Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
sein Mund zu einem schiefen Grinsen. Er wusste genau, dass er das jämmerliche Leben jedes Einzelnen von ihnen mit so lachhafter Leichtigkeit auslöschen konnte, dass es kaum der Mühe wert wäre. Als würde er eine Kerze auspusten. Pfff. Und schon gab es kein Licht mehr.
Sie konnten für die unsterbliche Seele von Kendra Wilcox beten, so viel sie wollten, das würde an ihrem Schicksal nichts mehr ändern. Oder sie zurückbringen. Malcolm hatte dafür gesorgt, dass kaum noch etwas von ihr übrig war, das sie beerdigen konnten.
Tiefe Befriedigung wärmte seine Brust, als er daran dachte.
Diese brünette Schlampe war so viel besser gewesen als die dreckigen Tiere, von denen er sich seit seiner Rückkehr ernähren musste. Sie war nicht nur leckerer gewesen, er hatte ihr auch den „Blutfick“ angedeihen lassen können, was schon immer Malcolms liebste Art war, den Hunger zu stillen. Und wie sie sich gewehrt hatte, das machte es nur um so befriedigender.
Es war eine Ewigkeit her, dass er zum letzten Mal richtig zum Zuge gekommen war. Er hatte fast schon vergessen, wie viel Macht einem das verlieh. Dieser grandiose, atemberaubende Moment, wenn seiner Beute endlich ein Licht aufging. Wenn ihr klar wurde, dass sie dem Tod ins Angesicht blickte und er dieses plötzliche Entsetzen genauso genoss wie das Fleisch. Das reine Vergnügen, wenn sie nicht aufgeben wollten, konnte einen geradezu süchtig machen.
Und Kendra hatte hart um ihr Leben gekämpft.
Trotzdem reichte das noch nicht. Trotzdem hatte er noch nicht genug Macht erlangt, um seinen Bruder durch jene metaphysische Schranke führen zu können, hinter der Wesen seiner Art in einem Gefängnis saßen, das sie den Meridian nannten. Heraus aus einer Hölle, in der seine Leute seit Jahrhunderten eingesperrt waren, während ihre Feinde es sich auf der Erde gut gehen ließen.
Erst jetzt hatten sie wieder Hoffnung. Und nur Anthony Calder konnte ihnen diese Hoffnung geben. Calder war der erste ihrer Art, der unter den gefangenen Casus Ordnung schaffen konnte. Er hatte einen geheimnisvollen Weg entdeckt, einen Casus durch das Tor und zurück in diese irdischen Gefilde zu schleusen. Für Calder und seine Anhänger war das ein schwieriger und auslaugender Vorgang, und obwohl es ernste Zweifel an der Durchführbarkeit gegeben hatte, war Malcolm regelrecht in Ekstase geraten, als Calder seinen Antrag akzeptierte, der Erste zu sein.
Aber seine Freiheit war nicht viel wert, solange er sie nicht mit seinem Bruder Gregory teilen konnte. Obwohl Calder irgendwann versuchen könnte, auch andere durch das Tor zu schleusen, würde die Wahl niemals auf Gregory fallen. Man hielt seinen Bruder für zu unbeständig – er wäre ein zu großes Risiko –, und daher lag es an Malcolm, ihn freizubekommen.
Man hatte ihm gesagt, wenn er erst genug Macht erlangt hätte, müsste es ihm möglich sein, Gregory aus den Tiefen des Meridian herauszureißen. Kendras Ermordung war eine Inspiration und ein Genuss gewesen, aber dass sie als Kraftnahrung nicht ausreichte, hatte ihn nicht sonderlich überrascht. Schließlich hatte Calder ihn gewarnt, dass dazu höchstwahrscheinlich ein Merrick vonnöten wäre.
Und deshalb musste er Buchanan kriegen. Letzte Nacht hätte Malcolm ihn ohne große Anstrengung erledigen können, aber offenkundig war der Spinner noch zu grün hinter den Ohren. Zwar hatte es Spaß gemacht, ihm eine Heidenangst einzujagen, aber solange er nicht vollständig wieder erwachte, war es sinnlos, sich von ihm ernähren zu wollen. Nicht einmal diesen ersten Talisman, den Malcolm in Calders Auftrag finden sollte, hatte er dabei gehabt – und der Talisman war das Einzige, was er gegen Gregorys Freiheit austauschen könnte, falls Calders Theorie sich als falsch erweisen sollte.
Die Ungeduld setzte ihm zu, aber er musste sich zusammennehmen und Zurückhaltung an den Tag legen. Ein unübliches Verhalten für seine Art, aber Malcolm wusste, dass Gregorys Freiheit sehr wohl von seinem Erfolg abhängen könnte, und die Regeln waren ganz einfach. Wenn er den Bastard zu früh umbrachte, würde ihm das nicht genug Macht verschaffen. Für die volle Dosis musste der Merrick, der in Buchanan lebte, zum Zeitpunkt seines Todes bei voller Kraft sein.
Malcolm steckte die Hände in die Hosentasche, atmete tief durch und schüttelte seine Frustration ab.
Ja, er konnte warten. Der Preis für seine Geduld war es wert. In der Zwischenzeit konnte er sich jederzeit mit der hiesigen Beute amüsieren. Zwar
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