Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
wie eine weiße Frau leben?« Dorothea erinnerte sich gut an den Ausspruch von Professor Menge, dass die Eingeborenen nicht zu zivilisieren seien. Und nun das?
» Jane möchte einen weißen Mann heiraten«, sagte Moorhouse, und sein Gesichtsausdruck signalisierte, dass er es für keine gute Idee hielt. » Nach Kaurna-Sitte sind sie bereits verheiratet. Aber Tim Burton möchte sie auch nach englischem Recht zur Frau nehmen. Mit einer Trauung in der Trinity Church und allem.«
» Wie romantisch!« Auguste Schumann war tief gerührt.
» Ich fürchte eher berechnend, Madam«, erwiderte Moorhouse schmallippig. » Burton ist Schafhirte, und sein Heiratswunsch dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass Jane ein ordentliches Stück Land beanspruchen kann. Sie wissen ja, dass die Regierung einen Teil der vermessenen Gebiete für die Eingeborenen zurückhält. Sie können also jederzeit eine Parzelle einfordern, wenn sie sie bebauen wollen.«
» Sie sind nicht glücklich mit der Sache?« Pastor Schumann musterte sein Gegenüber.
» Nein, das bin ich ganz und gar nicht«, sagte Moorhouse offen. » Aber ich habe keine Handhabe, es zu verbieten. Meiner Meinung nach hätte Jane etwas Besseres verdient, aber es ist nun einmal ihr Wille. Wahrscheinlich war ihr Leben im Harem ihres vorigen Ehemanns auch kein Vergnügen. Die jüngsten Ehefrauen bekommen immer die unangenehmsten Arbeiten zugeteilt.«
» Sie war schon verheiratet?«, platzte Dorothea heraus. » Wie alt ist sie denn?«
» Sechzehn, höchstens siebzehn.«
Mein Gott, sie war jünger als sie! Als sie zum ersten Mal geheiratet hatte, musste sie noch ein Kind gewesen sein.
Moorhouse, dem ihr Entsetzen nicht entging, lächelte schwach. » Ich darf Ihnen versichern, Miss Schumann, dass Jane keineswegs verdorben ist, wie man es nach unseren Maßstäben vermuten würde. Die Eingeborenen verheiraten ihre Töchter sehr früh. Sobald sie ungefähr zwölf oder dreizehn Jahre alt sind, verlassen sie ihren Stamm und ziehen zur Gruppe des Ehemanns.«
» Die armen Dinger!« Mutter Schumann schüttelte empört den Kopf. » Kann der Magistrat nicht dagegen vorgehen? Das ist einfach…« Ihr fehlten sichtlich die passenden Worte, um das auszudrücken, was nicht taktvoll auszudrücken war.
» Sie würden es nicht verstehen. Schließlich sind sie diese ihre Art gewohnt seit Urzeiten. Es wäre ein Kampf gegen Windmühlen.«
» Um auf den eigentlichen Grund Ihres Besuchs zurückzukommen: Verstehe ich Sie richtig? Sie möchten, dass wir sie als Haustochter aufnehmen?«, fragte Pastor Schumann, und Dorothea bewunderte ihn dafür, dass seine Stimme so ruhig klang. » Für wie lange?«
» Ich denke, länger als ein, zwei Monate wird Burton sich nicht gedulden«, sagte Moorhouse bedauernd. » Aber sie ist ausgesprochen aufgeweckt. Ich denke, in dieser Zeit wird sie alles lernen, was nötig ist.«
» Bringen Sie uns das arme Mädchen ruhig her. Wir werden uns gut um sie kümmern«, rief Auguste Schumann mitleidig. » Sie kann bei Dorothea schlafen. Es ist zwar ein bisschen eng, aber es wird schon gehen, nicht, Dorchen?«
In stummer Frage ruhten die Augen von Pastor Schumann und Protector Moorhouse auf ihr. Eingeschüchtert nickte sie. » Natürlich.« Es würde seltsam sein, das Zimmer mit einer so ungewöhnlichen Person zu teilen. Aber hatte sie sich nicht immer gewünscht, interessante Menschen kennenzulernen?
Mit dem zweiten Bett wurde es tatsächlich ziemlich eng. Dorothea tröstete sich damit, dass sie sich jetzt in den Sommermonaten sowieso nicht allzu viel dort aufhalten würden. Bei ihrer Ankunft hatten noch durchaus angenehme Temperaturen geherrscht. Die zauberhaften Frühlingstage hatten sich jedoch nur zu rasch zu trockenen, staubigen Sommertagen gewandelt, an denen einem der Schweiß bereits am Vormittag die Kleidung durchnässte. Dorothea und den Geschwistern machte das weniger aus, aber ihre Mutter litt bei der zunehmenden Schwüle immer häufiger an Kopfschmerzen, die so stark waren, dass sie sie zwangen, das Bett zu hüten.
So spielten Dorothea und Lischen allein auf der Veranda, als Moorhouse vorfuhr. Neben ihm saß ein schlicht gekleidetes, dunkelhäutiges Mädchen mit wachen Augen. » Das muss sie sein«, flüsterte Lischen und starrte mit aufgerissenen Augen auf die beiden Besucher. » Glotz nicht so!« Dorothea stieß ihre kleine Schwester mit dem Fuß an, ehe sie sich anschickte, die beiden angemessen zu begrüßen.
» Es tut mir leid, meine
Weitere Kostenlose Bücher