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Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila

Titel: Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonya Kraus
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passte. Als ich bei »Jet Set« anfing, lief ich sogar immer noch mit Dutt herum. Der gestrenge Look war allerdings schon nach Tag Nummer eins in meinem neuen Wirkungsfeld Geschichte. Nicht nur meine Haare machten sich endlich locker, sondern auch ihre Trägerin. Im Laden guckte ich mir ab, wie die anderen entspannt und lustig mit jedem Kunden quatschten. Jeden Tag verlor ich ein bisschen mehr von meiner Schüchternheit und lernte nebenbei, wie man mit ein bisschen guter Laune und Entertainment T-Shirts und Jeans an den Mann und die Frau bringt. Ein Training »on the job«, das mir seither unschätzbare Dienste geleistet hat.
    Aber das Allerbeste war: Wenn die Mädels am Wochenende weggegangen sind, nahmen sie mich, die »kleine« Vierzehnjährige, die sie alle überragte, unter ihre Fittiche. Von einem Tag auf den anderen wurde meine Welt viel größer, ich hatte große coole Schwestern und war mit gar nicht so zarten Vierzehn schon im Frankfurter Nachtleben unterwegs. Andere Eltern wären Amok gelaufen, meine Mutter war einfach nur froh. Nach dem Tod meines Vaters, dem Ende meiner »Ballettkarriere«, meiner überstandenen Lesesucht und meinem zeitweiligen Eremitendasein war es für sie ein Geschenk des Himmels, dass ihr Töchterlein sich endlich wieder unter Menschen begab und nicht mehr nonstop Trübsal blies. Sie nahm meine neuen Freundinnen einmal kritisch unter die Lupe, befand sie für vertrauenswürdig – und zeigte sich gnädig. Und so durfte ich mit meinen Mädels tatsächlich bis ein Uhr nachts um die Häuser ziehen.
    Und die machten aus mir endlich einen lebenslustigen Teenie! Zusammen hingen wir im damals absolut angesagtesten Frankfurter Technoschuppen ab, dem »Omen«. Dort wurden die »E«s normalerweise mit dem Tequila gereicht oder anderes Zeug in Flüssigform gleich in die Cola gekippt. Ich war vermutlich das einzige Wesen weit und breit, dem keine illegalen Substanzen angeboten wurden, so gut haben meine »Engel für Sonya« auf mich aufgepasst. Meine »Drogen« waren die Musik und das Tanzen – das alles zusammen wirkte wie ein Befreiungsschlag auf mich. Kaum zu glauben: Bis vor ein paar Wochen hatte ich noch unter Ballett-Entzug gelitten. Ballett? Meine neue Devise war ganz klar: «Kack auf die Klassik, this is my life: Electronic Music, Techno, Acid, Chicago House! Yeah!« Oder wie unser Frankfurter DJ-Guru so gerne in die zappelnde Menge brüllt:
     
The message … the message is:
Guuuuude Laune!
    SVEN VÄTH
     
    Mit dem gleichen Enthusiasmus, mit dem ich mich am Wochenende ins Nachtleben stürzte, ging ich auch die Arbeit im Jeansladen an – und noch bevor das Schulpraktikum zu Ende war, fragte mich Jörg, der Besitzer: »Sag mal, Sonya, haste Lust, weiter bei uns zu jobben? Du passt super ins Team.«
    Wow! Nichts lieber als das! So konnte ich bei meinen Mädels sein und obendrein ein bisschen Geld verdienen. Jedenfalls mehr als mit dem Austragen von Zeitungen – das hatte ich zuletzt gemacht. Nun ging ich unter der Woche vormittags brav zur Schule, die Nachmittage gehörten der Arbeit – wenn man unsere Spaßdelegation überhaupt so nennen konnte. Bezahltes Vergnügen hätte es besser getroffen. Und freitags und samstags schnupperte ich an der großen glitzernden Welt des Frankfurter Nightlife. Und da passierte es …
     
     
    Ich werde entdeckt!
     
    Ich wartete an der Bar im »Omen« auf mein Partygetränk der Wahl – gesunden O-Saft. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Ich sah nach rechts und sah – nichts. Tipptipp. Verwirrt ließ ich den Blick schweifen.
    »Hier bin ich!« Ich guckte nach rechts unten und erspähte endlich einen Typen in Jeans und T-Shirt. Mindestens doppelt so alt wie ich und etwa zwei Köpfe kleiner. Das Wesen sprach:
    »Du, entschuldige, wenn ich dich einfach so anquatsche …«
    Na, das war ja eine unglaublich originelle Anmache!
    »... aber ich bin Fotograf. Wenn du Lust hast, komm doch mal bei mir im Studio vorbei, und ich mach ein paar Bilder von ddddd …«
    ZACK! Zwischen uns knallte die Pranke einer Löwin auf die Theke: Ich hatte nicht mal Luft holen können, um zu antworten, schon war das Beschützerraubtier Alexia an meiner Seite, ohne Zögern bereit zum gnadenlosen Gemetzel, falls hier irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugehen sollte. Sie stemmte die Hände in die Hüften, funkelte den armen Kerl an, als sei sein letztes Stündlein nahe, und zischte warnend: »Was für ‘ne Art ›Bilder‹ soll’n das denn bitte sein?«
    Unser

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