Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
zu finden und sicher an Ross Westmore zu übergeben. Dieser Westmore war noch so ein Mysterium in Calders Plänen – über das sie so gut wie gar nichts wussten. Der geheimnisvolle Westmore – von dem nicht einmal klar war, zu welcher Spezies er gehörte – war ihr Kontaktmann in dieser Welt, dem sie jeden Dark Marker anvertrauen sollten, der in ihren Besitz gelangte. Mehr wussten sie nicht. Obwohl sie mit ein paar von Westmores Leuten Kontakt gehabt hatten, dem Mann selbst waren sie noch nicht begegnet, und Gregory war voller Neugier. Schließlich half ihnen Westmore nicht nur dabei, ihre Rückkehr an die Macht zu organisieren, ihm war es auch gelungen, eine der geheimnisvollsten Organisationen der Weltgeschichte zu infiltrieren, die mit ihrem Geld die Jagd nach den Casus finanzierte.
Soweit es Gregory anging, war der Bursche entweder ein Genie … oder vollkommen verrückt.
Er lehnte sich an die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte sich, ob dieser mysteriöse Westmore mit Royce’ Vorhersage übereinstimmen würde, dass es ziemlich schwierig wäre, Saige zu erwischen. „Man hat immer gesagt, dass du vor den Merricks zu viel Respekt hättest, weißt du.“
„Ich habe keinen Respekt vor ihnen, aber ich bin nicht so blöd, sie zu unterschätzen.“
„Damit solltest du dich nicht aufhalten. Sie sind keine wirklichen Gegner für uns.“
Royce rieb sich den Nacken. „Das ist genau die Haltung, die dich zu einer Belastung für uns macht, Gregory. Neben ein paar anderen Dingen.“ Er lief auf und ab, zwischen der Tür und einem abgenutzten Sofa an einer Wand, vorbei an dem einzigen Durchgang zum Schlafzimmer, vor dem eine fleckige Matratze lag.
„Du glaubst im Ernst, die könnte uns Schwierigkeiten machen?“ Gregory unterdrückte ein Lachen. „Eine Frau? Du machst Witze.“
„Sie ist ja jetzt nicht mehr allein, oder? Raptoren gehören zu den blutrünstigsten Kreaturen, die es je gegeben hat.“
„Dass du so klingst, als hättest du tatsächlich Angst vor ihm, muss dir doch selber peinlich sein.“
„Das Problem mit Typen wie dir“, warnte Royce mit Abscheu im Blick, „ist, dass ihr nie kapiert, was der Unterschied zwischen Angst und Klugheit ist.“
„Langsam klingst du fast ein bisschen schrullig, Royce.“ Gregory schmiss das Handtuch ins Waschbecken, schob sich das Haar aus dem Gesicht und band es mit dem Gummi um sein Handgelenk zu einem Pferdeschwanz.
Genervt davon, mit diesem halsstarrigen Arsch seine Zeit verschwenden zu müssen, wollte er von hier verschwinden, wurde aber von Royce’ Hand an seiner Schulter aufgehalten. „Wo willst du hin?“
Er schüttelte Royce ab und warf ihm ein schmallippiges Grinsen zu. „Von diesem ganzen Geschwätz kriege ich Hunger.“ Das sollte ihn bloß weiter anstacheln, aber es stimmte tatsächlich. Beim bloßen Gedanken, seinen Hunger zu stillen, wurde sein Schwanz schon steif.
„Meinst du nicht, dass du für heute Nacht genug hast?“ „Das war bloß ein Happen zwischendurch.“ Er grinste großspurig und ging zur Tür. „Jetzt bin ich bereit für den Hauptgang.“
„Aber wir müssen zurück zu der Bar und nach ihr Ausschau halten. Und wenn du nicht endlich aufhörst, die Einheimischen abzuschlachten, kriegen wir es auch noch mit einem durchgedrehten Mob zu tun.“
Ein letzter Blick über die Schulter verriet Gregory, dass Royce ihn am liebsten verdreschen würde, und das Grinsen wurde zu einem zufriedenen Lächeln. „Dann ist das ja ganz wie in alten Zeiten.“
5. KAPITEL
North Coroza
Saige und Quinn brauchten fast eine Stunde, bis sie die dicht bevölkerte Gegend erreichten, in der Javier Ruiz mit seinen Brüdern lebte. Die warme, dunkle Nacht hatte sich über den Dschungel gelegt, die letzten farbigen Schatten waren vom Himmel verschwunden. Obwohl sie ihm dauernd versicherte, der Casus könnte sie in so einer belebten Gegend unmöglich angreifen, wanderten Quinns Augen in den schmalen, gewundenen Gassen ständig umher, als würde er erwarten, dass die obszöne Kreatur plötzlich aus den finsteren Schatten springen könnte.
Während sie sich ihren Weg über das verwitterte Pflaster der Straße bahnten, beobachtete Saige ihn aus den Augenwinkeln. Er schien sich zu fragen, was sie überhaupt in Brasilien wollte. Aber diese Gedanken liefen nur im Unterbewusstsein, im Augenblick war seine Aufmerksamkeit voll auf ihre Umgebung konzentriert. Saige selbst war längst nicht so geduldig, sie löcherte ihn dauernd mit Fragen über
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