Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Deutschland gelegentlich der Fall ist, trag ich blickdicht und zwar bis über die Nierchen gezogen. Doch heute war wohl der große Tag der Lagerware.
Nach zehn Minuten war ich gecremt, geföhnt und parfümiert, bereit, unter Alexias fachkundiger Anleitung das Teil anzustrapsen. Ich werde nie verstehen, was an dem unpraktischen Gebambel, das man nur mit Betriebsanleitung anlegen kann, bitte schön so sausexy sein soll?
Nach kurzem krampfigem Kampf mit dem Mistding hatten wir mich mit den Nylonstrümpfen vertäut. Gnädig gestand Alexia mir und meiner Blöße noch BH plus Höschen zu. Irgendwie hatte es meine neue Styling-Beraterin auch fertiggebracht, den Mottenpulvermief halbwegs auszumerzen. Stattdessen stank das Ding jetzt intensiv nach Vanille. Egal, der Plan war, es sowieso nicht lang anzubehalten. Ein Kontrollblick in den Spiegel zeigte: Bravo, mithilfe meiner Lackpumps sah ich jetzt endgültig nach waschechter Lustarbeiterin aus.
»Und so in eine Polizeikontrolle kommen …«, sinnierte ich.
Ein Duftbouquet der Sonderklasse!
Eine halbe Stunde später hatte ich es – in exakt diesem Aufzug – bis ins belebte Frankfurter Westend zur Wohnung meines Freundes geschafft. Leider noch nicht bis zu seiner Wohnungstür!
Es war Anfang September, kurz vor acht und taghell. Menschen bevölkerten die Bürgersteige … Und ich saß bei 20 Grad Außentemperatur im Pelz mit nix drunter hinterm Steuer. Hilfe! Was für eine saudoofe Scheißidee. Wenn mich jemand so erkannte … Oder, noch besser, fotografierte! Ich sah schon die Schlagzeile … »Kraus in der Krise?«
Panik beschlich mich. Zurückfahren? Dann wäre die ganze Unterbodenwäsche und die Beauty-Blitzaktion umsonst gewesen, und Alexia wäre total enttäuscht.
Warten, bis es dunkel war? Mein Pünktlichkeitsfanatiker würde ausflippen, er war ja noch auf Kino programmiert und konnte nicht ahnen, dass »Emmanuelle 1-4« höchstpersönlich zu ihm nach Hause kam.
Verzweifelt schaute ich mich im Auto um. Vielleicht hatte ich ja irgendeinen Schal oder ein Tuch im Wagen … Die Hundedecke! Ohne zu zögern, warf ich mir den Stinkelappen über, sprang glücklich verschleiert aus dem Auto und raste auf meinen Zwölf-Zentimeter-Hacken zum Hauseingang, um zu klingeln. Seufzend drückte ich den Klingelknopf und atmete tief ein. Das hätte ich tunlichst unterlassen sollen. Meine Nase implodierte: Wow! Mein Duftbouquet wurde immer interessanter: Mottenkugeln, Vanille, Haarspray und jetzt, als Herznote, auch noch nasser Hund. Scheiß auf den Geruchssinn, meine Optik musste ihm einfach alle Sinne vernebeln.
»Baby?«, kam es aus der Sprechanlage, »Ich komm runter!«
Unschuldig unterbrach ich ihn. »Äh, stopp! Nee! Ich müsste noch mal kurz für kleine Mädchen.«
Ein genervtes Stöhnen, und der Buzzer des Türöffners ertönte. Ich stemmte mich gegen die Haustür, die sich brav öffnete, und war endlich halbwegs in Sicherheit. Der Aufzug brachte mich an mein Ziel: vierter Stock, Tür rechts außen. Hastig versteckte ich noch meine Hundedeckenmief-Burka hinter dem Yucca-Palmen-Topf der Nachbarin und warf mich mit leicht geöffnetem Mantel vor der Wohnungstür in Pose. Der Klassiker: Hand am Türrahmen, Arm abgestützt und Knie aufreizend angewinkelt. Ohje, so musste man sich fühlen, wenn man Ecstasy geschluckt hat. Mein Herz schlug wie der Bass eines Techno-Rave.
Hier stand ich also im Nitribitt-Look, machte mir fast ins knappe Höschen vor Angst, dass ein Nachbar vorbeispazierte, und kam mir unendlich bescheuert vor. Doch keine Zeit zum Zweifeln. Mein »Kunde« öffnete. En garde, Sonya! Die Welt gehört den Mutigen!
Säuselnd hörte ich mich sagen: »Guten Abend, Süßer! Du hattest angerufen?«
Unverständnis in seinem Gesicht, Stirnrunzeln, gefolgt von einem: »Hä?«
Sauber! Genau die Reaktion, die ich mir gewünscht hatte. Ich war schon fast dabei, mir verschämt den Mantel zuzuknöpfen, da erhellte sich sein Gesicht, als hätte man ihm im Gehirn den Dimmer hochgeschoben. Mein »Hase« strahlte mich an, bekam ein Funkeln in den Augen, das mich doch eher an ein Raubtier erinnerte, und mit den sinnigen Worten: »Ja, aber hallo-hallo!«, wurde ich in die Wohnung gezerrt.
So viel sei verraten: Ich hatte zwar die Raubkatze an, aber der Tiger steckte in meinem Hasen. Weitere wilde Details muss ich mir an dieser Stelle leider verkneifen, sonst landet dieses Buch noch im Regal mit der erotischen Literatur oder wird mit FSK 18 zensiert.
Das tote Tier? Das
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