Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
schließlich zur Gänze in ein hungriges Entgegennehmen ihres Angebots. Mit den Händen fuhr er unter ihren Pullover und ließ seine Finger über ihre Haut gleiten. Er tat es nicht zärtlich, sondern energisch und verlangend. Dann entledigte er sich des störenden Stoffes, zog ihr den Pullover über den Kopf und warf ihn auf den Boden.
Während er sein eigenes Shirt über den Kopf hinweg auszog, drängte er sie rückwärts Richtung Schlafzimmer.
Sie ließ sich fallen, schloss die Augen und konzentrierte sich einzig auf ihre Erinnerung an heute Morgen. An die feurigen Schmetterlinge in ihrem Magen. An den funkelnden Ausdruck in Nicks Augen. An ihr Verlangen, ihn überall spüren und berühren zu wollen.
Sie versuchte die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen und gleichzeitig versuchte sie, die Gegenwart zu einer Zukunft zu machen, die sie nicht umbringen würde. Sie tat das Einzige, was sie momentan tun konnte. Sie traf die einzige Entscheidung, die augenblicklich ganz bei ihr lag, ganz allein ihr gehörte: Sich nicht nehmen oder benutzen zu lassen, sondern sich hinzugeben und aus eigenem Willen, aus eigener Entscheidung heraus zu handeln. Dies ließ jenen grotesken Akt ein Stück weit in ihre Hände gleiten und entzog ihn ein Stück weit Nikolajs alleiniger Dominanz. Augenblicklich das Einzige, was diese unwirkliche Situation irgendwie erträglich, sie irgendwie zu einer gemeinsamen Entscheidung, sie irgendwie zu einer Fortführung ihrer Liaison von heute Morgen machte. Das zumindest, war der einzige Gedanke, den sie zuließ. Alles andere in ihr ertrank in eisiger Gischt und verbrannte zugleich in züngelnden Flammen.
***
Gwen erwachte aus einem traumlosen Schlaf. Sie fühlte sich leer. Ganz so, als ob man sie irgendwie von innen heraus ausgesogen und ihr stattdessen eine Injektion von kaltem Vakuum-Nichts eingeflößt hätte.
Sie lag seitlich auf der rechten Schulter, ihr Blick fiel auf das Fenster, durch dessen schmale Ritzen trübes Licht hereinkroch. Das Einzige, was sie trug, war der blaue Baumwollstoff der Bettdecke, welcher sie bis knapp zur Bauchmitte bedeckte. Über ihre linke Schulter hinweg lag ein Arm, der sie fest umschlungen an einen nackten und warmen Körper in ihrem Rücken presste. Haut lag auf Haut. Sie presste die Augen fest zusammen. Bilder und Empfindungen der vergangenen Nacht tanzten in ihr.
Nikolaj über ihr. Augen, einst so vertraut und leuchtend, nun plötzlich fremd und trübe. Ihre Hände nach oben über ihren Kopf gedrängt. Seine Zunge, sein Mund überall auf ihrem Körper. Braunes Haar, das über ihre Haut kitzelte. Hände, die ertasteten, kratzten, streichelten, pressten. Moschusartiger Duft versetzt mit einer kühlen und frischen Nuance. Seine Haut auf der Ihrigen, die schmerzte und gleichsam ein leidenschaftliches Feuer in ihr entfachte.
Sie schlug die Augen wieder auf und versuchte all das auszublenden. Egal, ob dies hier Realität oder Traum war. Sie wollte weder den Traum noch die Realität erfahren. Sie wollte an irgendeinen Ort, wo alles wieder normal, alles wieder in Ordnung war. Wo Nick noch Nick und sie beide noch sie beide waren.
Zaghaft bewegte sie sich ein Stückchen zur Seite, um sich aus dem Griff seines Arms zu winden. Ein Rucken lief durch Nikolajs Körper, sein Arm bewegte sich unruhig. Sie hielt atemlos inne.
Nach einigen verkrampften Herzschlägen stellte sie erleichtert fest, dass er immer noch schlief. Glücklicherweise lag sein Arm nun weniger schwer und beengend auf ihrem Oberkörper. Langsam, vorsichtig und betend, bewegte sie sich Millimeter um Millimeter von ihm weg, erreichte nach einer schieren Ewigkeit das freie Bettende und erhob sie so leise wie möglich von der Matratze.
Die Federn gaben ein ächzendes Knarzen von sich, woraufhin sich Nikolajs Kopf erneut auf dem Kissen wälzte.
Sie warf einen Blick auf ihn. Wie er dort lag, konnte man fast glauben, dass alles normal war. Das er es war, der dort lag. Ja … Nick hatte vollkommen recht gehabt, als er sagte, dass das Äußere nicht immer die ganze Wahrheit enthüllt.
Sie wartete seine Regung mit pochendem Herzen und angehaltenem Atem ab, ehe er schließlich zur Ruhe kam und sie auf Zehenspitzen aus dem Zimmer schlich.
So schnell und so leise es ihr möglich war, zog sie Klamotten aus dem verwaisten Gepäck hervor, schlüpfte hinein, griff sich hektisch zwei der Taschen und verließ die Wohnung.
***
Das Zimmer lag im Dunkeln, einzig erhellt durch das sanft
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