Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
bestrahlten Stelle darf man sich nicht waschen. Doch bisher ergreifen weder er noch Belmondo die Flucht, wenn ich ins Zimmer komme. Also ist auch diese Herausforderung für meine beiden Männer zumindest derzeit noch zu bewältigen.
Apropos Mann: Zwischen Thomas und mir läuft immer noch alles recht gut. Zweiter Frühling. Okay, kein Frühling aus dem Bilderbuch – aber immerhin. Auf Frühling folgt bekanntlich Sommer, und außerdem darf man auch nicht zu anspruchsvoll sein.
Die zarte zweite Blüte unserer innerehelichen Zärtlichkeiten hat offenbar sogar unsere Zwergkiefer überzeugt. Ihr Wohlergehen steht und fällt anscheinend tatsächlich mit dem Zustand unserer Beziehung, wie Martina damals bei unserer Hochzeit in ihrer esoterischen Art orakelt hat.
Die Zwergkiefer hat jedenfalls aufgehört zu nadeln und dafür neue Triebe gebildet. Da soll noch mal einer behaupten, Pflanzen hätten kein Gemüt.
Kiefergrün, Katzenschnurren, Kuschelstimmung: Im Augenblick leben wir wie im Heimatfilm. Mit dem Unterschied, dass ich meine Rolle geringfügig umgeschrieben habe. Das nahrhafte Frühstück, das die treu sorgende Ehefrau ihrem Gatten normalerweise im Morgengrauen serviert, fällt bei uns ersatzlos weg. Ich ziehe es vor, gemeinsam mit Belmondo gründlich auszuschlafen.
Und seit Thomas von dem statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen Strahlentherapie und Müdigkeit gehört hat, schleicht er sich extraleise aus dem Haus. Ein Hoch auf die medizinische Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Wenn ich ausgeschlafen habe, bringe ich den Bestrahlungstermin hinter mich, und dann werkele ich den ganzen Tag zu Hause herum. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, diese letzten Wochen vor dem Wiedereintritt in Joe Meidners Hamsterrad jeden Tag mindestens eine Stunde durch den Englischen Garten zu joggen. Zur Verbesserung der physischen Fitness, Stärkung des Immunsystems, Abwehr depressiver Stimmungsschübe und so.
Doch das Wetter ist nun schon seit Längerem ausgesprochen demotivierend, was sportliche Outdoor-Aktivitäten betrifft. Schneesturm im April – da fragt man sich manchmal, ob diese Geschichte mit der Klimaerwärmung nicht vielleicht doch nur eine Zeitungsente ist.
Andererseits passt Schneesturm ausgezeichnet zu dem mentalen Entspannungsprogramm, das ich mir verordnet habe. Beschwingt backe ich Kekse, bis der Ofen glüht.
In meditativer Verzückung mahle ich Nüsse, walke Teige, steche Herzen, Sterne und Bärchen aus, verteile Marmeladenkleckse, bestäube die fertigen Kunstwerke mit Puderzucker oder tauche sie in heiße Kuvertüre ein. Immer aufmerksam beobachtet von Belmondo, der mir zwar keine große Hilfe ist, aber stets lobend miaut, wenn ich wieder ein Blech mit duftenden Keksen aus dem Ofen ziehe.
Als kleines Dankeschön für seinen seelischen Beistand habe ich ihm sogar Hafer-Rosinen-Mäuse gebacken, aber seine Brekkies mit Thunfisch und jungem Gemüse scheinen ihm dann doch lieber zu sein.
Macht nichts, meine Kekse finden auch so reißenden Absatz. Seit mir langsam die Blechdosen ausgehen, beschenke ich alle meine Lieben mit Spitzbuben, Butterstangen, Baiserbussis, Feigenknusperchen, flammenden Herzen und was mich sonst noch so an Keksrezepten spontan anmacht.
Die Reaktionen sind durchweg enthusiastisch. Thomas findet erwartungsgemäß die feinen Fernsehkekse mit Schokoladenüberzug am besten. Der Meidner ließ mir über Renate ausrichten, ich sei einfach die Beste, und forderte in einem Atemzug eine weitere Lieferung garantiert nussfreier Plätzchen an. Meine Mutter kam extra vorbei, um mit mir gemeinsam endlich die sagenhaften »Je länger je lieber« zu backen, und war ganz begeistert von all den neuen Rezepten, die ich aufgetan habe.
Nur Neele und Martina reagierten nicht gerade so, wie man das eigentlich von besten Freundinnen erwartet. Als ich ihnen stolz eine Auswahl meiner Kekse anbot und eifrig erklärte, wie sie alle heißen, verschluckte sich Neele gleich beim ersten Bissen vor Lachen und konnte sich gute zehn Minuten gar nicht mehr beruhigen.
Mit sehr konzentriertem Gesichtsausdruck klopfte Martina ihr auf den Rücken und reichte ihr ein Taschentuch für die Lachtränen. Dann sagte sie, ganz offensichtlich mühsam um Beherrschung kämpfend: »So, so, Hausfreundchen, Witwenküsse, Nougatzipfel und Feigenknusperchen, sagst du … Sandra, nimm’s mir nicht übel, aber wenn du nicht neulich erst steif und fest behauptet hättest, dass es dir mit Thomas in der Kiste wieder besser geht, würde ich
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