Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)

über Andrew nachdachte, dann fühlte sie allenfalls Wut, jedoch keine Trauer. Nach der Trennung war es ihr vorgekommen, als hätte man ihr eine Last von den Schultern genommen. Warum hatte sie bloß so lange gebraucht, um zu erkennen, dass sie ihn im Grunde überhaupt nicht liebte?
    Egal, viel wichtiger war jetzt Lars. Sein überstürzter Aufbruch ließ vermuten, dass er bereits seine eigenen, allerdings falschen Schlüsse aus der Situation gezogen hatte. Was glaubte er eigentlich? Etwa, dass sie zu Hause in den Staaten in einer festen Beziehung lebte und sich trotzdem auf eine Affäre mit ihm einließ? Er sollte sie eigentlich besser kennen!
    Sie gehörte nicht zu den Menschen, die sich, obwohl sie einen Partner hatte, mit anderen trafen. Viele ihrer Bekannten und Freunde in New York besaßen nicht so feste Prinzipien wie sie. Katrina aber zog es vor, nachts mit einem ruhigen Gewissen einschlafen zu können. Ein Seitensprung kam für sie nicht infrage – und es ärgerte sie, dass Lars daran auch nur den geringsten Zweifel hegte.
    Aber warum interessierte es sie überhaupt, was er von ihr dachte? Nach dem Verkauf ihres Elternhauses stand als Nächstes die Rückkehr nach New York auf dem Programm. Sie hatte eine Firma zu führen, da konnte sie unmöglich noch länger wegbleiben, als es die Klausel im Testament ihrer Eltern unbedingt verlangte. Zurzeit führte zwar ihr Mitarbeiter Stephen Wallace die Geschäfte für sie weiter, doch das sollte natürlich kein Dauerzustand werden. Stephen war ein cleverer Junge, dennoch fühlte sie sich bedeutend wohler, wenn sie selbst wieder vor Ort war. Es machte also keinen Sinn, sich hier in Schweden irgendetwas aufzubauen.
    Die Sache zwischen Lars und ihr konnte daher nur von kurzer Dauer sein. Vielleicht war es sogar das Beste, wenn es bei einer einmaligen Angelegenheit blieb. Sosehr sie sich eine Fortsetzung wünschen mochte, sie musste auch an die Zukunft denken. Und eine Familie mit Lars zu gründen und in ein hübsches Haus am Stadtrand von Kronsfjället zu ziehen war nicht unbedingt Bestandteil ihrer Lebensplanung.
    Sei vernünftig, sagte sie zu sich selbst. Hilf Lars beim Verkauf des Schlösschens, wie du es ihm versprochen hast, aber halte dich ansonsten so weit wie möglich von ihm fern und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.
    Mit einem entschlossenen Nicken stand sie auf und holte ihr Notebook aus dem Schrank. Es war an der Zeit, die Dinge endlich selbst in die Hand zu nehmen.
    Knapp eine halbe Stunde später hatte sie eine ansprechende Verkaufsanzeige für das Söderhus aufgesetzt, die sie in eine Immobilienbörse online stellte, die sie schon früher genutzt hatte, um im Ausland Geschäfte zu tätigen.
    “Nein! Nein, doch nicht so!” Kopfschüttelnd eilte Lars in den hinteren Teil der Galerie, wo Marie gerade das Bild eines Künstlers aufhängte, den er vor einiger Zeit entdeckt hatte. “Das ist doch viel zu hoch und außerdem schief, siehst du das denn nicht? Seit wann besteht unsere Kundschaft aus Zweimetermenschen?”
    “Na, wir sind aber heute mal wieder mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden, wie?” Marie stieg von der kleinen Trittleiter herunter und drückte Lars das Gemälde in die Hand. “Hier, mach es doch selbst, wenn du ohnehin alles besser kannst!”
    Mit diesen Worten drängte sie sich an ihm vorbei und verschwand im Lagerbereich der Galerie.
    Lars seufzte. Er wusste, es war nicht fair, seinen Ärger an Marie auszulassen, immerhin waren sie nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Freunde oder zumindest gute Bekannte. Aber seit seiner Rückkehr aus Stockholm am Vorabend fühlte er sich, als stünde er unter Strom. Genau genommen seit dem plötzlichen Erscheinen von diesem Andrew.
    Was wollte der Kerl hier? Und viel wichtiger: In welcher Beziehung stand er zu Katrina?
    Dass sie sich gut kannten, daran konnte kein Zweifel bestehen. So wie der Typ Katrina zur Begrüßung um den Hals gefallen war …
    War er gestern noch froh gewesen, rasch die Heimreise nach Kronsfjället antreten zu können, wünschte Lars sich heute nach Stockholm zurück. Dort war die Welt für ihn noch halbwegs in Ordnung gewesen. Jetzt aber … Er war doch nicht etwa eifersüchtig?
    Nein, so ein Unsinn! Eifersüchtig konnte man nur sein, wenn man jemanden liebte. Und mit Katrina verband ihn im Grunde überhaupt nichts mehr.
    Gut, er hatte mit ihr geschlafen. Aber Sex und Liebe waren immer noch zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die man nicht miteinander