Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Das war’s doch nicht – dann habe ich es wenigstens herausgefunden. Außerdem lege ich mein Geld nicht in einen Neuwagen an, der im ersten Jahr 50 Prozent an Wert verliert. Ich habe immer noch einen Wert und damit ist das »Risiko« überschaubar. Natürlich, vielleicht verliert es an Wert, vielleicht brennt die Hütte ab, aber dann habe ich immer noch das Grundstück. Und das Grundstück muss in jedem Fall das »Sahnestückchen« sein – das ist meine Bedingung. Ich kaufe natürlich nicht das erstbeste Objekt, sondern nur einen Schnapper. Falls dann alles ganz anders ist, als ich es mir jetzt vorstelle, kann ich alles wieder verkaufen. Und selbst wenn es nicht klappt (und angesichts der wirtschaftlichen Krisenzeiten kann das durchaus passieren), ist das nicht tragisch, dann träume ich eben weiter. Ja, ich gebe es zu: Fast habe ich Angst davor, dass sich diese rosarote, kitschige Postkarten-»Vision« eines Tages tatsächlich erfüllt, denn wovon soll ich dann träumen? Aber dann suche ich mir eben wieder etwas Neues. Das führt mich zu Folgendem:
Ein sehr wichtiges Element der ganzen Geschichte ist sogar, dass Herzenswünsche eben nicht so einfach zu haben sind! Dass man etwas dafür tun und sich vorbereiten muss. Denn ohne diese Distanz zwischen dem Ist-Zustand und der Erfüllung des Herzenswunsches könnte man ja gar nicht davon träumen. Anders gesagt: Wer beim Marathon die Abkürzung nimmt und sofort ins Ziel einläuft, hat das Thema verfehlt.
Was dabei herauskommt, wenn man sich alles sofort erfüllt? Zum Beispiel das hier:
Wie das nun mal so ist in einem durchschnittlichen Teenieleben, hatte ich eines Tages mörderischen Liebeskummer. So sehr, dass selbst meine Mama sagte: »Mensch, Sonya, jetzt gönn dir doch mal was. Willst du nicht mal in der ›Zentrale‹ einkaufen gehen?«
Die »Zentrale« war bei uns in Frankfurt ein diabolischer Designerladen: heiße Ware, höllisch teuer. Ein Fummel von dort passte zusammengefaltet in einen Briefumschlag, wurde aber in Gold aufgewogen. Nüchtern betrachtet absolut unverschämt und völlig ungerechtfertigt überteuert. Klamotten, die ich mir unter normalen Umständen niemals im Leben geleistet hätte – dafür bin ich ein viel zu rationaler Sparfuchs.
Dieser Laden führte damals Anfang der Neunziger die bunten schrägen Sachen von »People of the Labyrinth«, einem Mode-Label aus Holland. Für mich damals das absolute Must have oder besser gesagt Never had it , weil zu teuer. Aber es ging mir so schlecht, dass ich den Tipp meiner Mutter ernst genommen habe und mit einem vierstelligen D-Mark-Betrag in der Tasche in den Laden eingelaufen bin. Gut eine Stunde später schwebte ich ohne jeglichen Cash, aber mit einem Minitütchen wieder heraus. Darin: ein Jäckchen, ein Westchen, ein langes Kleid und ein Muscle-Shirt für Damen. Für kurze Zeit war ich tatsächlich unwahrscheinlich glücklich! Grob geschätzt, so ungefähr vier, fünf Stunden! Ein ziemlich teures Glücksgefühl, oder?
Ratzfatz war der Reiz des Neuen verflogen, und meine irrsinnig tollen und teuren Designerklamotten waren auch einfach nur noch Textilien. Diese vier Sachen würde ich heute ums Verrecken nicht mehr anziehen, aber ich würde sie auch nie in die Altkleidersammlung geben. Nicht weil sie so teuer waren, sondern weil sie mich wie mit dem erhobenen Zeigefinger daran erinnern, dass Vorfreude die schönste Freude ist.
Unter normalen Umständen, ohne die Ermunterung meiner Mutter, wäre ich drei Wochen lang ums Schaufenster herumgeschlichen und hätte mir am Ende – eventuell – das Hemdchen gekauft. Erst mal nicht mehr. Darüber hätte ich mich dann mindestens so lange gefreut, wie ich gezögert hätte, tatsächlich zuzuschlagen. Dann hätte ich bis Weihnachten oder bis zu meinem Geburtstag gewartet, um mir das Jäckchen zu besorgen und eventuell, als Belohnung für fünf Wochen Durcharbeiten am Stück, noch das nächste Teil. Aber das alles auf einmal, das war zu einfach! Und zu viel. Damals habe ich gelernt: Die Vorfreude und die Anstrengung sind sozusagen das Vorspiel – und Sie wissen ja, was nach dem Vorspiel kommt …
Relax, don’t do it.
FRANKIE GOES TO HOLLYWOOD
Die »Wenn-dann«-Falle
Achtung, Gefahr! Gerade bei großen Träumen und Wünschen, die sich nicht von jetzt auf gleich verwirklichen lassen, lauert ein perfider Fallstrick: die Wenn-dann-Falle. Hier haben wir es mit einer millionenfach erprobten Methode zu tun, bombensicher an Spiel, Spaß und
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