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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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hochzog, um die Wunde zu inspizieren. Sie sah hässlich aus: Mit der hölzernen Spitze hatte er einen Teil des Batiststoffs mit ins Fleisch getrieben. Sie versuchte, den Schmerz zu ignorieren, den es ihr bereitete, die Fasern aus dem blutigen Loch zu ziehen. Zum Glück schienen die Stoffschichten einiges abgehalten zu haben. Die Wunde war weniger tief, als sie befürchtet hatte. Dorothea riss einen weiteren Volant ab und verband sich provisorisch. Wenn sie Glück hatte und es sich nicht entzündete, würde nur eine kleine Narbe zurückbleiben. Wenn sie Glück hatte und das hier überlebte, berichtigte sie sich selbst. Sie setzte sich auf die Fersen zurück und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Selbst wenn Heather es bis nach Eden-House geschafft und dort Alarm geschlagen hätte, dort befanden sich derzeit nur Karl, Koar und der Stallbursche John. Koar war der Einzige, dem sie zugetraut hätte, sie hier in dem Versteck aufzustöbern. Aber wäre er auch imstande, es mit diesem Verrückten aufzunehmen?
    Wahrscheinlicher war, dass sie Hilfe in Adelaide holen würden. Es würde also mindestens vier Tage dauern. Vier Tage, in denen alles Mögliche passieren konnte. Sie wollte sich gar nicht allzu genau ausmalen, was. In unmittelbarer Lebensgefahr schien sie nicht zu schweben. Das Wichtigste war jetzt, herauszufinden, was er vorhatte. Erst dann konnte sie einen Fluchtplan schmieden. Dazu musste sie ihn jedoch zum Reden bringen.
    Das erwies sich als gar nicht so schwierig.
    » Darf ich dich etwas fragen?«, flüsterte sie demütig, als sie die sorgsam von allen Seiten gerösteten Fleischstreifen auf einem Rindentablett vor ihn hinstellte. Der Skelettmann nickte.
    » Du sprichst unsere Sprache sehr gut. Woher kommt das?«
    » Bis ich ihn tötete, war ich der Haussklave eines Weißen auf der Känguruinsel«, erwiderte er so unbewegt, als berichte er von einem Schulbesuch. » Er hatte meine Mutter und mich entführt, und als sie starb, erwartete er, dass ich ihren Platz einnahm. Er war zu faul, sich eine neue Frau zu holen. Ich war noch zu klein und hatte nicht genug Kraft, um mich zu wehren. Später, als ich merkte, dass ich stark genug war, schnitzte ich mir ein Waddie und erschlug ihn, während er schlief.«
    Sprachlos vor Entsetzen starrte Dorothea ihn an.
    » Dann nahm ich sein Boot und ruderte an Land.« Mit seinen weißen, kräftigen Zähnen riss er einen großen Bissen aus dem Fleisch und kaute ihn in aller Ruhe, bevor er hinzufügte: » Damals habe ich mir geschworen, einen Zauber zu finden, der die Weißen dorthin zurücktreibt, wo sie hergekommen sind.«
    Worüber sollte sie schockierter sein? Über den kaltblütigen Mord oder über den menschlichen Abschaum, der nicht davor zurückschreckte, ein Kind zu missbrauchen? In Dorotheas Kopf vermengten sich Gut und Böse, richtig und falsch, bis sie völlig orientierungslos war.
    Der Mann hatte ihr eine Ecke ganz hinten in der Höhle zugewiesen, während er sich mit überkreuzten Beinen an der Felswand neben dem Feuer niederließ. Die Waffen griffbereit neben sich, in seinen Opossumfellmantel gehüllt, schien er augenblicklich in tiefen Schlaf zu sinken.
    Auf dem blanken Boden, ohne Decke oder Kissen, hatte Dorothea sich, so gut es ging, zusammengerollt und versuchte, das Knurren ihres Magens zu ignorieren. Es war lächerlich, dass sie bei all dem Hunger verspüren konnte! Aber sie tat es. Der Duft des gebratenen Fleisches quälte sie so, dass sie es sogar einmal wagte, sich so leise wie möglich an die Reste auf dem Rindentablett heranzupirschen. Ein gut gezielter Speerwurf, der ihre bereits ausgestreckte Hand nur um Haaresbreite verfehlte, ließ sie zurückzucken. Er hatte nicht einmal die Augen geöffnet. Sie kroch auf allen vieren zurück in ihre Ecke und sank schließlich doch in eine Art Erschöpfungsschlaf.
    Geweckt wurde sie im Morgengrauen von einem kräftigen Tritt und dem Befehl: » Wasser holen, aber marsch!« Neben ihr klatschten zwei der aus Opossumhaut gefertigten Wassersäcke auf den Boden. Sie rappelte sich auf, wischte sich den Schlaf aus den Augen und folgte ihrem Entführer hinaus. Der tote Wallach war über Nacht merklich weniger geworden. Ausgehend von der aufgeschnittenen Flanke hatten sich zahlreiche kleine Raubtiere ihren Weg zu den Innereien gebohrt. Halb heraushängende Darmschlingen zeigten, worauf sie aus gewesen waren. Ein überwältigender Gestank stieg von dem in Verwesung übergehenden Tierkadaver auf. Ohne irgendwelche Anzeichen von

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