Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
murmelte Masters ironisch. » Aber Miss Kilner ist sicher gerne bereit, die Sache klarzustellen und meine familiäre Notlage als Begründung publik zu machen.«
Noch nicht völlig überzeugt, brachte August keine weiteren Einwände vor. Erst als Masters sich mit einem keuschen Kuss auf Dorotheas Stirn verabschiedet hatte, brach es aus ihm heraus: » Was ist nur in dich gefahren? Wir werden es schon irgendwie schaffen, auch ohne Papa. Wir werden uns einschränken müssen, ja, aber so verzweifelt ist unsere finanzielle Lage nun auch wieder nicht, dass du dich meistbietend verkaufen musst!«
» Halt den Mund!«, fuhr sie ihn an. Ihre Nerven lagen nach einer durchwachten Nacht nahezu blank, und Augusts unerwarteter Widerstand reizte sie bis aufs Blut. » Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich ihn heiraten will?«
» Aber warum? Er ist alt und hat nicht gerade den besten Ruf, um mich vorsichtig auszudrücken. Wieso solltest du ihn heiraten wollen?«
» Er ist reich, und ich mag ihn ganz gern. Ist das nicht genug?«
» Nein, es ist nicht genug!« August packte sie an den Oberarmen, um sie zu zwingen, ihm ins Gesicht zu sehen. » Ich versteh dich nicht mehr. Du hast dich doch immer über diese Frauenzimmer lustig gemacht, die nur darauf aus sind, sich einen reichen Ehemann zu angeln. Und jetzt machst du es selber.«
» Man wird älter und vernünftiger«, gab sie schnippisch zurück und riss sich los. » Kümmere dich gefälligst um deine eigenen Angelegenheiten. Ich weiß schon, was ich tue!«
» Ich hoffe, dass du das wirklich weißt.« Er wandte sich ab und ging verärgert aus dem Zimmer.
9
Nach Dorotheas Ausbruch ging August ihr aus dem Weg. Und obwohl ihre Mutter kein Wort mehr über die Heirat verlor, schien von ihr ein ständiger Vorwurf auszugehen. Karl und Koar nahmen die Eröffnung mit der Gleichgültigkeit Halbwüchsiger entgegen. Einzig Lischen war hellauf begeistert; besonders, als sie erfuhr, dass ihre Schwester bald die Stiefmutter eines kleinen Mädchens sein würde.
So war Dorothea ausgesprochen erleichtert, als der Tag der Trauung anbrach. Robert Masters hatte Wort gehalten: Reverend Howard hatte aus Rücksicht auf die ungewöhnlichen Umstände, vielleicht auch milde gestimmt durch eine großzügige Spende, die Aufgebotszeit auf das absolute Minimum beschränkt. Auch Gouverneur Grey hatte entschieden, dass auf eine Überprüfung der Brautleute verzichtet werden konnte. Schließlich waren sie ihm beide gut bekannt. Er hatte sich sogar als Trauzeuge angeboten. Miss Mary Kilner fungierte als zweite Zeugin. Sie und der Protector waren die ersten Gratulanten nach der nüchternen Zeremonie in der Registratur.
» Ich freue mich so für Sie«, flüsterte Miss Kilner ihr ins Ohr, als sie sie herzlich umarmte. » Ich bin sicher, dass Sie mit Robert sehr, sehr glücklich werden.«
Protector Moorhouse drückte seine Freude etwas zurückhaltender aus, als er dem Brautpaar mit einem freundlichen Lächeln die Hände schüttelte und dabei meinte, es sei doch manchmal erstaunlich, wie sich manche Dinge zum Guten wandten.
Moorhouse und seine Verlobte begleiteten das frischgebackene Ehepaar anschließend auch zur kirchlichen Trauung in der Holy Trinity Church, wo Familie Schumann wartete. Gouverneur Grey entschuldigte sich mit häuslichen Verpflichtungen. » Der arme Mann ist wirklich geschlagen!«, bemerkte Miss Kilner mitleidig, als sie die North Terrace entlanggingen. » Erst stirbt sein kleiner Sohn, und jetzt kränkelt seine Frau. Kein Wunder, dass er manchmal etwas harsch reagiert.«
Außer einigen Neugierigen, die sich in die hinteren Bänke drückten, um einen Blick auf den verruchten Viehzüchter und seine neue Ehefrau zu werfen, waren keine Besucher anwesend. Dorothea sah scheu zur vordersten Bank, auf der ihre Familie aufgereiht saß. Ihre Mutter, auffallend blass unter der schwarzen Witwenhaube, blickte starr geradeaus, als ginge sie das alles nichts mehr an. August neben ihr zerrte immer wieder an seinem Halstuch. Auch Karl und Koar wirkten nicht so glücklich, wie man es von Hochzeitsgästen erwarten durfte. Karl hatte ihr am Tag zuvor heftige Vorwürfe gemacht, dass sie ihre Familie im Stich ließe. Das hatte sie tief getroffen. » Jetzt, wo Papa tot ist, müssten wir umso mehr zusammenhalten«, hatte er mit Bitterkeit in der Stimme gesagt. » Du kennst August so gut wie ich: Glaubst du, er ist der Halt, den Mama jetzt bräuchte? Und was tust du? Du heiratest einen Geldsack und verschwindest.
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