Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
damit! Lass das sein …!“
„Ich soll damit aufhören? Aber ich fange doch gerade erst an. Also …? Ich warte.“ Lasziv und anstößig strich er über die Schnalle seines schwarzen Ledergürtels.
Sie starrte ihn ohnmächtig an. Starrte in seine Augen und versuchte ihn darin zu entdecken. Sie konnte es nicht verstehen. Sie konnte nicht begreifen, was hier gerade passierte.
„Gwen? Muss ich nachhelfen?“
Sie wich zurück, stolperte über das am Boden stehende Gepäck und kippte nach hinten. Nikolaj fing sie noch im Fall auf und zog sie mit einem kräftigen Griff zurück auf die Beine.
Einen Moment lang bedachte er sie mit dem typischen Ausdruck eines Mannes, der seine Angebetete um jeden Preis der Welt zu retten bereit war, weil sie ihm das Wichtigste auf Erden war. Dann wurde seine Mimik erneut undurchschaubar und abgeklärt.
Flehentlich und zitternd kamen die Worte aus ihrem Mund: „Nick … das kannst du nicht ernst meinen. Bitte hör auf damit. Du bist nicht … du selbst … Du meinst das … nicht ernst.“
Abermals hielt sie vergeblich nach einem vertrauten und bekannten Anzeichen Ausschau. Abermals fand sie es nicht.
Einen Moment lag fixierte er sie nüchtern, dann stahl sich ein unheimlicher und verzehrter Zug auf sein Gesicht.
„Ich meine das nicht ernst? Willst du sagen, dass ich … lüge? Glaubst du das wirklich? Ich habe dir womöglich nicht alles gesagt, was es zu sagen gab. Aber im Gegensatz zu dir, war jedes Wort aus meinem Mund die Wahrheit. Ich sagte dir, dass ich dir das Einzige geben würde, was ich wirklich zu geben habe: die Wahrheit. Das war nicht gelogen. Aber wenn du meinen Worten immer noch keinen Glauben schenkst, muss ich dir ihre Ernsthaftigkeit wohl durch Taten nahe bringen ...“
Von unbändiger Hitze angetrieben grub er die Hände in ihr Haar und riss sie zu sich nach vorne. Seine Lippen pressten sich hart und drängend auf die Ihrigen, ließen ihr keine Chance zu entkommen. Genauso wenig wie seine Zunge, die ihren Mund zu seinem Eigentum erklärte. Es war ein fordernder und unbarmherziger Kuss. Getrieben von unübersehbarem Verlangen.
Sie wollte weinen, doch ihr Körper war nicht in der Lage Tränenflüssigkeit freizugeben. Er konnte gar nichts hergeben. Er war samt ihrem Geist irgendwo in eisiger Tiefe gefangen und versuchte verzweifelt wieder an die Oberfläche zu gelangen.
Nach einigen Minuten ließ er von ihrem Mund ab, die Hand behielt er jedoch prägnant in ihrem Nacken. „Ich meine absolut ernst, was ich gesagt habe. Sollte es dir immer noch nicht klar sein, bin ich jederzeit bereit dir meinen Standpunkt noch näher zu bringen. Mit allen Mitteln.“
Ihr Herz schmerzte derart, dass sie das Gefühl hatte, es würde jeden Moment bersten und ihren Brustkorb in tausend Splitter zerfetzen. Sie sehnte eine Ohnmacht herbei, die sie von der Qual dieser Realität erlösen würde. Doch sie kam nicht. Es gab keinen Ausweg. Zum wiederholten Male.
Sie schloss die Augen, um einen Moment lang illusionären Frieden in der inneren Dunkelheit zu finden. Doch in ihrem Kopf gab es nichts, das ihr nun weiterhelfen konnte. Keine Antwort. Keine Lösung. Keinen Hinweis.
Sie ließ von ihm ab, ließ sich in den Schmerz fallen, der in ihrer Brust wetzte und suchte unter all den äußerlich unsichtbaren Wunden nach einer Antwort, nach einer Lösung, nach einem Impuls.
Erneut stieß sie auf die gleiche Erkenntnis: Es gab keinen Fluchtweg.
Doch darüber hinaus fand sie noch etwas anderes: Da war ein Weg, der gänzlich frei und unversperrt von ihr eingeschlagen werden konnte: der Weg nach vorne.
Ohne vollends zu begreifen, was dieser Fingerzeig bedeutete oder von ihr forderte, öffnete sie die Augen und fing Nikolajs immer noch auf sie gehefteten und unverändert wartenden Blick auf.
Ehe er eine weitere Forderung aussprechen oder erneut handgreiflich werden konnte, hob sie die Arme, nahm sein Gesicht zwischen die Finger, zog es zu sich hinunter und ließ ihre Lippen leicht zitternd auf die Seinigen treffen.
Für den Bruchteil einer Sekunde wich Nikolajs Kopf leicht nach hinten, fort von ihr. Seine Hand gewährte ihrem Nacken ein Stück mehr Raum und Luft.
Anspannung, Überraschung, Unverständnis und der Hauch von Sehnsucht strahlten von ihm aus und prallten gegen ihre Sinne. Dann verstärkte sich sein Griff wieder, drückte sie nach vorne, sodass ihre Lippen erneut dicht aufeinanderlagen und keine Distanz mehr bestand.
Das bruchstückhafte Zögern verlief sich
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