Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
oder? Joe hat mir gerade ’ne Message gemailt – du bist wieder im Team! That’s great , wir beide legen bestimmt eine super Performance hin! Ich schick dir jetzt mal die Shortlist mit den dringendsten Deadlines rüber und briefe dich mit allen aktuellen Infos. Und dann sollten wir möglichst bald conference calls mit allen Topkunden ansetzen und die main targets zwischen uns aufteilen. Ich bin ja jemand, der ausgesprochen proaktiv an die Sachen rangeht. Innovative Effizienzmaximierung, du verstehst schon!«
Oh Gott. Dieses Businessgeschwafel ist ja noch schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe. Dabei hat Renate neulich Manuels Wichtigmänner-Sprech schon ziemlich talentiert nachgemacht.
Verzweifelt reibe ich an dem Bergkristall in meiner Hosentasche. Der soll doch meine Energie bündeln. Wenn ich nur heftig genug bündele, reicht es vielleicht, um Manuel Weber spontan zu Staub zerfallen zu lassen? Intensiv stelle ich mir einen eingestaubten Bürostuhl vor, auf dem nur noch ein einsamer BlackBerry und eine Angeberarmbanduhr davon zeugen, dass da bis vor Kurzem noch meine Krankheitsvertretung gesessen hat.
Aber es scheint nichts zu passieren, Manuel schwallt einfach weiter auf mich ein. Bergkristalle sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
»Wo Sie schon so nett fragen – mein Name ist Sandra, Sandra Heller«, sage ich förmlich. Vielleicht kann ich den Duz-Zwang der Meidner Fair & Event Design GmbH wenigstens so lange vermeiden, wie ich noch krankgeschrieben bin.
»Gerne, Sandra. Mir ist an einer win-win-Kooperation mit dir gelegen. Ich will doch möglichst viele Synergieeffekte zwischen uns triggern! Lass uns zusehen, dass wir zielorientiert die strategischen Schlüsselbereiche definieren und einen möglichst reibungslosen Transaktionsfluss erreichen.«
Na super. Das ist mit Sicherheit nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Der Typ ist mit seinen 35 Jährchen im Vergleich zu mir erfahrungsmäßig ein Fliegengewicht, redet aber schon so daher, als sei er einer der fünf Wirtschaftsweisen. Woher nehmen Männer eigentlich immer dieses unverschämte Selbstbewusstsein? Als ich Jobanfängerin war, habe ich mich kaum getraut, den Mund aufzumachen. Geschweige denn, meinen Vorgesetzten ein Ohr abzukauen.
Aber ich bin nun mal nicht Manuels Vorgesetzte. In Sachen Gehalt sind die Verhältnisse sogar umgekehrt, wie ich kurz vor diesem denkwürdigen Telefonat erfahren musste. An dem Tag, an dem Renate mir steckte, dass Manuel bedeutend mehr verdient als ich, griff ich wutentbrannt zum Telefon und brüllte Joe Meidner zehn Minuten nonstop zusammen. Das erste Mal in meinem Leben. Es war der reinste Genuss.
Wenn auch einer, der mit der zenmäßigen Gelassenheit, die ich mir für mein neues Leben vorgenommen habe, nun wirklich nicht das Geringste zu tun hat.
»Sandy-Babe, bitte beruhige dich. Bei kurzfristigen Krankenvertretungen muss man immer ein bisschen tiefer in die Tasche greifen. Du weißt schon, als Ausgleich dafür, dass man den Leuten keine Festanstellung bieten kann!«
Gut, dagegen konnte ich erst mal nichts sagen. Wunschgemäß beruhigte ich mich ein bisschen.
»Außerdem hab ich mit dem Ferdi schon abgesprochen, dass dein Gehalt dann auf dieselbe Höhe aufgestockt wird, wenn du erst wieder da bist und der Manuel wieder weg.«
Und der Manuel wieder weg. Ein Satz, den ich mir auf der Zunge zergehen ließ wie einen meiner Nugatzipfel. Meine Wut war wie weggeblasen. Stattdessen fing ich an mich zu schämen. Für meine bösen Unterstellungen gegenüber dem zweifellos besten und großzügigsten Arbeitgeber im Großraum München.
»Ehrlich, Joe? Das ist aber schön!«, stammelte ich verlegen. Und warf vor lauter schlechtem Gewissen gleich den Backofen an, um ihm eine Extraportion seiner geliebten nussfreien Kekse zu backen.
10
D ie letzten paar Wochen meiner Krankschreibung habe ich das meditative Plätzchenbacken dann eingestellt. Ich wollte mich gründlich mit dem Vermietungsangebot im bayerischen Voralpenland vertraut machen, ohne ständig an meine Vision von den einstürzenden Keksdosen denken zu müssen. Schließlich hat Thomas bestimmt recht; das Landleben wird uns guttun.
Vor allem natürlich, wenn es sich in einer Landhausvilla mit Seeblick abspielen würde. Oder in einem charmant renovierten Bauernhof, der keine Wünsche offenlässt.
Am Anfang bin ich auf solche Angebote total abgefahren. Schon allein wegen der verlockenden Fotos auf den Immobilienseiten im Internet. Ein Häuschen
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