Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
mich ihnen denn verständlich machen?«
Teichelmann lächelte beruhigend. » Sie können doch Englisch. Das Gouvernement möchte sowieso, dass der Unterricht verstärkt auf Englisch gehalten wird. Man ist zu der Ansicht gelangt, dass es nicht sinnvoll sei, ihnen Lesen und Schreiben in einer Sprache beizubringen, in der sie diese Fertigkeiten aller Wahrscheinlichkeit nach niemals anwenden werden.«
» Das finde ich sehr vernünftig«, mischte sich überraschend Auguste Schumann ein. » Um in Australien bestehen zu können, muss man der englischen Sprache mächtig sein. Alles ist doch auf Englisch: die Gesetze, die Zeitungen, der Handel. Ein einheimischer Dialekt, so schön und ehrwürdig er auch sein mag, hilft einem keinen Schritt weiter.«
Dorothea erinnerte sich, wie ihre Mutter darüber geschimpft hatte, dass sie gezwungen sein würde, ihre Muttersprache zugunsten der englischen Sprache aufzugeben. Dass sie jetzt so entschieden dafür sprach, wunderte sie. Ob es damit zusammenhing, dass die Finanzen der Familie ziemlich angespannt waren und ein zusätzliches Einkommen ihr daher sehr willkommen war?
» Ich will das nicht für dich entscheiden, August. Du bist inzwischen alt genug, das selber zu tun«, sagte Vater Schumann leise. » Was meinst du dazu?«
August errötete vor Verlegenheit und warf Dorothea einen hilfesuchenden Blick zu. » Meine Schwester ist viel begabter als ich. Sie hat auf dem Schiff einem Jungen Lesen und Schreiben beigebracht. Kann sie nicht an meiner Stelle Lehrerin sein?«
» Unmöglich.« Teichelmann schüttelte heftig den Kopf. » Die Eingeborenen betrachten Frauen als inferiore Wesen. In ihren Augen wäre es eine Beleidigung, und sie würden sofort alle Kinder aus der Schule nehmen.«
» Ich bin sicher, dass August der Aufgabe mehr als gewachsen ist«, sagte Dorothea mit Entschiedenheit, wobei sie versuchte, ihrem Bruder mit den Augen zu signalisieren, sich gefälligst nicht so zu zieren. » Du bist viel zu bescheiden, Lieber!« Dreiunddreißig englische Pfund waren ja wohl ein gutes Argument.
» Wenn ihr meint, dass ich es kann…«
» Dann betrachte ich es als abgemacht.« Teichelmann streckte August die Hand entgegen. » Gratulation, Herr Hilfslehrer Schumann!«
Lange hielt er sich nicht mehr auf, bevor er sich verabschiedete. Draußen wurde er sofort von den Eingeborenen umringt und plauderte angeregt in ihrer Sprache mit ihnen, ehe er Richtung Adelaide verschwand.
» Was für ein ungewöhnlicher Mensch«, sagte August und sah ihm vom Fenster aus nach. » Er scheint sich glänzend mit ihnen zu verstehen.«
» Das tut er«, bestätigte sein Vater. » Es gibt wohl kaum jemanden, der ihre Sprache besser beherrscht oder mehr über ihre Mythen und Sagen wüsste. Er und Kollege Schürmann haben bereits eine Grammatik und Vokabelsammlung der Kaurna-Sprache veröffentlicht. Nur schade, dass die Eingeborenen so gar keine Bereitschaft zeigen, die Errungenschaften der Zivilisation anzunehmen! Teichelmann hatte große Hoffnungen auf eine Musterfarm gesetzt. Aber sie wollen einfach keinen Ackerbau betreiben. Lieber streifen sie durch den Busch und sammeln, was sie an Essbarem finden.«
» Das ganze Jahr über? Auch im Winter?« Dorothea grauste es bei der Vorstellung.
» Die Winter sind hier nicht wie in Deutschland«, sagte ihr Vater. » Es friert so gut wie nie. Hauptsächlich regnet es, und der Wind kann ziemlich unangenehm werden. Deshalb ziehen sie dann in die Bergregionen und bauen dort etwas festere Hütten. Im Frühling kommen sie dann wieder hier in die Ebene und an die Küste zurück.«
» Die Missionsschüler auch?«
Theodor Schumann lächelte ein wenig traurig. » Eigentlich sollten sie das ganze Jahr über hier sein. Aber das tun die wenigsten. Wenn ihre Familien in der Nähe kampieren, zieht es sie hinaus. Manche kommen wieder, manche nicht. Das unstete Wanderleben liegt ihnen wohl im Blut.« Er erhob sich und klopfte August auf die Schulter. » Komm mit, mein Sohn, damit ich dich deinen zukünftigen Schülern vorstelle!«
Die folgenden Tage waren angefüllt mit häuslichen Verrichtungen. Ihre Mutter bestand darauf, sämtliches Leinen auf den Wiesen hinter dem Haus auszulegen. Die lange Lagerzeit im Unterdeck war ihm nicht gut bekommen. Immer wieder mussten sie es mit Sodalauge besprengen, bis die Stockflecken ausblichen.
Der Tischler und seine Gesellen gingen ständig ein und aus. Zudem hatte ihre Mutter eine Näherin kommen lassen, die ihnen helfen sollte, die
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