Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
und blieben davor stehen. Nikolaj sprach mit ernster Stimme, dem Inhalt seiner Worte irgendwie unangemessen: „Kann ich dich allein lassen? Mit Josh meine ich?“
Ehe sie die tadelnden Worte in Bezug auf ihren Freund ausgesprochen hatte, besann sie sich kurzfristig anders. Mit dem Gesichtsausdruck eines angefahrenen Rehs und mitleiderregender Stimme erwiderte sie: „Ach … ich werde jetzt sicherlich in einem dunklen Raum an einen Stuhl gefesselt, mit einer Lampe angestrahlt und ausgequetscht, wo wir waren, was wir geredet haben und, und, und… Aber ich werde stark sein. Ich werde es überleben. Sei dir dessen gewiss.“
Mit neckender Stimme fügte sie hinzu: „Du weißt doch, einem Sturkopf entlockt man nicht so einfach etwas.“
Ein Lächeln legte sich auf Nikolajs Gesicht. „Das brauchst du mir nicht sagen. So oft, wie ich mir an dir schon die Zähne ausgebissen hab. In Ordnung, ich lass dich nur ungern einfach hier stehen, aber ich habe noch was zu erledigen.“
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Bis zum nächsten Mal, mein Sturkopf.“
Mit schnellen Schritten machte er sich davon und ließ sie ziemlich aufgeheizt zurück.
Nach einer guten Minute kam ihr der Gedanke, dass seine Telefonnummer nicht von Nachteil gewesen wäre. Bei ihrem Glück würde er exakt dann noch mal auf der Matte stehen, wenn Runde zwei der Machomänner starten konnte. Das neuerliche Wissen, dass Nikolaj mehr als nur „ein Mann“ war, bedeutete im Fall einer wirklichen Eskalation nicht unbedingt etwas Gutes für Josh. Sie würde ihn das nächste Mal nach seiner Nummer fragen. Definitiv.
***
Nikolaj lag rücklings auf der Couch und starte an die Decke. Er war müde, über alle Maße.
Doch nicht im üblichen Sinne, dass sein Körper nach Schlaf oder Rast verlangte, sondern in dem Sinne, dass sich etwas in seinem Innersten flehend nach Ruhe und Frieden sehnte, und weder durch einen 48-stündigen Tiefschlaf noch durch irgendwelche Erholungskuren in den Bergen oder am Meer erlangt werden konnte.
Er fühlte sich getrieben und gehetzt, so, als ob er vor etwas flüchten müsste, dass im gleichen Atemzug auch sein Ziel war. Er selbst kam sich vor, wie das Ziel, das nach ihm rief und der Ort, den er mit Mühe zu verlassen versuchte. Angebunden an zwei Strängen, die ihn in unterschiedliche Richtungen zu zerren versuchten. Gerufen von zwei Stimmen, die entgegengesetzte Dinge von ihm einzufordern versuchten. Ein unaufhörlicher Kampf, ein unerbittliches Reißen und Zerren, das ihn nicht zur Ruhe kommen, ihn einfach nicht Ankommen ließ.
Wo auch immer dieses Ankommen war, wie auch immer es aussehen mochte. Es musste sich einfach anders anfühlen, als sein jetziger Zustand. Es musste sich schlicht anfühlen, als ob man genau dort stand, wo man hingehörte. Doch so sehr er sich auch bemühte, er fand keinen sicheren Stand, keinen Ort, an dem er aufrecht und sicher zu stehen vermochte. Er selbst trieb sich immerzu fort von jeglichem stabilen Grund, denn sein Inneres war in zwei Teile gespalten.
In der Hoffnung, sich damit auch all den diffusen Empfindungen verschließen und sie aus dem Wahrnehmungsfeld verschwinden lassen zu können, schloss er die Augen,. Doch natürlich nützte es rein gar nichts, die äußeren Augen zu schließen. Genau genommen verstärkte es all die erdrückenden Gefühle, denn so lag jeglicher Fokus, jegliche Aufmerksamkeit auf seinem Inneren und wurde von nichts anderem abgelenkt.
Farben, Gerüche, Empfindungen, und Geräusche stiegen in ihm herauf und ließen seine Erinnerung wie einen Film vor seinem inneren Auge ablaufen:
Céstine saß auf ihm und bewegte ihre Hüften in geschmeidigem Rhythmus vor und zurück. Dabei entwich ihrem Mund ein lautes und genussvolles Stöhnen. Ihre Finger kratzten über seinen Oberkörper und hinterließen rote Striemen auf seiner Brust. Es schmerzte und erregte ihn gleichermaßen.
Sie beugte sich nach vorne und leckte langsam mit der Zungenspitze darüber, sodass das heiße Brennen von versiegelnder Kühle überzogen wurde. Dabei strich ihr Haar kitzelnd über seine nackte Haut.
Das blond irritierte ihn und wirbelte seltsam verstörend in seinem Kopf. Sollte es nicht hellbraun sein? Glatt und seiden schimmernd?
Immer noch bewegte sie ihre Hüften und umspielte sein in ihr befindliches Glied. Einerseits energisch, auf der anderen Seite so gemächlich, dass es ihn wahnsinnig machte, da sie ihn immer wieder aus der wohligen Enge und Wärme aussperrte.
Weitere Kostenlose Bücher