Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
mir fest vorgenommen, gut gelaunt durch diesen Restsamstag zu kommen. Und zur Abwechslung mal zu versuchen, den Besichtigungsobjekten gute Seiten abzugewinnen, anstatt immer nur rumzunörgeln. Das bin ich Thomas schuldig, so niedergeschlagen, wie er seit dem Sukkulentendrama ist.
Mir selbst bin ich es auch schuldig. Es geht schließlich um mein zukünftiges Zuhause. Außerdem habe ich außer der Haussuche nichts, aber auch wirklich gar nichts anderes zu tun.
v v v
»Kind, was ist los mit dir? Stimmt irgendwas nicht? Ich spür doch, dass du was hast!« Meine Mutter hört auf, den Teig für unsere Butterstangerl zu kneten, und schaut mich prüfend an.
Oje. Wenn sie diesen Forscherblick aufsetzt, ist sie in der Lage, in meinem Gemüt selbst Frustrationen im Nanomillimeterbereich aufzuspüren. An denen zerrt sie dann mit mütterlicher Fürsorglichkeit so lange herum, bis ich erschöpft aufgebe und ihr alles erzähle.
Was ja an sich nicht weiter schlimm wäre. Jedenfalls wenn sie meine kleinen Geständnisse nicht so akribisch in ihrem Gedächtnis archivieren und noch Jahrzehnte später bei jeder passenden oder auch unpassenden Gelegenheit rauskramen würde.
Gerne auch vor Publikum. »Sandrakind, weißt du noch, wie du dich damals vorm Abi wegen deiner Akne geschämt hast? Dabei war die doch halb so schlimm! Guckt mal, heute sieht man doch echt kaum noch was davon!«
War damals wirklich ein prima Gesprächsthema bei Thomas’ Antrittsbesuch. Bravo, Mama. Als ich Neele und Martina entrüstet davon erzählte, haben sie sich ausgeschüttet vor Lachen. Und mir dann mitleidslos mitgeteilt, ich sei ja wohl selber schuld, wenn ich der elterlichen Inquisition immer freiwillig alles erzähle. Unsolidarisches Pack.
Seitdem habe ich mir x-mal vorgenommen, auf Fragen meiner Mutter nach meinem werten Wohlbefinden grundsätzlich mit einem fröhlichen »Danke, alles bestens, mir geht’s super!« zu antworten.
Und zwar selbst dann, wenn ich niemals mehr einen Job finde, erfahre, dass mein Mann mich betrügt, und obendrein gerade aus Versehen mein Zuhause abgefackelt habe, weil ich vergessen habe, den Herd auszumachen.
»Danke, alles bestens, mir geht’s super!«, erkläre ich mit fester Stimme und rolle konzentriert den Teig aus.
Jetzt bloß keinen Blickkontakt herstellen, sonst werde ich umgehend der Lüge überführt. Was soll ich meiner Mutter auch sagen? Wie sehr es an mir nagt, keinen Job zu haben? Nee, bloß nicht! Dann hält sie mir doch nur wieder vor, ich hätte mutwillig meine Existenz ruiniert.
Ich könnte mich natürlich auch überwinden und erzählen, dass die Hausbesichtigungstour mit Thomas gestern trotz meiner guten Vorsätze wieder mit Stimmung auf halbmast geendet hat.
Aber dann werde ich früher oder später zugeben müssen, dass ich es auch diesmal wieder nicht geschafft habe, mich für eines der Häuser auch nur halbwegs zu erwärmen.
Das eine lag zwar recht hübsch am See, hatte aber keine Doppelfenster. Weshalb es wegen vermutlich exorbitanter Heizkosten für mich nicht infrage kam. Und das andere befand sich in unmittelbarer Nähe zu einem großen Biergarten.
»Nette Terrasse – aber ansonsten völlig unmöglich!«, habe ich Thomas mit Nachdruck erklärt, ganz so, als ob das Besichtigungsobjekt direkt neben der kommunalen Müllkippe läge.
»Aber du liebst doch Biergärten!«, entgegnete er erstaunt.
»Eben. Nur tun das viele andere Leute auch. Zu viele andere Leute. Stell dir nur den ganzen Lärm vor. Autoradios plärren, Autotüren knallen, und dazu dröhnt bayerische Blasmusik. Nein. Völlig unmöglich. Das musst du doch auch sehen.«
Armer Thomas. »Manchmal denke ich, du willst gar nicht mit mir aufs Land ziehen«, sagte er geknickt.
Was ich natürlich wortreich abgestritten habe. Aber geschämt habe ich mich trotzdem. Denn in dem Moment, in dem Thomas das sagte, wurde mir auf einmal glasklar, dass er ins Schwarze getroffen hatte.
Ich habe heftig geschluckt und versucht, die gegen null tendierende Stimmung wieder anzuheben. Doch selbst mein kenntnisreicher Kurzvortrag über die botanische Vielfalt an den Vulkanhängen von La Palma konnte Thomas kein Lächeln mehr entlocken.
Vielleicht ist es mein schlechtes Gewissen, das meine Mutter gerade spürt. Vielleicht wäre es sogar befreiend, mit ihr über diese ganze zähe Umzugsfrage zu sprechen. Vielleicht erkennt sie typisch mamamäßig auf einen Blick, was mit mir los ist.
Und warum ich mich ständig rausrede, anstatt mich auf die
Weitere Kostenlose Bücher