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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Sie
hergekommen?«
    »Oakland, über Los Alegres.«
    »Die Frau und ich, wir fliegen
manchmal runter nach Los Alegres, im Diner Mittag essen. Oakland — da ist es
inzwischen zu voll. Ich hör übrigens auf den Namen Bulldog.«
    »Ich bin Sharon. Und ich soll
Ihnen was bestellen: schöne Grüße von Sarah Grimly.«
    Bisher hatte er den direkten
Blickkontakt vermieden — schüchtern, dachte ich. Doch als ich Grimly erwähnte,
hellte sich sein Gesicht auf, und er sah mich an. »Die kleine Sarah. Hab sie
jetzt schon ein Jahr lang nicht mehr gesehen. Sie ist immer mit ihren Schülern
hier raufgekommen, hat mit ihnen unter dem Baum da gepicknickt und ihnen dann
gezeigt, wie es ist, über die Kliffkante zu rauschen.« Er lachte rauh. »Wir
haben uns immer gefragt, ob es schlau ist, ihnen vorher was zu essen zu geben.
Lebt sie jetzt in Los Alegres?«
    »Ja. Sie hat geheiratet,
unterrichtet aber immer noch und hat jetzt eine eigene Mooney.«
    »Schön für sie. Wollen Sie in
den Ort rein?«
    »Ja. Gibt es in Paradise eine
Autovermietung?«
    »Zwei sogar. Ich sag Ihnen was
— ich muß zum Mittagessen heim, die Frau macht Käsetoast, mein Lieblingsessen.
Ich nehm Sie mit, und Sie erzählen mir unterwegs von Sarah.«
     
    Mein Mietwagen war ein Modell
namens Aspire, und der Name war gar nicht mal unpassend, da dieses Gefährt
immerhin ein Aspirant auf den Titel »scheußlichstes Auto der Welt« war: grausig
lila, und obendrein fehlten zwei Radkappen. Doch das Äußere interessierte mich
wenig; der Wagen lief, und die Leute von der Autovermietung waren freundlich
und hilfsbereit gewesen, hatten mir einen Plan mitgegeben, mich ihr Telefonbuch
benutzen lassen und mir, für den Pall, daß ich über Nacht bleiben wollte, ein
Motel und ein Restaurant empfohlen.
    D’Silva war eine ungewöhnliche
Schreibweise, und es gab nur eine Person dieses Namens im Telefonbuch — Harold,
am Valley View Drive. Ich bog vom Skyway, der breiten Geschäftsstraße, ab und
folgte einem gewundenen Sträßchen in eine Wohngegend, wo die Häuser auf großen
Grundstücken standen, beschirmt von mächtigen Goldkiefern. D’Silvas Adresse war
ein schmuckloses gelbes Holzhaus ganz am Ende einer unbefestigten Einfahrt;
ringsum reckten unbeschnittene Rosensträucher kahle Triebe empor, und das Haus
selbst wirkte genauso vernachlässigt. Der Rasen war von Unkraut überwuchert.
Ich parkte und erklomm die tiefe Vorderveranda, doch auf mein wiederholtes
Klopfen hin regte sich nichts. Was jetzt? Zum Butte College, wo D’Silva
Polizeiwissenschaften studiert hatte.
     
    Ich hatte das College schon
beim Anflug auf den Flugplatz gesehen, aus der Luft aber die idyllische Anlage
nicht recht würdigen können. Aufgelockert durch schattenspendende Bäume und
weite, mit hohem, wintergrünem Gras bewachsene Flächen, zentrierte sie sich um
einen Kern aus flachen, braunen Gebäuden, teils ansprechende Konstruktionen mit
sanftgiebligen Kupferdächern, teils die üblichen Fertigteilbauten. Schilder an
den Straßen warnten vor kreuzenden Reitwegen. Das war der neue kalifornische
Campustyp, und die gemächlich herumschlendernden Studenten wirkten ebenso
relaxed wie ihre Umgebung.
    D’Silva hatte in ihrer
Bewerbung ihren ehemaligen Beratungsdozenten Robert Fieldstone als Referenz
angegeben, und ich hatte damals kurz bei ihm angefragt. Jetzt fand ich ihn in
einem der Fertigteilgebäude am Südrand des Campus und erzählte ihm dieselbe
Geschichte wie schon Misty Tyree: daß Lee für mich arbeite und momentan mit
einem Außeneinsatz betraut sei, sich aber leider nicht mehr gemeldet habe.
    Fieldstone — ein großgewachsener
Mann mit welligem weißem Haar, offenbar kurz vor dem Ruhestandsalter — wirkte
so betroffen, daß mich sofort das schlechte Gewissen packte. Er nahm seine
hellrandige Brille ab, rieb sich die Augen und sagte: »Lee ist so tüchtig. Ich
kann mir nicht vorstellen, wieso sie sich nicht meldet — es sei denn, es ist
etwas Schlimmes passiert.«
    »Deshalb tun wir ja alles
Menschenmögliche, um sie zu finden. Ist dieser Harold D’Silva am Valley View
Drive ihr Vater?«
    »Ja.«
    »Ich war dort, aber da war
keiner. Wissen Sie, wo er arbeitet?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher,
daß er sein Geschäft verkauft und sich zur Ruhe gesetzt hat. Jedenfalls hat
D’Silva-Baustoffe — die große Baustoffhandlung an der Clark Road — schon vor
Jahren den Namen gewechselt.«
    »Kennen Sie Mr. D’Silva?«
    »Nein, aber ein Bekannter von
mir wohnt gegenüber von

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