Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
»Klappe uuuuuuund: Action!«
Ein Heim für Sonya!
Und, hey, ich weiß, dass es funktioniert! Auch vollkommen unwahrscheinlich wirkende Träume können sich erfüllen. Ganz besonders dann, wenn man aktiv bleibt und sich einfach weigert, aufzugeben. Falls Sie bei meinem Traum vom Haus auf Ibiza gerade eben nur müde gelächelt haben und sich etwas in der Richtung von »überzogene Luxusträume einer verwöhnten Mattscheiben-Else« gedacht haben: Vor mehr als fünfundzwanzig Jahren hatte ich einen ähnlichen Traum. Auch damals ging es um ein Haus. Nicht nur um ein Haus, sondern um ein neues Zuhause. Eines, das ganz mir gehört und das mir niemand wegnehmen kann.
Und jetzt kommt’s: Damals war ich elf.
Das war kurz nachdem mein Vater sich entschlossen hatte, meine Mama und mich im Stich zu lassen und sich das Leben zu nehmen. Nach seinem Tod mussten meine Mutter und ich diverse Kredite tilgen und mit ihrem Lehrerinnengehalt auskommen. Das Geld wurde ziemlich bald knapp, also entschloss sich meine Mama, das Haus zu verkaufen, um die laufenden Kosten zu reduzieren. Unser Haus war aber für mich nicht einfach nur der Ort, an dem wir wohnten. Es war unser Nest und außerdem natürlich bis unter den Giebel voll mit Erinnerungen an meine Kindheit. Und so verlor ich nicht nur meinen Papa, sondern meine ganze Welt. Schon damals war ich kein großer Fan von Selbstmitleid. Wenn ich etwas tun konnte, habe ich das auch gemacht.
Okay, vielleicht fragen Sie sich jetzt, was eine durchschnittliche Elfjährige, die weder Nachnamen wie »Hilton« oder »Trump« trägt noch mit sonstigen goldenen Löffeln im Mund zur Welt gekommen ist, schon tun kann, wenn sie sich so eine »Kleinigkeit« wie ein ganzes Haus wünscht?
Meine Antwort: Sie kann sparen!
Vielleicht lachen Sie jetzt, aber ich habe angefangen, jeden einzelnen Pfennig zusammenzukratzen. Ich habe mich sogar gefreut, wenn ich mir den Bananen-Split-Becher verkniffen habe und die drei Mark fuffzig stattdessen in mein Sparschwein stopfen konnte.
Meine Oma hat mich irgendwann gefragt: »Sag mal, Sonya, worauf sparst du eigentlich so fleißig?«, und hat vermutlich eine Antwort wie: »ein Barbiemobil«, »ein Pony« oder »darauf, dass ich mir Ohrlöcher stechen lassen kann« erwartet. Stattdessen entgegnete ich im Brustton der Überzeugung: »Auf unser Haus natürlich.«
Oma lachte damals etwas hilflos. Ich vermute, sie hielt mich für eine besonders durchgeknallte und weltfremde Ausgabe von Pippi Langstrumpf. Aber ich sah das natürlich vollkommen anders. Mein ursprünglicher Plan war tatsächlich, so viel Geld zusammenzubringen, dass ich unser früheres Haus zurückkaufen konnte. Davon träumte ich vor dem Einschlafen. Erst steckte ich mein Taschengeld und meine Gagen vom Kinderballett ins Sparschwein, dann meine paar Mark vom Zeitungsaustragen und Babysitten. Mit anderen Worten: Mein Traum schien zunächst ungefähr so realistisch, als hätte ich mir vorgenommen, mit Monopoly-Papiergeld das Empire State Building zu kaufen.
Binde deinen Karren an einen Stern.
LEONARDO DA VINCI
Meine Umgebung belächelte mich, aber ich ließ mich nicht beirren. Ich wusste einfach, dass ich eines fernen Tages aus der Mietwohnung wieder in ein eigenes Heim ziehen würde! Nach ein paar Jahren stockten meine Modelgagen mein jugendliches Einkommen auf, und ab da wurde ich etwas weniger schräg angeguckt. Denn so peu à peu wuchs das Vermögen zu einem doch ganz ansehnlichen Sümmchen.
Trotzdem war ich immer noch Lichtjahre davon entfernt, mal eben meine Traumimmobilie beim Makler an der Ecke zu shoppen. Doch ich blieb eisern: Während meine Model-Kolleginnen ihr Geld in Designerfummel und zum Teil auch in lustige Buchstaben wie »E« und »LSD« steckten, verkniff ich mir weiter jede überflüssige Ausgabe und nähte mir sogar Klamotten selbst.
Das Sparschwein hatte inzwischen ausgedient; mittlerweile schleppte ich jede müde Mark zu meinem Guru. Der hieß nicht Timothy Leary, sondern Rüdiger Schmitz und war Berater in meiner Bank. Mein Hobby trug zu Hochzinszeiten den Namen »Bausparvertrag« und ließ mich zum Arbeitstier mutieren. Ich nahm jeden Modeljob an. So fuhr ich mitten in der Nacht in die Schweiz, um dort zu arbeiten, vertilgte für ein Musikvideo kiloweise Erdbeeren, bis mir schlecht wurde, und habe mir in Badeklamotten, die im Winter bei Minusgraden am Hamburger Hafen fotografiert werden mussten, eine Blasenentzündung geholt. War mir alles egal –
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