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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Maerker
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gleiten.
    »Wir werden uns nicht verlieren?«
    »Nein, wir werden uns festhalten.« Er umfasste sie, drehte sie zu sich, sodass er ihr Gesicht betrachten konnte, streichelte ihre Wangen, ihr Kinn, ihren Nacken und küsste sie auf die Stirn. Mit sanfter Gewalt streckte er ihre Arme nach oben und drückte sie gegen die Wand, fuhr mit den Fingerspitzen an den Innenseiten ihrer Arme entlang, bis zu ihren Brüsten, dann weiter zu ihren Hüften.
    Christine erinnerte sich an den Moment, als er sie in ihrem Badezimmer im Hotel in Garmisch überrascht hatte, wie sie seine Hand umfasste und wie sehr sie sich von ihm angezogen gefühlt hatte – trotz seines zornigen Auftrittes oder vielleicht gerade deshalb. Dieser wütende Blick, das Flackern in seinen Augen.
    »Ich werde nichts tun, was du nicht willst«, sagte er, als er die Knöpfe ihres Mieders öffnete.
    »Du kannst alles tun.«
    »Sicher?«
    »Ja, ganz sicher.« Sie vergrub ihre Hände in seinem Haar, als er sie an sich zog. Sie atmete den Duft seiner Haut, gab sich seinen Küssen hin, die das Verlangen, ihm nah zu sein, noch weiter steigerten. Dann ließ sie sich fallen, bis sie nichts mehr fühlte, nichts mehr wahrnahm, nur noch ihn.
    Sie wollte sich nicht beherrschen und konnte es auch nicht mehr, als sie sich auf der Decke vor dem Kamin wiederfand und Rick sie auf seinen Schoß hob. Sie hörte sich aufschreien, als er in sie eindrang, aber es war die Stimme einer anderen, einer Frau, die sie bisher nicht gekannt hatte. Sie versank in seinen Augen, ein funkelndes blaues Meer im Feuerschein. Jeremias Rimbar, die Toten und Vermissten, alle waren vergessen. Sie folgte Ricks Bewegungen, ließ sich von ihm behutsam aufrichten. Seine Hände strichen über ihren Bauch, berührten das winzige runde Muttermal neben ihrem Nabel und massierten ihre Lenden. Ihr Körper ließ sich beugen, wie es ihm gefiel. Ein Vulkan tobte in ihr, der sein Feuer durch einen engen Schlund trieb, immer stärker antrieb und nach oben katapultierte. Die Schatten der Toten tanzten durch den Raum und trugen sie beide über die Schwelle ihres Reiches in ein Land, in dem nur der Augenblick zählt.

29
    Im ersten Morgengrauen hob Jeremias wieder mit der Cessna ab. Der Brand war inzwischen gelöscht, der Rauch hatte sich verzogen. Georg Denningers Hof existierte nicht mehr. Das Holz war verkohlt, die Asche vermischte sich mit dem Erdboden, und schwarze Pfade zogen sich durch den Sand. Das geborstene Glas funkelte in der Morgensonne: Der Bauplatz für sein Prestigeobjekt, das Fünf-Sterne-Wellnesshotel, war geebnet. Die Feuerwehr hatte das Gelände rund um den Brandherd für die nächsten vierundzwanzig Stunden abgesperrt, die Sperrung galt auch für das angrenzende Wald-und-Berg-Gebiet. Die Verantwortlichen wollten sichergehen, dass der Funkenflug kein neues Feuer entfachte. Das Vorgehen kam ihm äußerst gelegen. So ging er kein Risiko ein, von neugierigen Wanderern gesehen zu werden.
    Er zog das Flugzeug weiter nach oben, flog eine Weile im Schatten der Berge, stieg höher, direkt ins Sonnenlicht. Die gleißende Helligkeit schien alle Konturen aufzulösen, alles war nur noch reine Energie, und für einen Augenblick war er ein Teil von ihr. Welch ein göttliches Erlebnis. Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, flog er mit der Sonne im Rücken über die kahlen Gipfel hinweg. Hielten sich die beiden hier oben versteckt, dann hatten sie die Nacht mit Sicherheit in der Schutzhütte verbracht. Er wusste, dass Rick in den letzten Jahren hin und wieder dort oben gewesen war. Er hatte nie den Fehler begangen, ihn ganz aus den Augen zu verlieren. Als er das Plateau mit seinem Fernglas absuchte und Rick vor der Hütte auf einem Felsen entdeckte, musste er nicht länger überlegen, was zu tun war. Es sah so aus, als läge er mit seiner Vermutung richtig. Rick hatte ihn auf dem Denningerhof beobachtet und war in die Berge geflüchtet. Auch wenn er Christine Weingard erst einmal nirgendwo sehen konnte, war er sicher, dass sie bei ihm war. Jeremias drehte ab, ließ die Cessna in den Schatten der Berge zurücksinken und steuerte eine Hochwiese an, die nur etwa hundert Meter unterhalb der Schutzhütte lag.
    Ein Adler breitete seine Schwingen aus, erhob sich in die Luft und segelte über das Tal hinweg. Rick schaute ihm nach, hätte gern gesehen, was der Vogel sah, und gewusst, ob das Feuer im Tal gelöscht war oder noch im Verborgenen wütete. Seit Langem empfand er wieder eine tiefe Zuneigung zu der Landschaft

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