Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
verliehen zu haben, obwohl seine Mutter ihm an ihrem Tisch zu Hause in Virginia bessere Manieren beigebracht hatte.
    Der Eintopf war ungewöhnlich schmackhaft, wenn man bedachte, wie schnell sie ihn zubereitet hatte, und das vertiefte höchstens noch Scullys zunehmende Gewissheit, dass er weit entfernt und ausgeschlossen war von einer glücklicheren Welt, in der Frauen für ihre Männer kochten und versuchten, ihnen mit kleinen, alltäglichen Aufmerksamkeiten eine Freude zu bereiten. Irgendwo dort draußen in den Bergen heulte ein Kojote, was er als passendes Geräusch empfand für die Gefühle, die ihn momentan bewegten.
    Sie brachte die Kaffeekanne zum Herd zurück, zog sich dann den zweiten Stuhl heran und setzte sich Scully gegenüber, die Hände auf dem Tisch gefaltet. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. - Scully -, dass Sie mich und Abigail von der Postkutschenstation abgeholt haben. Und uns vor diesen Indianern beschützt haben. Wir hätten die Reise allein ganz sicher nicht geschafft.« Sie hielt inne und erschauderte, weil sie wahrscheinlich daran dachte, was geschehen wäre, wenn die Indianer sie und ihre Tochter gefangen genommen und verschleppt hätten.
    Es stimmt schon, dachte Scully, dass eine Frau hier draußen einen Mann benötigt, aber das Gleiche galt auch umgekehrt. Denn ohne eine Frau erschienen ihm das harte Leben und die Einsamkeit hier oftmals unerträglich. Er zuckte die Schultern, weil es etwas Ungewohntes für ihn war, so gründlich über Gefühle nachzudenken, die er sich sonst nicht einmal eingestand. »Big John sagte, Sie würden um diese Zeit in Springwater eintreffen. Er bat mich, Sie abzuholen und heimzubringen.«
    Sie wirkte ein bisschen enttäuscht über seine Antwort, obwohl er nicht den Eindruck hatte, etwas Falsches gesagt zu haben. Aber bei Frauen konnte man nie wissen; sie konnten sehr empfindlich sein, selbst wenn ein Mann sich seine Worte sehr gut überlegte und sie entsprechend formulierte. »Ich verstehe«, erwiderte sie in einem Ton, der eindeutig bewies, dass sie es nicht verstand.
    Schweigend aß er, bis sein Teller leer war, überzeugt, dass er bis zum Haaransatz errötet war. Er war früher viel mit Frauen zusammen gewesen, aber aus irgendeinem Grund machte diese hier ihn schüchtern wie einen kleinen Jungen, der noch kurze Hosen trug.
    Sie wartete sehr lange, bevor sie das Schweigen endlich brach. »Wo werden Sie schlafen?«
    Es war eine durchaus vernünftige Frage angesichts der Umstände, aber Scully erstickte trotzdem fast an seinem letzten Schluck Kaffee. Er musste sich zusammennehmen und aufhören, sich wie ein grüner Junge bei seinem ersten Tanzfest aufzuführen, oder alles würde nur noch schlimmer werden. »Im Schuppen nebenan steht eine Liege«, sagte er und deutete auf eine Tür, die in den kleinen Anbau führte. »Dort werde ich übernachten.«
    Evangeline nickte, stand auf und griff nach seinem Teller. »Sind Sie noch hungrig? Es ist noch mehr von diesem Eintopf da.«
    Ein vernünftiger Mann versäumte keine Gelegenheit, sich an etwas von einer Frau Gekochtem satt zu essen, zumindest nicht an einem Ort, wo so etwas eine Seltenheit war, und Scully war nach wie vor sehr hungrig. Trotz allem jedoch glaubte er nicht, dass er imstande war, auch nur einen einzigen Bissen herunterzubekommen, weil seine Kehle plötzlich merkwürdig eng geworden war, und so schüttelte er nur den Kopf, bedankte sich und reichte ihr den Teller.
    Hoffentlich glaubte sie nicht, er erwartete von ihr, dass sie ihn bediente wie eine ... nun ja, wie eine Ehefrau. Er merkte plötzlich, dass sie todmüde war und sich sicher gern zurückgezogen hätte, es aber nicht gut konnte, solange er am Tisch saß und sie angaffte, als wäre sie eine Winterrose, die mitten aus dem Eis erblüht war.
    Er schob seinen Stuhl so rasch zurück, dass sie erschrak-er sah, wie sie fast unmerklich zusammenzuckte und eine Hand an ihre Brust legte -, und ärgerte sich über sich selbst, als er die Läden aller Fenster schloss und sich noch einmal vergewisserte, dass die Tür verriegelt war. Evangeline hatte dunkle Schatten unter den Augen, und obwohl sie sich sonst sehr aufrecht hielt, Heß sie jetzt die Schultern hängen. Sie fühlte sich bestimmt noch sehr viel unbehaglicher als er, so ganz allein in einem abgelegenen Haus mit einem Fremden.
    Mit einem gemurmelten »Gute Nacht« zog Scully sich hastig in den Anbau zurück, den die Wärme der beiden Feuer nicht erreichte, sodass sein Atem dort wie kleine Wölkchen

Weitere Kostenlose Bücher