Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Landleben nützt uns doch gar nix, wenn wir uns jeden Tag stundenlang zur Arbeit und wieder zurück quälen müssen …«
Thomas guckt enttäuscht. Kein Wunder. Je weiter wir draußen Richtung Berge wohnen, desto reichhaltiger werden seine örtlichen Sukkulentenfunde ausfallen. Im Geiste sieht er sich wahrscheinlich schon in einem Bauernhäuschen oberhalb von Wildbad Kreuth leben und einen der spektakulärsten Hauswurzgärten des bayerischen Alpenraums anlegen. Ganzjährig geöffnet für junge und jung gebliebene Fettpflanzenfans.
»Schade, ich würde so gerne da leben, wo meine geliebten Sukkulenten zu Hause sind!«, brummelt er. Doch als Experte, der den Durchschnitts-Benzinverbrauch seines Autos während der letzten fünf Jahre ebenso referieren kann wie das durchschnittliche Verkehrstempo auf den Münchner Ring- und Ausfallstraßen unter besonderer Berücksichtigung der lokalen Großwetterlage, kann er sich meinen Argumenten letztlich nicht verschließen.
»Also gut, S-Bahn-Einzugsbereich. Du bist mir natürlich wichtiger als meine Sukkis, Engel. Und für deine Gesundheit brauchst du jetzt natürlich nicht noch mehr Stress!«
Gerettet. Dankbar schwöre ich Thomas, mir bei der weiteren Suche nach unserem Traumhaus wirklich ganz besondere Mühe zu geben. Ich werde schon eines finden.
Früher oder hoffentlich auch später.
v v v
»Wenn ihr wüsstet, wie gut ihr’s habt! Ich beneide euch so sehr!«, schluchzt Neele in ihr Taschentuch. Es ist das letzte aus der Packung. Die anderen liegen schon vollgeheult auf Neeles edlem hellgrauem Veloursteppich.
Martina und ich schauen uns an. Wir können es beide nicht richtig glauben. Unsere beste Freundin beneidet uns um genau das spießige Eheleben, auf dem sie sonst mit Vorliebe rumhackt?
»Sonst sagst du doch immer: ›Eine Ehe ist ein Jahr lang Feuer und 30 Jahre lang Asche.‹ Wie wär’s, wenn du dich mal für eine Meinung entscheiden würdest?«
Heftigeres Schluchzen. »Asche ist immer noch besser als heiße Luft«, schnieft sie in ihr Taschentuch. »Ich hab echt so was von die Nase voll davon, mir ständig einen neuen Lover suchen zu müssen! Ich werde nächstes Jahr 40, da will ich endlich auch in einen sicheren Hafen! So richtig das volle Programm, von mir aus sogar mit Sportschau , Kegelklub und wöchentlichen Besuchen bei den Schwiegereltern!«
Neele kauert auf ihrem Designersofa wie ein ausgesetzter Hund auf dem Grünstreifen eines Autobahnrastplatzes. Ihre sonst tadellos manikürten und lackierten Fingernägel sind angeknabbert, und anstelle eines taillierten Businesskostüms trägt sie den ehemals dunkelblauen Jogginganzug von Fruit of the Loom, in dem sie schon zu unseren Studenten-WG-Zeiten Schutz suchte, wenn es ihr schlecht ging. Ein Bild des Jammers.
Und das alles wegen Alberto.
»Er hat mir glatt gesagt, ich sei ihm zu raumfüllend und zu dominant – könnt ihr euch das vorstellen?«
Martina und ich verkneifen uns gerade noch ein Nicken. Wir haben uns beide schon des Öfteren gefragt, wie die Männer es eigentlich länger als ein paar heiße Nächte mit Neele aushalten. Bei dem, was sie sich da so täglich anhören müssen. Im Bereich zwischenmenschliches Kommunikationsverhalten ist unsere Freundin ja bisweilen etwas gewöhnungsbedürftig. Aber jetzt ist wahrscheinlich nicht der geeignete Moment, um das zu thematisieren.
»Er findet, dass ein Mann einer Frau eine starke Schulter bieten sollte, und nicht umgekehrt«, schluchzt Neele. »Ja, was soll ich denn bitte schön tun – umschulen auf Handarbeitslehrerin? In Zukunft den Männern gegenüber einen auf kleines schüchternes Mädchen machen? Mir die Haare blond färben, immer lieb sein und mir mit runden Kulleraugen die große weite Welt erklären lassen? Und dabei dachte ich, er sei glücklich mit mir! Wie konnte er mir das nur antun?«
Eine interessante Frage. Bisher war es nämlich in der Regel umgekehrt. Neeles zahlreiche Lover dachten immer, sie sei glücklich mit ihnen.
Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem Neele sie verließ, getreu ihrem Motto: »Treue nur, solange der Vorrat reicht.« Den einen oder anderen von ihnen habe ich später noch mal zufällig wiedergesehen. Alle haben sie mit feuchten Augen »Wie konnte sie mir das damals antun?« gefragt. Doch auch darauf sollte ich Neele jetzt besser nicht ansprechen.
»Kopf hoch, Neele, neues Spiel, neues Glück! Du weißt doch, Ehe ist wie Erbsensuppe, also nur kein falscher Neid. Im Gegensatz zu uns kannst du doch jetzt wieder nach
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