Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
endlich etwas. „Und wie ist das mit dir?“
Sie rutschte ungemütlich in dem Sessel herum. „Was soll mit mir sein?“
„Meinst du nicht, dass deine Art zu leben auch etwas über dich aussagt?“, fragte er unverschämt und gleichzeitig neugierig.
„Was, meinst du, sagt meine Art zu leben denn aus, Quinn?“
„Dass du ständig vor etwas auf der Flucht bist“, entgegnete er leise und sah wieder aus dem Fenster.
„Und vor was?“Anscheinend lag sie vor ihm wie ein offenes Buch, in dem er gerade las.
„Vor … allem.“
Sie konnte den Blick nicht abwenden von der wie aus Marmor gemeißelten Perfektion seines Rückens. „Weißt du, irgendwie ist es nicht fair, dass du alle meine Geheimnisse kennst, aber mir nicht verraten willst, was wirklich mit dir passiert ist.“
Er schien sämtliche Muskeln auf einmal anzuspannen. „Mit mir ist gar nichts passiert.“
„Aber deine Träume müssen dir ziemlich real vorkommen“, widersprach sie sanft. „Nur ganz starke Erinnerungen können uns so sehr beschäftigen.“
Quinn wollte etwas Höhnisches und Abfälliges erwidern … etwas, das ihr weh genug tat, um dieses Thema sofort fallen zu lassen, aber er brachte nur ein bitteres Lachen heraus, in dem das Echo seiner Ängste und seiner Schmerzen nachklang. Er hatte jetzt keine Zeit, sich um die Dämonen in seinem Schädel zu kümmern. Und schon gar nicht wollte er in diesen Momenten Saige um sich haben.
Er wollte sie endlich heil und gesund in Ravenswing abliefern, und er hoffte, dass er seine Finger bei sich behalten konnte, bis sie dort ankamen.
Kämpf ruhig dagegen an, du Esel. In Wirklichkeit weißt du längst, was du zu tun hast.
Bei diesem Gedanken verkrampfte sich seine ganze Muskulatur. Was für Ideen machten sich da in ihm breit?
Du bist derjenige, der ihr geben kann, was sie braucht.
Plötzlich rasten die letzten grauenvollen Szenen des Albtraums noch einmal an seinem inneren Auge vorbei, und er zuckte zusammen, als der Merrick in ihr nicht hervorbrechen konnte, während dieser Soldat ihr ohne jede Anstrengung das Leben nahm. Großer Gott, hatte er da etwa ein Bild aus der Zukunft erblickt? Nach all den merkwürdigen Dingen, die während des Erwachens ihres Bruders vorgefallen waren, konnte Quinn seine Träume nicht länger einfach so vernachlässigen, als wären sie nichts mehr als Reaktionen seines eigenen Hirns auf seine obsessiven Ängste.
Was natürlich bedeutete, dass er auf die eine oder andere Art ihrem Merrick Nahrung verschaffte, bevor er sie innerlich fertigmachte. Aber … sie hatte völlig klargestellt, was sie von seinem Angebot hielt, die fürchterliche Szene von letztem Freitag stand ihm auch noch ganz klar vor Augen. Er wusste genau, sie würde keine weitere Berührung gestatten, sofern sie nicht glaubte, er würde sie lieben … und mit ihr schlafen.
Dann sorg doch dafür, dass sie glaubt, du hättest deine Meinung geändert.
Bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um. Er wäre dann wirklich das größte Arschloch weit und breit.
Stimmt schon, aber hast du denn eine andere Wahl? Also, sei nicht so ein verdammter Jammerlappen und bring es hinter dich.
Sicher, hinterher würde sie ihn vermutlich dafür hassen, aber Quinn wusste, dass diese innere Stimme recht hatte. Bevor sie nach Denver gingen, musste sie jeden nur möglichen Vorteil auf ihrer Seite haben, falls irgendetwas schiefgehen sollte, wenn sie sich mit diesem Jamison trafen. Er hatte in letzter Zeit so viel Glück gehabt, das konnte nicht so weitergehen.
„Worüber denkst du nach?“, fragte sie leise, neugierig … und gleichzeitig vorsichtig. Er wandte sich ihr zu und wusste, dass sie die Gier in seinen Augen bemerkte. Er näherte sich ihrem Sessel, bis er sie in der Dämmerung bedrohlich überragte.
„Quinn?“
„Bitte, Saige, sag einfach gar nichts.“ Er fasste sie am Kinn, rieb mit dem Daumen über ihren Mundwinkel und stellte sich vor, wie ihre weichen rosa Lippen sich um seine Schwanzspitze schlossen. Stellte sich die Ekstase vor, in ihrem Mund zu kommen. Er musste masochistisch veranlagt sein, dass er sich mit solchen erotischen Fantasien marterte, aber er konnte sich einfach nicht davon abhalten.
„Was machst du denn?“, flüsterte sie mit zitternder Stimme, aber in ihren Augen unter den schweren Lidern stand keine Angst geschrieben.
Die Worte kamen ganz leicht über seine Lippen; sie waren ja auch wahr. „Mir ist klar, dass ich mich von dir fernhalten müsste, aber ich kann nicht mehr
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