Wenn aus Verlangen Schicksal wird
viel es ihm bedeutete, an ihren Erinnerungen teilzuhaben, war Selene vor Überraschung und Freude ganz flau im Magen. Seine Bereitschaft, sich einfach mit ihr treiben zu lassen, verwirrte und erstaunte sie. Sie spazierten am Pier entlang, fuhren mit dem Rad über die Brooklyn Bridge und mit einer Kutsche durch den Central Park. Später machten sie dann ein Picknick unter einer riesigen Eiche.
Sie beendeten ihr Mittagessen mit einer Tasse heißer Schokolade, da es trotz des Sonnenscheins noch frühlingshaft kalt war. Nachdem sie ausgetrunken hatten, zog er Selene fest an sich und hüllte sie in seine Jacke.
Selene ließ sich dankbar gegen ihn sinken, genoss seine Wärme, den frischen, energiegeladenen Duft, der von ihm ausging. Zärtlich rieb er sein Kinn an ihrem Haar und murmelte leise etwas in sich hinein. „Danke, dass du mir deine Stadt gezeigt hast, Selene“, sagte er dann etwas lauter. „Ich glaube, zusammen mit gestern war das der schönste Tag in meinem Leben.“
Selene dachte, ihr Herz würde zerspringen. Sie hob den Kopf, um Aris in die Augen sehen zu können. „Ich kann nicht glauben, dass du schon so oft hier warst und noch kaum etwas von der Stadt gesehen hast.“
„Es gab einfach niemanden, mit dem ich meine Zeit verbringen wollte. Aber jetzt habe ich ja dich.“
Der Druck in ihrer Brust wurde unerträglich. Seine Worte waren so beängstigend, so wunderbar! Und es schwang eine solche Einsamkeit in ihnen mit.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, seufzte er tief. „Aber ich hatte nie das Gefühl, dass mir etwas fehlt. Bis jetzt jedenfalls.“
Sie drängte sich enger an ihn, als könne sie so all seine Schmerzen auslöschen. Dann sagte sie leise: „Ich dachte immer, dass ich New York wie meine Westentasche kenne. Aber jetzt, wo ich die Stadt mit dir zusammen erkundet habe, kommt es mir vor, als würde ich alles mit anderen Augen sehen.“
Sie schwiegen eine Weile, während sie versuchte, ihre Verwirrung zu mildern.
Schließlich sagte Aris: „Bis wir wissen, wie es mit uns weitergeht, sollten wir niemandem davon erzählen.“ Sie sah zu ihm auf. Hastig fügte er hinzu: „Ich will einfach nicht, dass der Hass deiner Brüder auf mich alles zerstört. Dafür ist diese ganze Situation zu neu für mich. Für uns.“
Wenn sie ehrlich war, wollte sie nichts weniger, als ihre Familie einzuweihen. Aber trotzdem enttäuschten Aris’ Worte sie zutiefst. Seine Weigerung, ihre Familie teilhaben zu lassen, machte sie misstrauisch. Zu viel war schon zwischen Aris und dem Louvardis-Clan vorgefallen.
Ganz plötzlich hatte Selene das Bedürfnis, alleine zu sein, ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen. Sie wand sich aus Aris’ Umarmung, sprang auf und räumte wortlos ihre Sachen zusammen. Aris wirkte irritiert, schien aber in seinem Inneren zu spüren, dass er ihr etwas Zeit lassen musste. Schweigend brachen sie auf und liefen über die Wiese zum nächsten Fußgängerweg.
Aus dem Augenwinkel nahm Selene war, wie ein paar Frauen an ihnen vorbeijoggten, die Aris bewundernd musterten. Wie konnte dieser Mann je so gewesen sein?
„Du musst nicht mal etwas dafür tun, oder?“, meinte sie schließlich.
Fragend hob er eine Braue.
„Dafür, dass dir die Frauen in Scharen hinterherlaufen“, erklärte sie.
„Als wäre das mit dir und den Männern anders“, erwiderte er schlicht.
„Ich habe lange nicht so eine Ausstrahlung wie du.“
Er warf ihr einen überraschten Blick zu. „Glaubst du etwa, ich merke nicht, wie dir alle hinterhersehen?“, fragte er ungläubig. „Mir tut es ja fast schon leid, dass ich wollte, dass du einen Rock trägst!“
„Ach, komm schon. Die Männer rennen mir nicht gerade die Tür ein.“
„So ein Unsinn. Du bist einfach nur so schön, dass sie sich nicht trauen, den ersten Schritt zu machen. Und glaub mir, ich finde es eher störend, wenn ich angeflirtet werde.“
„Im Ernst? Aris, dein Ruf als Playboy ist legendär!“
„Ach, das sind doch Mythen. Glaubst du wirklich, was in den Klatschspalten über mich berichtet wird?“ Er lachte auf. „Nebenbei bemerkt, hast du laut Presse schon genauso viele Herzen gebrochen wie ich.“
Nach kurzem Schweigen fragte Selene: „Dann stimmen die Geschichten über dich also gar nicht?“
„Ich bin nicht der Aufreißertyp, für den man mich gerne hält. Das ist einfach nicht mein Ding.“
„Aber du hattest eine Menge One-Night-Stands.“
„Ehrlich gesagt, kann ich an meinen Händen abzählen, wie viele Frauen ich in meinem
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