Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
ist das nicht dieser seltsame Mann, der sich uns selber vorgestellt hat?«
» Wenn es Mr. Masters ist, dann will er vor allem zu mir«, sagte Dorothea, ohne von ihrer Näharbeit aufzusehen. » Wir haben etwas zu besprechen.«
» Was hast du mit einem wildfremden Mann zu besprechen?« August sah sie völlig perplex an. » Du hast mit ihm keine zwei Worte gewechselt!«
Mutter Schumann hatte bereits die Haustür geöffnet und nahm in stoischer Ruhe die Beileidsbekundung entgegen. Sie hörten, wie sie sagte: » Ich bitte, mich zurückziehen zu dürfen. Mir ist nicht ganz wohl. Dorothea ist im Salon. August, hilfst du mir bitte auf mein Zimmer?«
Dorothea warf ihrem Bruder einen warnenden Blick zu und zischte: » Na los, geh schon! Und versuch, nicht ganz so belämmert dreinzuschauen!« Gehorsam tat er wie geheißen, und nach ein paar Worten zwischen den beiden Männern war sie mit ihrem zukünftigen Ehegatten allein.
Von ihrem kurzen Aufeinandertreffen hatte sie ihn als gepflegte Erscheinung in Erinnerung. Tatsächlich war er mehr als das. Bei näherer Betrachtung war nicht zu übersehen, dass die elegant geschnittenen Stiefel aus feinstem Leder gefertigt waren, der Anzug faltenlos den gut proportionierten Körper umspannte. Zwar stützte er sich auf einen Stock mit Silberknauf, aber dennoch wirkte er nicht im Mindesten gebrechlich. Ohne das leichte Hinken hätte man den Stock für ein modisches Accessoire gehalten.
Das leicht gebräunte Gesicht, die Körperspannung, die Vitalität, die er ausstrahlte, ließen vermuten, dass er sich viel im Freien aufhielt. Bei einem Viehzüchter war das ja auch zu erwarten. Sicher war er viel unterwegs…
» Prüfung bestanden?«, murmelte er und verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. Er trat auf sie zu, um ihr ein exquisit gebundenes Bukett aus weißen Rosen, zartrosafarbenen Nelken und silbernen Eukalyptuszweigen zu überreichen. » Miss Schumann, lassen Sie mich mein ehrliches Bedauern darüber ausdrücken, dass ich meine Werbung zu einem so unpassenden Zeitpunkt vortragen muss! Ich bin mir der Tatsache vollkommen bewusst, welch eine Zumutung es für Sie sein muss, sich jetzt mit meinen vergleichsweise lächerlichen Problemen abgeben zu müssen. Umso größer ist meine Dankbarkeit, dass Sie bereit waren, mich zu empfangen. Darf ich das als ein Ja auffassen?«
Dorothea nickte, weil ihr jetzt doch etwas beklommen zumute war. Obwohl sie es in einer langen Nacht geschafft hatte, ihre Zweifel, ob sie richtig handelte, zu zerstreuen, verlangte dieser letzte, endgültige Schritt ihr einiges an Überwindung ab.
» Wie schnell können wir heiraten– Robert?«, fragte sie so forsch, dass sie selber über sich erschrak.
Wenn Masters über die Ungeduld der Braut erstaunt sein sollte, ließ er sich nichts anmerken. » Ich denke, dass ich Reverend Howard überzeugen könnte, das Aufgebot auf ein paar Tage zu beschränken«, erwiderte er gelassen. » Wenn deine Familie keine Einwände erhebt, dass alles so– überhastet– abläuft…«
» Eine Hochzeitsfeier wie die von Jane wäre jetzt sowieso nicht angebracht. Und Miss Kilner hat angedeutet, dass du dringend auf die Hilfe einer Frau angewiesen wärst.«
Seine dunklen Brauen hoben sich. » So, hat sie das? Ich fürchte, die gute, alte Mary ist da etwas über das Ziel hinausgeschossen. Natürlich wäre eine lange Verlobungszeit in meiner augenblicklichen Lage eher unpraktisch; aber so prekär, dass ich meine zukünftige Frau praktisch vor den Altar zerren müsste, ist sie nicht. Auf ein paar Wochen kommt es mir nicht an. Ich möchte nicht, dass du dich überrumpelt fühlst.«
Dorothea fühlte Panik in sich aufsteigen: Eine längere Verlobungszeit würde all ihre raffinierten Planungen über den Haufen werfen. Sie hatte einfach nicht mehr genug Zeit. Sie wusste nicht, ab wann ein Ehemann die Schwangerschaft seiner Frau bemerkte, aber dieser Robert Masters war kein Dummkopf. Wenn sie ihm weismachen wollte, dass ihr Kind von ihm war, musste die Hochzeitsnacht sehr bald stattfinden. Also suchte sie Zuflucht bei dem weiblichen Trick, den sie immer aufs Tiefste verabscheut hatte: Sie griff nach einem Taschentuch und vergrub ihr Gesicht darin. » Es ist so bedrückend hier«, stammelte sie. » Ich schäme mich, es zu sagen, aber als Miss Kilner von einer möglichst raschen Hochzeit sprach, war das ein gewichtiger Grund, deinen Antrag anzunehmen. Bitte, zwing mich nicht, noch lange in diesem Trauerhaus auszuharren!«
Sie musste einen
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