Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Prozent ihres Anwendungsradius sicher beherrsche. Ich habe die Funktionsmenüs von mindestens vier verschiedenen Handyherstellern erfolgreich begriffen und wieder vergessen. Und im lösungsorientierten Umgang mit Bürokopierern der gehobenen Bauart kann mir sogar kaum jemand das Wasser reichen.
Aber jetzt auch noch skypen, twittern, podcasten und feedreaden? Mich auf XING , Myspace und Facebook positionieren? Nein, danke, ohne mich.
Für diese Spielchen fühle ich mich langsam zu alt. Und ich befinde mich damit in bester Gesellschaft, wie ich aus zuverlässiger Quelle von Neele, Renate und Martina weiß.
Manchmal sehne ich mich inzwischen sogar nach der guten alten Zeit zurück, als im Büro noch das Faxgerät gemütlich vor sich hinratterte, die Post einmal am Tag auf den Tisch geliefert wurde anstatt nonstop in den E-Mail-Eingang, und die Handy-Standleitung zwischen Mitarbeitern, Chefs und Kunden noch nicht erfunden war.
»Ach, Manuel, das tut mir jetzt aber leid«, heuchele ich hingebungsvoll, »ich bin heute noch den ganzen Tag unterwegs, Nachuntersuchungen und so, Sie wissen schon.«
Noch so ein kleiner Ausgleich für diese Erkrankung: Notlügen dieser Art sind nicht nur als völlig legitim anzusehen – es geht schließlich um gesundheitsschützende Stressreduktion –, sondern sie werden auch garantiert von niemandem hinterfragt.
»Warum legen Sie mir Ihre Clolux-Pläne nicht einfach auf den Schreibtisch? Ich schau sie mir dann nächste Woche gleich an, wenn ich wieder da bin.«
Und wenn du endlich wieder weg bist. Halleluja.
Nichts gegen Krankheitsvertretungen, aber meine hat sich in den letzten Wochen als außerordentlich anstrengend erwiesen.
»Also das ist ja wohl ein völlig hausgemachtes Problem. Was arbeitest du auch während deiner Krankschreibung? Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?«, hat Renate mein Jammern mitleidlos kommentiert, als sie neulich zu Besuch war. Und ich habe nicht so recht gewusst, was ich darauf antworten sollte. Ununterdrückbares Verantwortungsgefühl? Typisch weibliche Erziehung zur fleißigen Arbeitsbiene? Protestantisches Arbeitsethos? Große Gefühle für Joe Meidner und seinen Saftladen?
»Der Manuel, der kann das alles doch gar nicht ohne mich. Wenn ich nicht dabei bin und aufpasse, richtet der mehr Schaden an, als er mir nützt. Also nee, bevor ich hinterher sein Chaos wegräumen muss, mach ich die Arbeit lieber gleich selbst.«
Renate hat mich auch weiterhin überaus skeptisch angeschaut, bereitwillig assistiert von Belmondo, der inzwischen entschieden zu oft gegen mich Partei ergreift. Wenn das so weitergeht, werde ich mit ihm mal zum Tierpsychologen gehen müssen.
»Kommt schon, guckt nicht so bekümmert, ihr beiden«, habe ich fröhlich entgegnet. »Bald bin ich sowieso wieder im Büro, Manuel wird ausrangiert, und alles wird gut.«
11
A lles wird gut. Mensch, Sandra, sogar auf deine alten Tage bist du immer noch so naiv, als seist du mit Heidi zusammen beim Almöhi aufgewachsen.
Dabei habe ich mich auf meinen ersten Arbeitstag sogar richtig gefreut. Kaum zu glauben, welch segensreiche Folgen ein paar Monate Ferien vom Chef für die Motivation haben. Meine war ja, rückblickend betrachtet, auf der nach unten offenen Bürofrustskala schon besorgniserregend tief gesunken. Doch nun fahre ich mit dem Fahrstuhl hoch zu unserer Büroetage und fühle mich richtig gut. Wie nach einer langen Reise wieder zu Hause angekommen.
Selbst die recht gewöhnungsbedürftige Farbgestaltung des Meidner’schen Imperiums gefällt mir auf einmal. Womöglich hat Joe damals recht gehabt, als er auf Anraten eines Farbpsychologen aus Ferdi Hinterhubers Bekanntenkreis blauen Teppich mit gelben Büromöbeln kombinierte.
»Während das freundliche Gelb anregend und heiter wirkt und für Intuition und Kontaktfreudigkeit steht, vermittelt das edle Dunkelblau Seriosität und philosophische Vertiefung. Diese Farbkombination lässt Ihre Kunden intuitiv die Kernkompetenzen der Meidner Fair & Event Design GmbH spüren«, hat es in dem wolkigen Konzeptpapier geheißen, das wir damals alle lesen mussten.
Für mich persönlich lässt diese Farbkombination die Kunden höchstens spüren, dass der Meidner unter einer für einen Messedesigner ausgesprochen bedenklichen Geschmacksverwirrung leidet. Aber das habe ich ihm natürlich nie gesagt.
Gut gelaunt laufe ich den dunkelblauen Gang zu meinem Büro entlang, vorbei an Joes Büro. Durch die offene Tür sehe ich ihn
Weitere Kostenlose Bücher