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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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du recht.« Ihre Stimme schwankt ein wenig. »Ich wollte nur nicht, dass du … Ach, Scheiße, ich weiß auch nicht.« Sie schüttelt ihre braunen Locken und ihre Wangen färben sich rot. »Für mich ist das alles auch verdammt schwer. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich verhalten soll. Du tust mir so leid und ich will dir doch nur helfen und für dich da sein und … alles richtig machen.« Carla bricht ab. In ihren Augen schimmern Tränen.
    Mist, ich hatte nicht vor, sie zu verletzen. Jetzt fühle ich mich mies. »Ach, komm her, Süße!« Ich nehme meine Cousine in die Arme. »Weißt du, du hast alles richtig gemacht«, flüstere ich. »Und ich hätte die letzten Monate nicht ohne dich durchgestanden. Aber ich muss endlich auch wieder mal allein zurechtkommen. Auch in den Momenten, in denen es nicht so toll läuft. Ich werde dich noch oft genug brauchen, das schwör ich dir. Nicht nur wegen dieser Sache, sondern auch, wenn ich mal Liebeskummer habe oder nicht weiß, was ich anziehen soll, oder mir kotzschlecht ist vor den Prüfungen. Aber genau so will ich auch für dich da sein, wenn es nötig ist. Ich will nur nicht, dass sich immer nur alles auf mich konzentriert, das … engt mich ein.«
    Carla nickt. »Okay«, schnieft sie, »ich glaube, ich hab’s kapiert.« Sie lacht verlegen und wischt sich die Tränen aus den Augen. »Oh Mann, dass ich so eine Heulsuse bin! Siehst du, und schon musst du mich trösten!«
    »Liebend gern!« Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass Carla nicht beleidigt ist. Trotz ihrer forschen Art ist sie nämlich der sensibelste Mensch, den ich kenne.
    »Danke, dass du so ehrlich zu mir warst«, murmelt meine Cousine und blinzelt mich an. »Irgendwie bin ich jetzt sogar erleichtert. Ich schätze, ich habe deine Ansprache gebraucht.«
    Ich nicke. »Und weißt du, was ich dringend brauche?«
    »Sex?«, rät Carla. Sie hätte auch genauso gut »Lukas?« fragen können, denn prompt taucht sein Gesicht vor meinem inneren Auge auf. Ich erschrecke selbst vor dieser absurden Assoziation meiner offensichtlich total überlasteten Gehirnwindungen und kichere übertrieben laut, um meine eigene Verwirrung zu überspielen. »Äh, Sex wäre natürlich auch nicht schlecht«, stammle ich, »aber vor allem brauche ich einen Job. Es wird höchste Zeit, dass ich mir ein bisschen was dazuverdiene. Das BAföG reicht einfach nicht für nette kleine Extras und ich will deine Eltern nicht auch noch für Klamotten oder ein neues Fahrrad anpumpen. Du kostest sie schon genug.«
    »Ja, ja, ich weiß.« Carla wirft mir einen gespielt grummeligen Blick zu. »Aber mit deiner schicken Frisur nimmt dich doch bestimmt jeder. Wo würdest du denn gerne arbeiten?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Eigentlich ganz egal. Hauptsache, ich muss nicht oben ohne bedienen. Am Samstag gehe ich mal die Anzeigen durch und telefoniere herum. Ich werde also bestens beschäftigt sein und keine Zeit haben, mich zu langweilen. Du kannst das Wochenende mit Alex in vollen Zügen genießen.«
    »Alles klar.« Carla rappelt sich hoch. »Dann viel Glück, falls wir uns nicht mehr sehen sollten!«
    »Wieso, hast du heute noch was vor?«
    »Ich muss jetzt noch zu einem Treffen mit meiner Arbeitsgruppe, ein Referat durchsprechen. Rate mal, wer unter anderem in meinem Team ist.« Carla verdreht die Augen.
    »Oje, doch nicht etwa …«
    »Doch, Tamara. Ich bin gespannt, was sie heute Sinnvolles beizutragen hat, außer ihren neuen Prada-Schuhen. Es ist schon unser zweites Treffen, beim ersten ist sie gar nicht erst erschienen. Sie meinte, sie hätte sich nicht früher von ihrem Date loseisen können. Großartig, oder?«
    Ich nicke gequält. Carla winkt mir noch einmal zu, dann verschwindet sie aus meinem Zimmer. Seufzend lasse ich mich auf mein Bett fallen. Tamaras Date … Klar, ich kann mir ja denken, wer das ist. Es ist wirklich seltsam, aber ich habe den ganzen Tag verdrängt, dass Lukas und sie etwas miteinander haben könnten. Ich habe nur immer wieder an sein zerknirschtes Gesicht unter der Trockenhaube gedacht, an sein unglaubliches Lächeln und daran, was er mir von sich und seiner Familie erzählt hat. Er wirkte kein bisschen prahlerisch, auch nicht, als er über seinen Onkel gesprochen hat, der zwar tatsächlich Promi-Leibwächter ist, aber eigentlich viel lieber Taxi fährt. Alles, was Lukas von sich gegeben hat, klang einfach nett und total ehrlich.
    Ganz im Gegensatz zu mir, denke ich mit einem kurzen Schaudern.
    Warum ich ihm verschwiegen

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