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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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Isländer von einer Ladung heizbarer Polaranzüge eine gehörige Anzahl ab. Die Hälfte der Passagiere flog zurück.
    Darüber hatte das Los entschieden. Für das Ehepaar von der Leyen hätte dies bedeutet, in der Station warten zu müssen, bis Hilfe kam. Sigga war offensichtlich krank, nach dem letzten Anfall konnte sie sich nicht mehr so recht erholen, und auch Herr von der Leyen litt an allem möglichen, so daß zwei jüngere Männer sich erbötig machten, an ihrer Stelle zu bleiben. Das aber wollte Sigga um keinen Preis, und auch Jugurtha graute es bei dem Gedanken, in die Polarnacht von Ju 33 zurückkehren zu müssen. Hier herrschten wenigstens andeutungsweise Tag und Nacht, auch waren sie dem Endziel näher. Nein, nicht mehr zurück! Man brachte Sigga im schönsten und wärmsten Zimmer des einstigen Bethauses unter, sie hatte es nur mit Doris und einer zweiten Sekretärin zu teilen; Doris war freiwillig dageblieben, eine treue Seele. Alle übrigen Passagiere wurden in den Baracken und Schneehütten zusammengepfercht, einzig der Herr Oberregierungsbaurat, dessen Namen niemand wußte, bezog wie selbstverständlich im Stationsgebäude Quartier.
    Es bestand der Plan – die Geologen hatten den Vorschlag gemacht –, nicht auf Ablösung zu warten, sondern Y 771 vorzeitig zu verlassen und zum nächsten Sammellager, eben jenem AL Ju 12, durchzupreschen, und zwar in Hundeschlitten uud auf Skiern. So würde man den Feind, sollte er irgendwo im Distrikt operieren, vielleicht am besten täuschen. Das Treibstofflager war auf die Dauer nicht zu halten, die Aufklärung des Gegners wurde immer lästiger, man mußte die Station im Schutze des Nebels sprengen, die Startbahn zerstören und dann abhauen. In der Nähe hatte jahrelang ein „Apemen Camp“ (AMC) bestanden, das geräumt worden war, als der Bau von Flugplätzen, Polizeistützpunkten und strategischen Überlandstraßen in diesem Teilgebiet des Nordwest-Territoriums abgebrochen wurde. Dort lebten nun Indianer- und Eskimofamilien mit ihren Renntieren, Hunden und Totempfählen Haus an Haus in anscheinend friedlicher Gemeinschaft. Nachts konnte man zuweilen das Geheul der Zughunde herüberhören. Aus diesem ehemaligen Untermenschenlager wollten die Geologen Schlitten, Ausrüstung und Begleitpersonal holen.
    Jugurtha erfuhr in der Station, daß die uralte Blutfehde zwischen den Eskimos und den Indianern, die bis zur Jahrhundertwende gedauert hatte und seit damals mehr oder weniger eingeschlafen war, in verkappten Formen wiederaufzuflammen drohte. Die Ursache war ein Kuriosum. Überall, wo auf diesem Kontinent der Deutsche zu befehlen hatte, vor allem in den Schutzgebieten des Reiches, genoß die indianische Rasse gegenüber den anderen Ureinwohnern offenkundigen Vorzug. Natürlich war sie der weißen Rasse nicht gleichgestellt und schon gar nicht dem heliogermanischen Herrenvolk, wurde aber nach dem sogenannten Hiwi-Statut (der Hilfswilligensatzung) behandelt. Darüber sollte es sogar einen Geheimerlaß Adolf Hitlers geben, der als Bewunderer von Karl May und Winnetou die Rothäute für heldische, wehrwürdige Menschen hielt. Irgendwo im Süden Kanadas war ein eigenes Rasse- und Siedlungshauptamt für die indianischen Hiwis der Schutzgebiete eingerichtet worden. Diese Maßnahme, die sich sowohl auf rechtliche Dinge wie auch auf die Lebenshaltung und Bewaffnung: bezog, machte viel böses Blut, insbesondere unter den Eskimostämmen. Letztere galten als Abkömmlinge eingewanderter Mongolenvölker und wurden wie gewöhnliche Farbige eingestuft.
    Und noch etwas erfuhr Jugurtha, nicht vom deutschen Stationsgeologen, sondern von einem Mitreisenden, einem weißhaarigen, sich soldatisch haltenden Herrn, Träger des Goldenen Ehrenzeichens der NSDAP. Dieser Mann, gebürtiger Neckarsulmer, hatte seinerzeit in Graz und Leoben Montanistik studiert, war Bergbauingenieur, Metallurg und technischer Direktor bei den steirischen Hermann-Göring-Werken, im übrigen ein begeisterter Wahlostmärker. Sympathie und Vertraulichkeit ergaben sich da auf den ersten Blick. Als sie über die berühmte, Eis-Sphinx der SS sprachen, diese Trutzfeste und Gralsburg in der Arktis, und Jugurtha auf die Fernheizwerke und sonstigen technischen Großleistungen hinwies, dabei von ungefähr den Obyrhaurat erwähnte, der in dem versprengten Haufen allmählich, eine Art Führerrolle zu spielen begann, wurde der Direktor plötzlich einsilbig. Jugurtha stichelte ein wenig und fragte rundheraus, was er gegen den Mann

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