Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Herzenslust die angesagtesten Liebestechniken erforschen!«, versucht Martina unsere Freundin aufzumuntern.
Deren Schluchzer werden hörbar leiser. Eilig redet Martina weiter: »Abgesehen davon: Eine Beziehung zwischen einer emanzipierten erfolgreichen deutschen Frau und einem süditalienischen Machomann, das wäre doch auf Dauer sowieso nicht gut gegangen. Oder wärst du etwa mit ihm in seine Familienresidenz da unten in Kalabrien gezogen, unter ein Dach mit seiner Mamma und seiner Schwester? Das hätte doch schon bei der ersten bilateralen Diskussion um die korrekte Zubereitung von Spaghetti carbonara Mord und Totschlag gegeben!«
Jetzt muss Neele sogar ein bisschen lachen. Sie putzt sich die Nase, wirft Taschentuch Nummer zehn auf den Teppich und schenkt sich und uns vom guten Roten nach. Brunello di Montalcino, Jahrgang 1999. »Ein Geschenk von Alberto«, sagt sie mit kleiner Stimme.
Wir halten die Luft an. Bitte jetzt kein Rückfall in die Schluchzphase.
»Er hat damals gesagt, ich soll mir die Flasche für eine besondere Gelegenheit aufheben«, grinst sie schwach. »Passt doch. Übrigens, apropos Spaghetti carbonara: Habt ihr Hunger? Ich hab uns was Kleines gekocht.«
Martina und ich schauen einander erleichtert an. Nicht nur, weil Neele ihren Tiefpunkt offenbar überwunden hat. Sondern auch, weil wir ihren Tiefpunkt jetzt stundenlang gemeinsam vermessen haben und entsprechend ausgehungert sind.
Rotwein soll zwar auch recht nahrhaft sein, aber nur Rotwein ist dann doch ein bisschen wenig. Für meinen Magen jedenfalls.
Begeistert stürme ich in Neeles todschicke Bulthaup-Küche, um endlich zu sehen, was da schon seit unserer Ankunft so gut riecht. Oder besser gesagt: gerochen hat. Denn in den würzigen Duft nach Gemüse und Kräutern hat sich vor einiger Zeit eine merkwürdige Obernote gemischt. Eine Obernote von angebrannter Karotten-Ingwer-Suppe, wie ich beim Anheben des ersten Deckels feststelle.
Auf der Warmhalteplatte ruht unter dem zweiten Deckel ein Hühnchen in einer Sauce aus Mandeln und Backpflaumen. Es sieht wirklich haargenauso aus wie auf dem Foto aus dem Großen Kochbuch der marokkanischen Küche , das noch aufgeschlagen auf dem Küchentisch liegt.
Meine ohnehin große Bewunderung für Neele steigt ins Unermessliche. Wenn ich ernsthaft Kummer habe, schaffe ich es noch nicht mal, eine Büchse Maggi-Reistopf mit Huhn ordnungsgemäß in einen Topf zu schütten. Geschweige denn, ihn ohne größeres Malheur warm zu machen. Und Neele zaubert uns hier trotz eines schweren Schicksalsschlags alle Wonnen des Orients auf den Tisch.
»Ein Hoch auf die Köchin!«, jubeln Martina und ich im Chor. »Mensch, ist das toll, dass du uns erhalten bleibst! Für uns wäre das doch ein entsetzlicher Verlust gewesen, wenn du in Zukunft nicht mehr für uns gekocht hättest, sondern für eine kalabrische Schwiegermutter!«
Wahre Freundschaft ist natürlich ganz und gar uneigennützig. Aber wenn’s um mein leibliches Wohl geht, ist ein Schuss gesunder Egoismus durchaus vertretbar.
Bleibt im Nachhinein zu ergänzen, dass Neeles Huhn ungenießbar war. Verheult, wie sie war, hat sie sich vergriffen und ein Suppenhuhn gekauft anstatt einer Maispoularde. Suppenhühner sehen zwar genauso goldgelb appetitlich aus. Sie sind aber bedeutend zäher. Was bei einem Gericht, in dem das Hühnchen laut Kochbuch bis zum perfekten Zartheitsgrad maximal 30 Minuten gegart werden darf, zu einem nicht unerheblichen Problem wird.
Aber Martina und ich sind ja wohlerzogen. Energisch säbelten wir an unseren Hühnerstückchen herum, als ginge es um eine weihnachtliche Laubsägearbeit, und lobten überschwänglich die leckere Backpflaumensauce.
Neele sagte nichts. Schweigsam beschäftigte sie sich mit ihrem Hühnerbein. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem es ihr mit Schwung vom Teller flutschte. »Dieses Huhn muss mehr Flugstunden auf dem Buckel haben als der Rote Baron«, brach es aus ihr hervor. »Wie gut, dass ich es nur für euch gekocht habe, und nicht für Alberto und seine Mamma! Das hätten die mir doch ewig vorgeworfen!«
v v v
Mein letzter Bestrahlungstermin ist überstanden! Sogar mit heiler Haut, wenn ich das mal so salopp sagen darf. 30 Bestrahlungen, und von den prophezeiten Verbrennungen keine Spur. Das bestrahlte Feld ist nur ein bisschen gerötet, das ist alles. Kein Wunder, ich habe mich ja auch sechs Wochen lang brav an das Waschverbot gehalten.
Aber damit ist jetzt Schluss. Ich werde diesen Tag mit einem
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