Wenn aus Verlangen Schicksal wird
sogar noch begeisterter begrüßte als beim ersten Mal.
Aristedes setzte sich neben ihn auf den Boden, packte die Geschenke aus und erklärte Alex dabei, was er ihm gekauft hatte. Eine Schachtel enthielt ein Spielbuch, die andere knallbunte Plastikringe.
Während Alex begeistert das Buch untersuchte, sah Aristedes zu Selene auf und wies auf die Ringe. „Man kann sie einfrieren. Das lindert die Schmerzen, wenn er zahnt.“
Dann war ihm also aufgefallen, dass Alex gerade seine ersten Zähnchen bekam und auf allem herumkaute, was ihm in die Finger kam. Selene hatte es selbst gerade erst bemerkt und schon beschlossen, ihm einen Beißring zu kaufen. Es rührte sie, dass Aristedes so aufmerksam gewesen war und zielsicher genau die richtigen Geschenke ausgewählt hatte.
Sie selbst hielt einen gigantischen Strauß Lilien im Arm. Woher hatte er nur gewusst, dass das ihre Lieblingsblumen waren?
Keines der Geschenke war teuer gewesen. Stattdessen hatte Aristedes Aufmerksamkeit und Gedanken investiert.
Selene wusste nicht, was sie sagen sollte. Also verschwand sie in der Küche, um die Blumen in eine Vase zu stellen. Als sie zurückkam, hatte Alex sich auf die Seite gerollt und war tief und fest eingeschlafen.
Aristedes sah Selene fragend an, und sie nickte auffordernd. Vorsichtig hob er seinen Sohn hoch und trug ihn ins Kinderzimmer, wo er ihn in sein Bettchen legte.
Als sie durch den langen Flur zurück ins Wohnzimmer gingen, machte er vor der Schlafzimmertür plötzlich halt und hielt Selene auf.
Einen unendlichen, intensiven Moment lang sahen sie einander in die Augen. Dann sagte sie: „Noch mal danke für die Geschenke … Aris.“ Als er den Namen hörte, mit dem er so gerne angeredet werden wollte, blitzten seine Augen auf. „Das wäre nicht nötig gewesen“, fuhr Selene fort.
„Aber ich wollte es gerne. Es freut mich, dass sie euch gefallen.“
„Sie waren wirklich … raffiniert.“
„Und Raffinesse ist ja schließlich meine Spezialität, hm?“ Ein ironisches Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Doch sie hatte ihm nicht unterstellen wollen, dass er wieder versuchte, sie zu manipulieren. „Das war nicht als versteckter Angriff gemeint“, versicherte sie hastig.
Und tatsächlich wich der enttäuschte Ausdruck aus seinen Augen. „Nein, du versteckst wirklich gar nichts“, sagte er leise. „Du sagst mir einfach alles offen ins Gesicht.“
Ehe sie etwas erwidern konnte, zog er sie an sich. Wehrlos sank sie gegen ihn, war wie immer Wachs in seinen Armen. Scheinbar mühelos hob er sie hoch, gab ihr einen drängenden Kuss, der ihr alle Willenskraft entzog. „Danke, dass du mir dieses Geschenk gemacht hast, Selene. Diesen Tag.“
Ihre Gedanken rasten im Kreis, ihr Herz pochte wild gegen ihre Rippen, ihr ganzer Körper schmerzte vor Verlangen.
Doch gerade, als sie dachte, er würde sie in ihr Schlafzimmer tragen und ihrem Leiden ein Ende bereiten, löste er mit einem letzten tiefen Blick in ihre Augen seine Lippen von ihren. Dann ließ er Selene wieder auf den Boden herab und wich zurück.
„Ich interpretiere das mal als die Erlaubnis, wiederzukommen“, sagte er mit rauer Stimme. Dann drehte er sich um und ging.
Bevor er die Wohnungstür hinter sich schloss, rief er Selene noch über die Schulter zu: „Bis morgen, kala mou .“
6. KAPITEL
In dieser Nacht bekam Selene kaum ein Auge zu.
Immer wieder durchlebte sie den vergangenen Tag, den sie mit Aris verbracht hatte, bis sie glaubte, ihr Kopf würde gleich platzen.
Aris – denn so dachte sie plötzlich an ihn – hätte die Nacht über bleiben können, wenn er gewollt hätte. Sicher hatte er genau gewusst, dass sie ihn anflehen würde, zu bleiben, wenn er es zuließ. Aber das hatte er nicht. Warum nur? Selene war sich sicher, dass er sie begehrt hatte. Ihr ganzer Körper begann, vor Erregung zu kribbeln, als sie daran dachte, wie sie seine Härte an ihrem Oberschenkel gespürt hatte. Und doch war Aris gegangen.
Offenbar hatte er begriffen, dass es im Moment um mehr ging als nur um sie beide. Denn dass sie im Bett vollkommen harmonierten, stand außer Frage.
Oder vielleicht doch nicht? Vielleicht ging es ihm ja mit all seinen Affären so? Denn Selene konnte sich nicht vorstellen, dass irgendeine Frau weniger explosiv auf Aris’ Verführungskünste reagiert hätte als sie. Er hatte zwar selbst gesagt, dass das zwischen ihnen etwas Besonderes war, aber Männer griffen schließlich zu allen möglichen Tricks, wenn es um Sex ging.
Als die
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