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Wenn das Verlangen uns beherrscht

Wenn das Verlangen uns beherrscht

Titel: Wenn das Verlangen uns beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Bailey
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sogar, aber das konnte ich Dir nie direkt sagen. Du bist ein aufrechter guter Mann und ein leidenschaftlicher Vater.
    Ich wünschte, ich wäre meinen Kindern ein nur halb so guter Vater gewesen. Jack als Ältester hat am meisten unter mir gelitten, aber dass ich dieses Geheimnis vor euch allen verborgen habe, ist schlimm. Auch dass ihr es jetzt nach meinem Tod herausfinden müsst.
    Ich kann Dich nur bitten, mir zu vergeben. Mein Verhalten ist nicht zu entschuldigen, und ich kann nur auf eure Verzeihung hoffen. Und glaub mir, dass ich Dich verstehe, falls Du mir nicht vergeben kannst. Und dass ich Dich trotzdem liebe und stolz auf Dich bin.
    Dad
    Matthew hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. So etwas hatte er nicht erwartet. Wenn er überhaupt an den Brief und seinen möglichen Inhalt gedacht hatte, dann hatte er sich alle möglichen billigen Erklärungen vorgestellt und mit der Bitte gerechnet, er möge nett zu Jack und Alan sein.
    Stattdessen sprach aus jeder Zeile Liebe und Bewunderung. Bisher hatte er sich jegliche Trauer um den Vater verboten. Jetzt erfüllte sie sein Herz mit aller Macht. Dennoch hatte der Vater unrecht. Sein Sohn Matthew war kein vorbildlicher Vater. Denn er hatte zugelassen, dass Flynn sich an Susannah gewöhnte und tiefes Vertrauen zu ihr entwickelte, nur um sie dann wieder zu verlieren.
    Susannah. Was hatte sie gesagt? Alles ist verworren und vernebelt. Du lebst in der Vergangenheit, weil dein Schuldgefühl dich quält, dein Vater hatte Geheimnisse, und du hast Geheimnisse.
    Recht hatte sie. Er war wütend auf seinen Vater gewesen, weil der ihnen verheimlicht hatte, dass er bereits einen Sohn hatte aus der Zeit vor seiner Ehe mit Elizabeth. Und was hatte er selbst getan? Er verheimlichte der Familie, dass Susannah die biologische Mutter von Flynn war. Das war keinen Deut besser.
    Langsam ging er zum Fenster und sah auf die vorbeiziehenden Wolken. „Entschuldige, Grace“, flüsterte er, „aber ich kann mein Versprechen nicht halten. Ich möchte nicht, dass auch Flynn mit einem Geheimnis aufwachsen muss.“
    Um der Mann zu sein, für den sein Vater ihn hielt, musste er mit der Geheimnistuerei aufhören. Er musste der Familie mitteilen, dass Susannah Flynns biologische Mutter war, und am besten war Susannah dabei anwesend.
    Mit wenigen Schritten war er bei seinem Schreibtisch und ließ sich in seinen Sessel fallen, gleichzeitig griff er nach dem Telefonhörer. Zu dieser Zeit müsste sie eigentlich in Georgia gelandet sein. Er wählte ihre Handynummer und wartete. Wie sie wohl auf seinen Anruf reagieren würde? Würde sie sich weigern zu kommen?
    Fünfmal klingelte es, bevor sie das Gespräch annahm. Fieberhaft versuchte er, sich zurechtzulegen, wie er seine Bitte formulieren wollte. Doch als er ihre sanfte klare Stimme hörte, war alles vergessen. Er konnte nur noch an ihre blauen Augen denken, an das lange blonde Haar und ihre Lippen, wenn sie seinen Namen flüsterte …
    Susannah stand im Flur vor ihrem Apartment, den Schlüssel in der einen Hand, die Reisetasche in der anderen und das Telefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt. „Hallo?“, rief sie schon zum zweiten Mal. Sie steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch, schloss auf und drückte die Tür auf. Immer noch hatte der Anrufer sich nicht gemeldet. „Hallo“, wiederholte sie ungeduldig, ließ ihre Tasche auf den Boden fallen, schloss die Tür und ging ins Wohnzimmer. Sie wollte das Telefon zuklappen, als eine ihr vertraute Stimme ihren Namen sagte.
    „Matthew …“ Fast wäre sie in Ohnmacht gefallen. „Was ist passiert? Ist was mit Flynn?“
    „Alles in Ordnung. Er ist zu Hause. Meine Mutter ist bei ihm.“
    „Gott sei Dank!“ Erleichtert atmete sie aus.
    „Ich rufe an, weil ich möchte, dass du wegen einer bestimmten Sache nach Charleston zurückkommst.“
    Nein, nicht wieder … Erschöpft ließ sie sich auf die Couch fallen. Wenn er sie erneut bat zu bleiben, würde sie dann die Kraft haben, wieder Nein zu sagen? „Matthew, ich …“
    Er unterbrach sie. „Ich will nicht, dass Flynn wie ich mit Geheimnissen aufwachsen muss“, sagte er mit fester Stimme. „Ich werde der Familie mitteilen, dass du seine biologische Mutter bist und nicht Grace. Und ich möchte, dass du dabei bist, wenn ich es ihnen sage.“
    Verblüfft schwieg sie. Das muss sie erst einmal verarbeiten. „Warum?“, brachte sie endlich heraus.
    „Ich finde, du solltest dabei sein.“
    „Nein, ich meine, warum willst du es ihnen überhaupt sagen?

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