Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
mehr.
Happiness now.
Draußen vor den Fenstern des Frühstücksraums glitzern weiß überpuderte Weiden vor strahlend blauem Himmel. Der Lietzensee schimmert wie Perlmutt in der Wintersonne, ganz so, als ob die himmlischen Mächte heute einem Hollywoodregisseur die Wettergestaltung überlassen hätten.
So richtig falsch kann dieses kleine Abenteuer nicht sein, schießt es mir durch den Kopf, sonst gäbe es heute Sturmtief mit Eisregen.
»Und? Was wollen wir jetzt machen mit unserem gestohlenen Tag?«, frage ich Benno fröhlich. Und hoffe, dass er jetzt nicht »Reichstag, Naturkundemuseum und abends Komische Oper – das wär doch schön!« oder etwas in der Art sagt.
So hat mein einziger Berlintrip mit Thomas ausgesehen. Ich wünschte mir zwar sehnlichst einen Besuch in der Delikatessenabteilung des KaDeWe, doch dafür reichte die Zeit leider nicht.
Benno lächelt. »Also falls du Sightseeing machen möchtest, komm ich natürlich mit. Aber ich fänd’s am schönsten, wenn wir einfach hier in der Gegend bleiben, um den See spazieren, auf dem Steg vom Bootshaus-Café gemütlich in der Sonne sitzen, Glühwein trinken, vielleicht ein kleiner Mittagsschlaf …« An der Stelle wird er tatsächlich ein bisschen rot.
»Am Nachmittag könnten wir dann Charlottenburg erkunden und bei ›Melanie‹ vorbeigehen, das ist die beste Confiserie von Berlin – warst du da schon mal? Sagenhafte Pralinen, und dann erst dieser Mandelkuchen – genau wie in der Provence! Und wenn du dann noch nicht müde bist, könnten wir weiterbummeln zum ›Vinum‹, das ist ein super Weinladen, wo man auch was zu essen kriegt, alles hausgemacht – was guckst du denn auf einmal so komisch? Willst du lieber zur Museumsinsel?«
Er schaut besorgt, und ich muss mich sehr zusammenreißen, um ihm nicht vor den versammelten Frühstücksgästen eine Liebeserklärung zu machen.
Das ist doch sicher alles ein Traum, oder? Gleich schaltet sich Thomas’ Radiowecker ein, und Mozart oder Vivaldi holen mich mit sanfter Gewalt heim in meinen öden Alltag.
Ich streichele Bennos Hände. »Museumsinsel finde ich echt gut«, sage ich und versuche, meine Gefühle hinter einem möglichst coolen Gesichtsausdruck zu verbergen. »Aber Mittagsschlaf und Mandelkuchen finde ich einfach bedeutend besser.«
v v v
Benno kuschelt sich an sein Kissen und schaut mich an. Im Halbdunkel betrachte ich seine langen Wimpern und denke an die letzten 24 Stunden. Wenn ich jetzt sage, dass wir seelenverwandt sind, heißt es bestimmt wieder, ich würde klingen wie aus dem Kitschroman.
Und wenn schon. Mit meinen eigenen Gefühlen kenne ich mich selbst immer noch am besten aus, das wird ja wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Und diese Stunden mit Benno … Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so entspannt und glücklich war.
Nein , nicht nur wegen der Orgasmen (obwohl die echt atemberaubend waren). Auch weil Benno und ich dieselbe Frankreichleidenschaft haben. Und denselben Spaß am Kochen und übrigens auch denselben Humor. Auch weil er sich so für Sachen begeistern kann. Auch weil er erstaunlich oft genau das sagt, was ich gerade denke. Und umgekehrt.
Und auch weil er immer ganz fest meine Hand hielt und zwischendurch stehen blieb, um mich zu küssen. Anstatt zwischendurch stehen zu bleiben, um über die statistischen Besonderheiten der näheren und weiteren Umgebung zu referieren.
Halt, stopp. Solche Vergleiche sind Thomas gegenüber ungerecht. Er ist ein lieber Kerl und hat das nicht verdient. Außerdem sind Vergleiche bekanntlich das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
Wobei ich allerdings im Augenblick das Gefühl habe, als sei bei mir das genaue Gegenteil der Fall.
Alles ist so vertraut. Als ob wir schon ewig zusammen seien. Nur eben ohne einschlägige Erschlaffungserscheinungen. Ich kann kaum glauben, zu welcher Hochform mein erotisch vernachlässigter Körper aufgelaufen ist. Immerzu wollte ich »Dass ich das noch erleben darf!« rufen, aber daraus hätte Benno vielleicht unvorteilhafte Rückschlüsse auf mein Alter gezogen. Und das hat man natürlich als Geliebte nicht so gern.
Als Geliebte? Sandra, jetzt drehst du völlig durch!, höre ich meinen Staatsanwalt von ferne schimpfen. Für eine Affäre ist Benno völlig ungeeignet. Jetzt nicht, weil er für Meidner Fair & Event Design arbeitet. Und später nicht, weil er dann weg ist. Ganz nebenbei bemerkt bist du außerdem verheiratet!
Stimmt. Ich stelle mir vor, wie der Meidner –
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