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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Maerker
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Gott, es tut mir leid«, sagte Denninger mitfühlend.
    »Was können Sie mir über meine Mutter sagen?« Plötzlich war es nicht mehr Amatas Schicksal, das für Christine im Vordergrund stand. Alles, was sie bisher über ihre Familie zu wissen geglaubt hatte, geriet ins Wanken.
    »Deine Mutter ist in Sinach aufgewachsen.«
    »Ich dachte, sie sei in Garmisch geboren.«
    »Das ist richtig. Als es während ihrer Geburt Komplikationen gab, haben sie deine Großmutter ins Krankenhaus nach Garmisch gebracht.«
    »Sie kannten auch meine Großeltern?«
    »Aber ja, schade, dass du dich nicht mehr an sie erinnerst.«
    »Wie sollte ich? Ich habe sie nie gesehen.«
    »Doch, das hast du. Du warst oft bei ihnen, als du noch klein warst.«
    Auf einmal tauchte ein Bild vor Christines geistigem Auge auf. Ein Zimmer mit geschlossenen Holzläden, durch die Sonnenlicht fällt. Leises Surren von einem Deckenventilator, das sie ängstigt, lautes Rattern, das sie aus dem Schlaf reißt. Eine Frau mit dichtem dunklem Haar beugt sich über sie, spricht beruhigend auf sie ein, hebt sie hoch und trägt sie zum geöffneten Fenster. Christine erschreckt vor der grellen Helligkeit und dem gewaltigen Traktor, der über ein schier endloses Feld fährt. Ein Feld wie die, die den Denningerhof umgeben.
    »Leben meine Großeltern noch?«
    »Drei Jahre nachdem Betti Robert geheiratet hat, haben sie den Hof verkauft und sind zu einem Bruder deines Großvaters nach Südamerika gegangen. Es hat nicht lang gedauert, da kam die Nachricht, dass sie gestorben wären. Sie haben die Heimat wohl doch mehr vermisst, als sie sich eingestehen wollten. Sie hätten hierbleiben sollen, irgendwie wäre es schon gegangen.«
    »Was wäre gegangen? Mussten sie denn fort?«
    »Sie dachten, es wäre besser so.«
    »Besser? Warum hat meine Mutter ihre Heimat vor mir verheimlicht?«
    »Sie wollte noch einmal von vorn anfangen, sie wollte nicht mehr an Sinach erinnert werden.«
    »Ich wünschte, sie hätte sich ein paar Jahre eher zu diesem Schritt entschieden.« Rick faltete das Blatt zusammen, das er gerade überflogen hatte, und steckte es in die rechte Gesäßtasche seiner Jeans. Er musste vergessen, was er gerade gelesen hatte. Er konnte die Wahrheit jetzt niemandem zumuten – schon gar nicht Christine. Die Neuigkeiten waren für sie erst einmal genug.
    »Das klingt, als hättest du meine Mutter nicht leiden können? Warum, Rick? Was hat sie dir getan?«, hakte Christine nach.
    »Sie haben gleich gewusst, wer sie ist, nicht wahr, Herr Denninger? Deshalb sollte sie mich aufsuchen.« Rick ignorierte Christines Frage, sprach einfach über sie hinweg mit dem alten Mann.
    »Ich gebe zu, ich war mir recht sicher.«
    »Warum hätte meine Mutter Sinach eher verlassen sollen? Und in welcher Beziehung stand sie zu Amata?«, erinnerte Christine die beiden daran, dass sie auf Antworten wartete. Sie war mit ihrer Geduld am Ende. Ihre Großeltern hatten in Sinach gelebt, ihre Mutter war hier aufgewachsen, also hatte auch Amata zu ihrer Familie gehört, so viel stand fest. Blieb noch zu klären, wie sie und Amata verwandt waren.
    »Amata war deine Schwester«, beendete Rick das Frage-und-Antwort-Spiel.
    »Meine Schwester?«, wiederholte Christine fassungslos über diese Eröffnung. »Amata war vierzehn, als ich auf die Welt kam. Meine Eltern haben sich aber erst ein Jahr vor meiner Geburt kennengelernt. Oder ist das eine Lebenslüge der Familie Weingard?« Christine hatte das Gefühl, als stünde sie blind auf einer Treppe und wüsste nicht, wo sich die nächste untere Stufe befand. »Bitte, ich will die Wahrheit wissen«, wandte sie sich an Georg Denninger, der sich mit der Hand nachdenklich über sein Kinn strich.
    »Sie war deine Halbschwester, Madl. Robert Weingard war nicht Amatas Vater, aber er wollte sie adoptieren, sobald sie zu euch in die Stadt gezogen wäre.«
    »Warum hat sie nicht bei uns gelebt?«
    »Weil sie das zehnte Schuljahr noch beenden wollte. Dann wäre sie auf ein Gymnasium in die Stadt gewechselt.«
    »Wer war ihr Vater?«
    Denninger räusperte sich verlegen und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein, während Rick vorgab, dem Gespräch nicht mehr zu folgen.
    »Betti hat behauptet, er sei eine Zufallsbekanntschaft gewesen, die sie nie wiedergesehen hätte. Aber das stimmte nicht. Es war jemand, den wir alle kannten«, erbarmte sich Georg Denninger, ihr zu antworten.
    »Wer?« Christine verschränkte die Arme vor der Brust, als wollte sie ein Unheil

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