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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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darauf begann die erste Frau in der Reihe, mit der flachen Hand auf das Fellbündel zu schlagen, das sie auf dem Schoß hielt. Eine nach der anderen nahm den Rhythmus der provisorischen Trommel auf.
    » Worauf schlagen sie?«, wollte Karl wissen.
    » Auf ihre Umhänge.« Menge verzog spöttisch das Gesicht. » Natürlich geht das nur bei den traditionellen Umhängen aus Opossumfell. Mrs. Gawlers löchrige Decken, die sie ihr zuliebe angelegt haben, taugen nicht dafür. Sie sehen nicht nur armselig aus– sie sind es auch.« Er zeigte auf den alten Weißhaarigen: » Der dort trägt als Einziger noch die traditionelle Tracht. Bei Männern bleiben der rechte Arm und die Schulter frei, damit sie beim Werfen nicht behindert werden. Tagsüber wird er mit einem Gürtel in der Taille gebunden, und nachts dient er als Bettdecke. Normalerweise gehen sie jetzt im Sommer sowieso nackt, aber das würde Mrs. Gawler in Sichtweite der Residenz nicht dulden.«
    Dieselbe Frau, die den Trommelrhythmus vorgegeben hatte, fing zu singen an. Eine ziemlich eintönige Melodie, fand Dorothea, ohne Höhen und Tiefen. Ihre klare Altstimme schien immerzu die gleichen Worte zu wiederholen. Hier und da setzte sie aus, und dann fielen die anderen wie ein Chor ein.
    Nahezu unmerklich steigerte sich das Tempo. Auf ein einstimmiges » Waugh« hin begannen die Männer, die ihnen bisher reglos gegenübergestanden hatten, mit den Füßen aufzustampfen und ihre Büschel zu schütteln. Es sah so lustig aus, dass Dorothea fast in Gelächter ausgebrochen wäre. Plötzlich stürmte eine weitere Männergruppe aus ihrem Versteck im Gebüsch auf den Platz. Mit sich trugen sie eine Art ausgestopfte Puppe aus Känguruhaut mit der Fellseite nach innen. Die Leerseite war über und über mit kleinen weißen Kreisen bemalt. Statt eines Kopfes ragte ein Stock mit einem besonders großen Federtuff in die Höhe. Die Arme und Hände wurden durch ebensolche Stöcke und rot gefärbte Federbüschel repräsentiert. Aus der Mitte ragte ein kürzerer Stock, verziert mit einem dicken Ende aus Gras und buntem Stoff.
    » Was soll denn das?«, fragte jemand aus dem Hintergrund. » Soll das ein Tier oder einen Menschen darstellen?«
    » Ich bin mir nicht ganz sicher. Tänze werden ständig neu erfunden und oft von anderen Stämmen übernommen, die deren Bedeutung gar nicht mehr kennen. Es scheint mir eine Art Kängurutanz zu sein. Was meinen Sie, Moorhouse?«
    » Sie dürften mit Ihrer Vermutung recht haben, Professor. Etwas Ähnliches habe ich weiter im Süden gesehen. Aber da ging es um einen Emu.«
    » Die guten Leutchen lieben es doch über alles, zu tanzen und zu singen«, bemerkte Menge eine Spur wehmütig. » Da sind sie wie Kinder. Kein Gedanke an das Morgen. Aber irgendwie charmant. Finden Sie nicht, Miss Schumann?«
    Was sollte man darauf erwidern? Dorothea dachte an ihren Vater und Pastor Teichelmann, die so überzeugt davon waren, ihren Zöglingen die nötigen Fähigkeiten vermitteln zu können, um sich in der Welt der Weißen zu behaupten.
    » Glauben Sie, dass man ihnen beibringen kann, wie wir zu leben? Wenn man ihnen Zeit lässt und ihnen dabei hilft?«
    Sie spürte, wie er sie von der Seite her betrachtete. » Nein, das glaube ich nicht«, sagte er endlich so leise, dass sie ihn gerade noch verstand. » Sie sehen es einfach nicht ein, dass sie so leben sollen wie wir. Und wenn man wie ich mit ihnen monatelang durch den Busch gezogen ist, dann sieht man es auch nicht mehr ein.«
    Das konnte Dorothea wiederum nicht verstehen. » Was ist denn so herrlich daran, jede Nacht im Freien zu schlafen? Jede Mahlzeit erst mühsam erjagen oder sammeln zu müssen? Ich finde, unsere Art zu leben ist der ihrigen bei Weitem überlegen.«
    » Ach ja, das gute, preußische Arbeitsethos!« Spott und eine Spur Traurigkeit glitzerten in seinen Augen. » Nein, mein Kind, das können Sie natürlich nicht nachfühlen. Dafür müssten Sie die unendliche Freiheit unter diesem fantastischen Sternenhimmel des Südens geschmeckt haben, die Grenzenlosigkeit. Wer davon gekostet hat, der empfindet ein Haus nur noch als Gefängnis, unsere Zivilisation als quälend enges Korsett, das einen hindert, frei zu atmen.«
    Professor Menge begann ihr unheimlich zu werden. War der Mensch wirklich ganz bei Trost? Es mochte ja noch angehen, vom Sternenhimmel hier zu schwärmen. Auch ihr war aufgefallen, dass die Sternbilder anders aussahen und heller zu strahlen schienen als zu Hause. Ein Haus nicht als Schutz,

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