Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
großen Liebe den Schritt ins Unbekannte zu wagen.
»Wenn die Liebe dich ruft, dann folge ihr, und sind ihre Wege auch schwer und steil«, hat Markus mir damals beim Abschied zärtlich ins Ohr geflüstert.
Doch ich bin der Liebe nicht gefolgt. Und ich scheine seit damals kein bisschen mutiger geworden zu sein.
Bennos Augen glänzen. Er streichelt meine Hand und will etwas sagen, da höre ich eine energische Lautsprecherstimme rufen: »Achtung, letzter und dringender Aufruf für Passagier Heller, gebucht auf Condor 3928 nach Santa Cruz de La Palma: Bitte begeben Sie sich umgehend zu Gate 32, wir schließen den Flug!«
Oh Gott. Bei dem Gedanken an die lange Schlange vor den Sicherheitskontrollen steigt nackte Panik in mir hoch. Ich springe auf, greife hektisch nach Mantel und Handtasche, höre Benno rufen: »Sandra, lass uns wenigstens in Kontakt bleiben, sag mir noch schnell deine Mail-Adresse!« – und sprinte kopflos Richtung Check-in.
Während ich mich unter gemurmelten Entschuldigungen an den Wartenden in der Schlange vorbeidrücke, mit einer herzinfarktverdächtigen Pulsfrequenz die Kontrolle hinter mich bringe und zum Gate rase, direkt einer wütend dreinblickenden Bodenstewardess in die Arme, murmele ich ohne Unterlass »Es ist vorbei« vor mir her. Und hoffe, dass die Ruhe, die sich langsam in mir ausbreitet und ein unbestimmtes Gefühl von Trauer verdrängt, nun auch wirklich die nächsten 30 Jahre anhalten wird.
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»Wo warst du denn bloß so lange, Engel?«, fragt Thomas, als ich mich im Flugzeug mit hochrotem Kopf neben ihm auf den Sitz fallen lasse.
Gott sei Dank gibt er sich mit einer längeren Geschichte über die schwierige Entscheidungsfindung zwischen zwei gleichermaßen todschicken Sonnenbrillen zufrieden.
»Frauen haben signifikant häufiger Entscheidungsprobleme als Männer, das ist bekannt. Aber dass du so lange nachdenkst, bis es für die Entscheidung als solche zu spät ist, das ist nun wirklich ungewöhnlich«, stellt er schließlich lapidar fest. »Oder hast du es etwa noch geschafft, dir eine von den beiden Sonnenbrillen zu kaufen?«
Betreten schüttele ich den Kopf.
Wegen meiner Notlüge. Und wegen der ausnahmsweise glasklaren Entscheidung, die ich gerade gefällt habe. Gegen Benno, gegen das Abenteuer. Für Thomas, für das ruhige Dümpeln im Hafen meiner Ehe.
Sandra, ich sag’s dir ungern, aber ist dir klar, dass du dich seit Silvester gefühlte 132-mal für deine Ehe und das ruhige Dümpeln im Hafen deiner Ehe entschieden hast?, zischt mein Staatsanwalt mir vom Gangplatz gegenüber zu. Und dass es nie länger gedauert hat als maximal zwei Tage, bis du wieder angefangen hast, an dieser Entscheidung zu zweifeln?
Diesmal ist das anders, du wirst schon sehn, zische ich zurück, mit mehr Wut als Überzeugungskraft in der Stimme. Und jetzt lass mich endlich in Ruhe Sonne, Strand und Meer mit meinem Mann genießen!
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Im Herbst sinken die Temperaturen auf La Palma etwas. Das wussten wir.
Dafür steigt die Zahl der Regentage geradezu sprunghaft an. Das wissen wir erst, seit wir vor Ort sind. Und langsam Rost ansetzen.
Afrikanische Sonne, wie ich sie mir vorgestellt habe, gab’s bisher exakt einen Tag lang. Am Tag unserer Ankunft. Seitdem gießt es nahezu ununterbrochen. Und mit jedem Tropfen, der an die Fenster klatscht, frage ich mich aufs Neue, wieso ich bei der Reisebürowerbung »La Palma – grüne Insel der Kanaren« nicht gleich darauf gekommen bin, dass das sagenhafte Grün ja wohl in erster Linie auf sagenhafte Regenfälle zurückzuführen sein muss.
Anstatt am Strand zu liegen oder wenigstens faszinierende Vulkanwanderungen zu machen, hocken wir jetzt schon seit über zehn Tagen in unserer Appartementanlage im maurischen Stil knapp unterhalb der Wolkengrenze, starren auf den verregneten Pool und öden uns an.
Wobei ja Regen selbst im Urlaub streng genommen kein Grund zur Verzweiflung ist. Für ein glückliches Paar gibt es schließlich eine ganze Reihe höchst angenehmer Zeitvertreibe, die nicht im Geringsten vom Wetter abhängig sind.
Wie man übrigens hervorragend an dem Paar im Appartement neben uns sehen kann. Oder besser gesagt: hören kann. Die sind von morgens bis abends ausgesprochen leidenschaftlich zugange. Offenbar frisch verliebt. Oder gerade erst verheiratet. Oder erotisch einfach besser drauf als wir beide. Was nicht sehr schwer ist.
Doch anstatt sich von dem Lustgestöhne nebenan ein bisschen animieren zu lassen oder wenigstens auf meinen
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