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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Reinker
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und …
    »Also ich glaub’s nicht. Der deutsche Innenminister baut am Big-Brother-Staat, die Welt steht kurz vor einer gigantischen Wirtschaftskrise, die Polkappen schmelzen, der Iran baut die Atombombe – und alles, wofür du dich interessierst, ist ein Eisbär?«
    Beschämt starre ich auf die Rücklichter des Autos vor uns und hoffe inständig, dass Daniel nicht auch noch die brandneue Bunte gesehen hat, die auf dem Rücksitz liegt.
    »Und seit wann liest du überhaupt solchen Müll? Sag mal, was ist eigentlich aus der Sandra geworden, die jeden Tag die taz von vorne bis hinten durcharbeitet? Die alle gerade greifbaren Mitmenschen mit Begeisterung in stundenlange politische Grundsatzdiskussionen verwickelt?«
    Wenn ich Daniel jetzt sage, dass mir mein Leben schon seit Längerem zu anstrengend ist, um mich noch mit den Feinheiten des pakistanischen Politbarometers und den sozioökologischen Spätfolgen des Flaschenpfandgesetzes zu befassen, wird er mir eine ausgiebige Predigt über die Verantwortung des Einzelnen für das große Ganze halten. Die doppelt schwer erträglich sein wird, weil sie erstens aus dem Munde eines engagierten Entwicklungshelfers kommt, der zweitens mein jüngerer Bruder ist.
    Die Vorbildfunktion, die ich als jugendliche Rebellin und NATO -Doppelbeschluss-Gegendemonstrantin mal für ihn hatte, ist jedenfalls spätestens ab heute für immer verloren. Selbst wenn ich ihm mitteile, dass ich jährlich eine größere Summe an Greenpeace überweise, ein Patenkind bei World Vision habe und unsere leeren Flaschen regelmäßig zum Container trage.
    Nee, dann schon lieber meinerseits beherzt das Thema wechseln. »Die Bunte hat Neele mir gestern mitgebracht, da muss irgendwo ein Artikel über einen adeligen Steuerhinterzieher drin sein, den sie gerade am Wickel hat«, lüge ich schamlos, »also reg dich nicht auf. Erzähl du mir lieber was. Wie geht’s zum Beispiel Markus?«
    Dabei will ich eigentlich gar nicht wissen, wie es Markus geht. Er ist nämlich nicht nur Daniels bester Freund. Er war auch mal meine ganz große Liebe.
    Es war eine tolle Zeit. Wildes Leben, wilder Sex. Wir lebten von der Hand in den Mund, verschwendeten keinen Gedanken an morgen. An übermorgen erst recht nicht.
    Zu Studienzeiten ging das ja. Aber danach war irgendwann Schluss. Nach meinem Frankreichtrip stellte ich mich dem Ernst des Lebens und nahm die Stelle als Bodenstewardess bei Air France an. Markus hingegen bekam einen Posten als Entwicklungshelfer in Burkina Faso angeboten. »Komm doch einfach mit! Du sprichst fließend Französisch, irgendeinen Job werden wir da schon für dich finden!«
    Typisch Markus. Ein »Wird-schon-alles-irgendwie-gut-geh’n«-Optimist aus dem Bilderbuch.
    Trotzdem war ich mir nicht sicher, ob ich das wollte, irgendeinen Job irgendwo in der Sahelzone. Außerdem hatte ich Angst vor Tropenkrankheiten, marodierenden Räuberbanden und afrikanischen Riesenspinnen.
    Und vor allem Angst vor so einem Sprung ins kalte Wasser. Das war für meinen Geschmack einfach zu viel Veränderung. Also redete ich mich heraus. »Ich komm nach, sobald du für uns eine Bleibe gefunden hast. Bestimmt!«
    Doch anstatt nachzukommen, habe ich mich dann Knall auf Fall in Thomas verliebt. Schon allein, weil er das genaue Gegenteil von Markus war. Seriös, ernsthaft, solide, zuverlässig, auf liebenswerte Weise altmodisch und gut situiert – anstatt mit nichts weiter unterwegs als einer Gitarre und einem Haufen idealistischer Flausen im Kopf.
    Tja.
    Markus ist inzwischen ein renommierter Umweltexperte, lebt im Senegal und berät im Auftrag der EU westafrikanische Regierungen im Bereich nachhaltige Fischerei. Er ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und meines Wissens noch nie irgendwelche Probleme mit Tropenkrankheiten und afrikanischen Riesenspinnen gehabt.
    »Gut, dass du fragst: Markus lässt dich ganz herzlich grüßen! Er hat für seine Familie gerade ein Häuschen am Atlantik gekauft, zwei Autostunden von Dakar entfernt. Er kann da viel von zu Hause aus arbeiten und ist total happy!«
    Danke, das reicht. Gerade will ich einen garantiert unverfänglichen Musiksender suchen, um mir weitere herzige Details zu ersparen, da kommt mir der Spruch in den Sinn, den Martinas Meditationskalender heute für mich bereithielt. Wie war das noch? »Denke lieber an das, was du hast, als an das, was dir fehlt.«
    Irgendwann werde ich diesen blöden Kalender zum Fenster rauswerfen.
    v v v
    »Sandy! Ich darf dich doch Sandy nennen,

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