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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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still zu sein, wechselte einen Blick mit Scully und verriegelte die Tür, nachdem er hinausgegangen war. Dann schaute sie sich nach der Speisekammer um. Zufrieden summte sie vor sich hin, als sie die Zutaten für ein bescheidenes Abendessen zusammenstellte. Es tat gut, wieder drinnen zu sein und etwas zu kochen. Das und nichts anderes, sagte sie sich, muss der Grund dafür sein, warum ich plötzlich so fröhlich bin.

3
    A uf Scullys Klopfen hin öffnete Evangeline die Tür, um ihn hereinzulassen, und als er über die Schwelle trat, erfasste ihn ein unverhofftes, überwältigendes Gefühl der Dankbarkeit für die Wärme und Behaglichkeit des Hauses. Es war nicht nur das Feuer, das im Kamin und Herd brannte, oder das sanfte, anheimelnde Licht der verschiedenen Petroleumlampen, die Evangeline im Raum verteilt hatte. Denn all diese kleinen Annehmlichkeiten hatte er auch schon in vielen anderen kalten Nächten gehabt. Nein, es war die Anwesenheit einer Frau - oder vielmehr dieser hier -, was dem rustikalen Inneren des Hauses Glanz verlieh.
    Scully zwang sich, seinen Gedanken eine andere, etwas weniger persönliche Richtung zu verleihen, aber das war eine Aufgabe, die sich als beinahe ebenso schwer erwies, wie die Maultiere auf einen Weg zu lenken, wenn sie einen anderen gehen wollten. Evangeline ist so gut wie verheiratet mit Big John Keating, ermahnte Scully sich, und dm solltest du nicht vergessen, wenn du deine Selbstachtung nicht verlieren willst - ganz zu schweigen von dem besten Freund, den du in deinem Leben je besessen hast.
    Das köstliche Aroma irgendeines würzigen Gerichts ließ seinen Magen knurren; er schloss und verriegelte die Tür gewissenhafter, als es nötig gewesen wäre, weil er Zeit gewinnen wollte, um sich zu überlegen, was er sagen sollte. Er nützte allerdings nicht viel, der kleine Aufschub; Scully wusste immer noch nicht, was er sagen sollte, als er sich zu Evangeline umdrehte.
    Während er seine schwere Schaffelljacke ablegte, bemerkte er, dass die kleine Abigail bereits im Bett unter der dicken Daunendecke lag und wie ein müdes kleines Kätzchen schlief. Lächelnd hängte er seinen Hut an einen der Haken bei der Tür und sprach mit gesenkter Stimme, als er zum Kamin hinüberging. »Ich schätze, für heute hat die Kleine genügend Abenteuer erlebt«, bemerkte er.
    Evangeline erwiderte sein Lächeln, wenn auch etwas unsicher vielleicht, und er staunte über Big John Keatings Glück, eine solche Braut gefunden zu haben, und das, ohne sie zuvor gekannt zu haben. Scully dachte, dass er in seinem Leben schon hübschere Frauen als sie gesehen hatte, obwohl er sich im Moment beim besten Willen an keine einzige erinnern konnte, aber Evangeline hatte etwas an sich, das tiefer ging als gutes Aussehen. Sie hatte sich fast zu Tode gefürchtet, als sie den Chippewas auf dem Weg begegnet waren; er hatte gespürt, wie sie gezittert hatte neben ihm auf dem Sitz des Schlittens, aber sie hätte gekämpft wie eine Berglöwin, wenn es darauf angekommen wäre, und wenn nicht für sich selbst, dann für ihr kleines Mädchen.
    Sie hatte Mut, daran bestand kein Zweifel. Und Verstand besaß sie auch; das zeigte sich in ihrer Art zu sprechen und wie sie sich benahm. Vielleicht, dachte er, würde sie sich gern eins der Bücher ausleihen, die er im Laufe der Jahre angesammelt hatte, und dann konnten sie sich über die Charaktere und die zum größten Teil noch unbekannten Schauplätze der Geschichten unterhalten. Daran war doch gewiss nichts Anstößiges? Sich mit einer Frau zu unterhalten, selbst wenn sie die Braut eines anderen Mannes war?
    »Setzen Sie sich, Scully«, forderte sie ihn freundlich auf. »Ich habe einen Eintopf aus Kartoffeln, Zwiebeln und etwas Dosenfleisch gekocht. Und dazu gibt es Kaffee.«
    Scully verspürte ein eigenartiges Ziehen zwischen Herz und Bauch, eine völlig instinktive Reaktion, die, wie er wusste, nichts mit Hunger zu tun hatte, nur damit, dass er so lange niemanden gehabt hatte, mit dem er reden konnte. »Und Sie?«, fragte er, während er einen von Big Johns groben Stühlen heranzog, um sich an den Tisch zu setzen. »Essen Sie nichts?«
    »Ich habe schon mit Abigail gegessen«, sagte sie und trat an den Tisch, um ihm Kaffee einzuschenken. Diese alltägliche kleine Höflichkeitsgeste weckte ein Gefühl solch intensiv empfundener Nostalgie in ihm, dass er einen Moment lang nichts zu sagen wagte. Er nickte ihr nur höflich zu und hoffte, seiner Dankbarkeit damit genügend Ausdruck

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