos steigt ein dritter Gedanke in mir hoch. Knapp, klar und ununterdrückbar.
Verdammt. Was jetzt?
Ich lausche in mich hinein, bereit, mich fügsam den gestrengen Anordnungen meines inneren Staatsanwalts zu beugen. Er steht sicher schon in den Startlöchern, um mir ordentlich den Kopf zu waschen. In Erwartung eines ebenso fürchterlichen wie heilsamen Gewitters ducke ich mich in meinen feuerroten Schaukelstuhl.
Doch der Herr Staatsanwalt bleibt seltsamerweise stumm.
Das Einzige, was ich höre, ist ein zartes Stimmchen von ganz weit weg. Mein Restverstand. Mach jetzt bloß nicht denselben Fehler wie damals mit Bennos Handynummer, ruft er mir zu. Wenn du diese Mail löschst, wirst du das womöglich bitter bereuen! Behalt sie wenigstens so lange, bis du dir sicher bist!
Lieber guter Restverstand. Wie schön, dass wenigstens du mich nicht im Stich lässt, denke ich dankbar und schalte meinen Computer aus. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, was mit dem guten Rat gemeint ist. Ich muss mir sicher sein. Klar. Aber sicher in welcher Hinsicht?
v v v
Nach einer schlaflosen Nacht im stummen Zwiegespräch mit Belmondo beschließe ich, die Situation gründlich, sachlich und emotionslos zu klären.
Ein überaus vernünftiger Beschluss, wie ich finde. Ich will um jeden Preis der Versuchung widerstehen, aus dem Bauch raus etwas zu tun, was ich womöglich für den Rest meines Lebens bereue.
Als Erstes schreibe ich Benno eine freundliche, aber eher distanziert klingende Mail, in der ich um ein paar Tage Bedenkzeit bitte.
Da liebende Beziehungspartner keinerlei Geheimnisse voreinander haben, informiere ich auch Thomas über die Mail.
Na ja, sofern ein beiläufiges »Ich hab da ein Jobangebot von einer französischen Firma« während der ersten Meldung in der Tagesschau als korrekte Information des Ehepartners durchgeht. Ganz sicher bin ich mir da nicht.
Aber erstens erscheint mir die Erläuterung sämtlicher Hintergründe wie seelische Grausamkeit. Auch Thomas gegenüber. Und zweitens reagiert er genau so, wie ich es mir insgeheim erhofft habe. Mit einem geistesabwesenden »Das ist aber schön, Engel. Du wolltest doch schon lange mehr mit deinem Französisch machen«.
Dann murmelt er noch was von »bestimmt viel besser für dich, als wieder in deine alte Messeklitsche einzusteigen; die hing dir doch sowieso zum Hals raus«. Und anschließend schenkt er seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Sendebeitrag über den mittelfristigen Anstieg des Bruttosozialprodukts der EU-Mitgliedsstaaten. Thema erledigt.
Gut. Warum auch explizit darauf hinweisen, dass es sich um ein Jobangebot in Frankreich handelt? Womöglich wird sich die ganze Geschichte sowieso innerhalb der nächsten Tage erledigen. Immerhin ruft nicht nur Frankreich. Es ruft auch der Weßlinger See.
Und in klaren Momenten bin ich mir natürlich völlig sicher, dass ich meinem Mann und dem Ruf des bayerischen Voralpenlandes folgen werde. Schon allein wegen meiner großen Party. Soll ich da etwa überraschend meinen Umzug ins Ausland verkünden? Meine Lieben werden mich noch in der Silvesternacht in die Psychiatrie einliefern lassen, wenn ich wegen eines Unbekannten aus der französischen Provinz spontan alles über Bord werfe, was ich gerade erst beschlossen und verkündet habe.
Nein, Frankreich und Benno, das ist inzwischen alles absolut undenkbar.
Oder?
Verunsichert konsultiere ich Martinas Meditationskalender. »Mit sich selbst in Frieden zu leben ist wohl das größte Glück auf Erden«, steht da. Nicht gerade sehr aussagekräftig. Warum kann dieses blöde Teil einem nicht ein Mal klipp und klar sagen, wo es langgeht? Genau wie der bescheuerte Bergkristall. Anstatt mich auf den richtigen Weg zu führen, macht der seit Monaten nichts weiter, als grob fahrlässig meine Hosentaschen auszubeulen.
Kurz entschlossen rufe ich Martina an und erzähle ihr alles. Nur den One-Night-Stand mit Benno lasse ich sicherheitshalber weg. Bringt allerdings nicht viel.
»Du als Projektbetreuerin bei einem knackigen Architekten in der französischen Provinz? Komm schon, Sandra, das dauert doch keine Woche, bis du mit dem in die Kiste springst! Voulez-vous coucher avec moi, sag ich nur!«, schimpft sie. »Das kannst du Thomas unmöglich antun. Wo ihr doch wieder so glücklich seid und so
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