Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
Düfte aus den Küchen der alten Häuser schwer in der Luft hingen.
„Soweit ich das verstanden habe, sind diese ganzen uralten Clans im Konsortium vertreten, wie in einer Art übernatürlicher UNO.“
Und soweit Saige wusste, war es das Konsortium gewesen, das den Merricks vor über tausend Jahren dabei geholfen hatte, die Casus wegzusperren, nachdem sie so grausam unter den Menschen gewütet hatten, dass die Existenz nicht menschlicher Arten ans Licht zu kommen drohte. Die Dark Marker waren eine Schöpfung der Ratsversammlung gewesen, um die unsterblichen Massenmörder damit zu vernichten. Allerdings waren ihre Mitglieder von der neu geschaffenen Armee des Kollektivs massakriert worden, bevor sie ihr Vorhaben vollenden konnten. Erst Jahrhunderte später hatte sich das Konsortium erneut formiert, aber zu diesem Zeitpunkt waren die alten Archive längst verloren gegangen – alle Spuren zu den Verstecken der Dark Marker waren angeblich während der blutrünstigen Plünderungen des Kollektivs vernichtet worden, die beinahe zur Zerstörung aller Clans geführt hätten. Als das Konsortium die Clans wiedervereinte, wusste niemand mehr, wo die Kreuze versteckt waren … oder ob sie überhaupt jemals existiert hatten. Das neue Konsortium soll jahrhundertelang nach den alten Archiven gesucht haben, ebenso wie das Kollektiv, in der Hoffnung, die verlorenen Aufzeichnung würden Antworten zu verschiedenen ungelösten Fragen bringen. Aber soweit Saige wusste, hatte keine der beiden Organisationen bei der Suche Erfolg gehabt.
„Ihr Watchmen seid doch dem Konsortium verpflichtet, oder nicht?“ Sie fragte sich, ob Quinn von der Existenz der Karten überhaupt etwas wusste.
„Sicher“, murmelte er und warf ihr einen seltsamen Blick zu.
„Was ist?“
Quinn hob seine mächtigen Schultern und steckte endlich seine ruhelosen Hände in die Hosentaschen. „Ich schätze, ich bin einfach verwundert, dass du – wo du doch jede Menge zu wissen scheinst – niemals versucht hast, deine Brüder zu warnen. Wäre ganz hilfreich gewesen, wenn sie gewusst hätten, was auf sie zukommt.“
Anstatt sich in die Defensive treiben zu lassen, setzte Saige ein bitteres Lächeln auf. „Wer sagt denn, dass ich das nicht versucht hätte?“
Er betrachtete sie aufmerksam. Die Fragen standen ihm geradezu ins Gesicht geschrieben.
Sie steckte die Daumen unter die Riemen des Rucksacks und versuchte zu erklären: „Als ich Riley das letzte Mal sah, wollte ich ihn warnen. Ich versuchte ihm meine Befürchtungen zu erklären. Das Kreuz hatte ich in Italien aus einem ganz bestimmten Grund gefunden, und ich hatte Angst davor, dass an der alten Zigeunerlegende von unserem Erwachen tatsächlich etwas dran sein könnte. Und weißt du, was er zu mir gesagt hat?“ Sie marschierte weiter, ohne auf eine Antwort zu warten. „Er sagte, wenn irgendwas von dem stimmte, woran ich glaubte, würden wir genauso zu Monstern werden wie die Casus, und dann wäre es besser, wir wären tot. Dann meinte er noch, wenn ich je wieder die Merricks erwähnte, könnte ich vergessen, dass ich einen Bruder habe.“
Quinn verzog das Gesicht und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die näher rückenden Schatten. „Ich habe keine Ahnung, was Riley damals für ein Problem hatte, aber ich sollte dich besser jetzt schon warnen, Saige. Deine beiden Brüder werden vor Wut kochen, wenn sie erfahren, dass dein Erwachen bereits begonnen hat, ohne dass du sie um Hilfe gebeten hast. Die vergehen vor Sorge um dich.“
„Das bezweifele ich doch sehr“, gab sie mit einem leisen Lachen von sich. Allein der Gedanke war derart verrückt – sie konnte gar nicht anders, als ihn anzuzweifeln, ganz egal, ob Quinn selbst so etwas glaubte oder nicht.
Seine Augen unter den schweren Lidern musterten sie neugierig, und Saige hatte das merkwürdige Gefühl, er könnte durch sie hindurchblicken, auf all dieses unrühmliche Begehren und die zehrenden Zweifel, die sie quälten. „Wenn wir nach Colorado kommen, könntest du eine ziemliche Überraschung erleben.“
„Hör mal, ich weiß ja nicht, was für einen Eindruck meine Brüder auf dich gemacht haben, aber wir stehen uns nicht gerade nahe.“ Sie wandte den Blick von diesen dunklen Augen ab, denn sie fühlte sich zu bloßgestellt … zu nackt. „So war das schon, seit Ian etwas größer wurde. Damals veränderte sich alles. Die Besessenheit meiner Mutter mit unserer Abstammung von den Merricks grub einen tiefen Graben zwischen mir und
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