Wenn aus Verlangen Schicksal wird
Grundfesten erschüttert worden war.
Erst um ein Uhr nachts brachen Aris und Caliope auf.
Doch vorher schlichen Selene und Aris noch auf leisen Sohlen ins Kinderzimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Als Aris seinem Sohn einen Kuss auf die Stirn gab, wurde Selene ganz schwer ums Herz. Nur mühsam konnte sie den plötzlichen Impuls unterdrücken, Aris zu bitten, zu bleiben. Für immer. Aber so schön die beiden letzten Tage auch gewesen waren: Für solche Entscheidungen war es noch viel zu früh.
Sie verabschiedete sich herzlich von Caliope, die daraufhin diskret zum Fahrstuhl vorging, um den beiden etwas Privatsphäre zu lassen. Aber Aris machte keine Anstalten, Selene zu küssen, sondern sagte nur leise: „Morgen musst du arbeiten. Du brauchst deinen Schlaf, und ich will nicht, dass du wegen mir noch so eine schreckliche Nacht hast wie gestern.“
Selene war enttäuscht, doch auch glücklich, weil er sich so rücksichtsvoll verhielt. Dann nahm er ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „Schenkst du mir noch einen Tag, kala mou ?“, flüsterte er.
Selene konnte nur stumm nicken.
Doch sie bekamen keinen weiteren Tag.
In den nächsten zwei Wochen blieben ihnen zwischen der Arbeit nur hier und da wenige Stunden. Selbst an den Wochenenden fanden sie kaum eine gemeinsame ruhige Minute.
Aber für Selene hatte es auch einen entscheidenden Vorteil, Aris so wenig zu sehen: Das bisschen Zeit, dass sie zusammen verbrachten, genoss sie nun in vollen Zügen. Staunend entdeckte sie bei jeder Begegnung neue überraschende Seiten an Aris.
Der Tag, an dem sich alles änderte, war ein Freitag. Aris hatte versprochen, um sieben Uhr bei ihr zu sein, doch er kam erst spät nachts, als Alex schon lange im Bett war.
Aris wirkte erschöpft, die viele Arbeit schien an ihm zu nagen. Zum ersten Mal hatte sie den Eindruck, dass ihm alles über den Kopf wuchs.
Gerade als er sich hinsetzte, klingelte sein Handy.
Mit einer knappen Entschuldigung verließ er das Wohnzimmer, um den Anruf anzunehmen. Selene konnte durch die offene Küchentür hören, wie seine Stimme immer aggressiver wurde. Als er zurückkehrte, schmiss er sein Telefon wütend aufs Sofa und verschwand im Badezimmer.
Wenig später setzte er sich mit tropfenden Haaren zu ihr. Offenbar hatte er eine kalte Dusche gebraucht.
Als er Selene ansah, war sein Blick düster, sein Gesicht wutverzerrt.
„Es führt kein Weg daran vorbei, Selene. So können wir nicht weitermachen.“
7. KAPITEL
„K… können wir nicht?“
Wie durch Watte hörte Selene ihre eigenen Worte, die ihr einfach so herausgerutscht waren. Aris’ schlichte Aussage hatte sie mit einem Schlag in eine Art Schockstarre versetzt.
Wie betäubt und voller Panik beobachtete sie, wie er den Kopf schüttelte. „Ich hatte gehofft, dass wir es schaffen, dass ich es schaffe, aber es geht einfach nicht. Das weiß ich jetzt ganz sicher.“
Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, konnte nicht begreifen, was er da sagte.
Doch Aris trieb den Dolch noch tiefer in ihr Herz. „Es war vollkommen idiotisch, mir einzubilden, dass ich meinen Zeitplan auf euch abstimmen könnte.“
Also würde er sie doch im Stich lassen. Es war vorbei, bevor es wirklich angefangen hatte.
Nein! Das konnte, das durfte nicht sein! Hatte sie sich wirklich so in ihm getäuscht? Sie war sich sicher gewesen, dass er sich wirklich wünschte, dass sie einen Weg fanden. Und es war so gut gelaufen. Es musste doch eine Möglichkeit geben, sich anders zu organisieren!
Doch in Aris’ Blick lag absolute Entschlossenheit. Er hatte seine Entscheidung gefällt, und daran würde niemand mehr etwas ändern können.
Noch vor zwei Wochen war Selene sich sicher gewesen, dass Aris nie im Leben echte Nähe oder Vertrautheit suchen würde, egal um wen es ging. Doch dann hatte sich ihre Meinung nach und nach geändert. Und am Ende hatte sie sich tatsächlich eingebildet, dass Alex und sie ihm wirklich etwas bedeuteten. Sie hatte das Gefühl gehabt, eine ganz neue Seite an ihm kennenzulernen. Und dass ihre gemeinsamen Stunden für ihn genauso erfüllend und … vollkommen gewesen waren wie für sie. Aber Aristedes war nun mal Aristedes. Und das bedeutete, dass nichts und niemand seinem Beruf, seinem Lebenswerk in die Quere kommen durfte.
Letztlich konnte sie dankbar sein, dass er schon jetzt einen Schlussstrich zog. Denn mit jedem weiteren Tag, den Alex und sie sich an ihn gewöhnt hätten, wäre die Trennung schmerzhafter geworden.
Doch sie
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