Wenn der Hunger erwacht (German Edition)
aus dem Bett steigen wollte, fiel ihr Blick auf den atemberaubend schönen Körper von Ian Buchanan, der mit dem Gesicht nach unten auf dem französischen Bett lag, das neben dem ihren stand. Sofort stach ihr die verschlungene Tätowierung zwischen seinen Schulterblättern ins Auge. Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt und mit den Fingerspitzen darübergestrichen – sie war merkwürdig sicher, dass dieses Tattoo sich ganz warm anfühlte, pulsierend vor seltsamer, verborgener Macht –, aber sie widerstand dem Drang, hauptsächlich aus Selbstschutz. Denn bei der ersten Berührung würde es gewiss nicht bleiben. Er war einfach zu schön, die Schultern schimmerten dunkel über dem weißen Bettzeug, die Decke war tief heruntergerutscht, seine mächtigen Arme umklammerten das Kopfkissen und verbargen sein Gesicht teilweise, die dichten Wimpern lagen wie Tuschestriche auf seiner Wange, und er schlief wie ein Toter.
Was sie ihm nicht vorwerfen konnte. Er hatte in den letzten Tagen kaum schlafen können, und der Kampf mit dem Casus hatte ihn offensichtlich ebenso mitgenommen wie sein innerer Kampf gegen den Merrick in ihm.
Nach seiner erstaunlichen Erklärung, dass er sie von nun an beschützen wolle, waren sie in stummer Übereinkunft erschöpft ins Bett gefallen. Ian war mit dem Tuch um die Hüften unter die Decke gekrochen; dann hatte er das Tuch abgestreift und über den Bettpfosten geschmissen, und Molly spürte echtes Bedauern, dass sie ihn nicht nackt zu sehen bekam … gleichzeitig aber auch durchdringende Erleichterung, dass ihr diese Art Versuchung erspart blieb. Er hatte sich noch ihr Handy ausgeliehen, um schnell seinem Bruder Riley eine Nachricht zu hinterlassen: Es hätte sich was ergeben, er würde sich sobald wie möglich mit ihm in Verbindung setzen, und Riley sollte um Himmels willen vorsichtig sein. Dann hatte sie das Licht ausgemacht und war in ihr eigenes Bett gekrochen. Da lag sie dann lange Zeit, lauschte Ians regelmäßigem Atem und dem hypnotischen Rhythmus des Regens, der aufs Dach prasselte, und fragte sich, ob sie erneut einen gemeinsamen Traum haben würden … und was der nächste Tag wohl bringen mochte.
Und nun, da sie Elaines neuste Anweisungen erhalten hatte, konnte sie nur noch spekulieren, wie kooperativ er sich wohl verhalten würde.
Sie stand immer noch neben der Spüle in der kleinen Küche, als er endlich auftauchte. Er trug nur seine dreckige Jeans, die beiden obersten Knöpfe waren auf und ließen einen dunklen Schatten sehen, der ihren Blick magisch anzog. Sein Oberkörper war nackt, die Haut schimmerte bronzefarben in dem diffusen Licht, das aus dem Schlafzimmer in die Küche drang.
„Kaffee?“, fragte sie etwas heiser, als sie bemerkte, dass seine Stoppeln über Nacht gewachsen waren, seine Wangen verdunkelten, was die magische Farbe seiner Augen betonte. Er nickte und ließ sich auf einen der Stühle sinken. Die Schnittwunden auf seinem Arm und Brustkasten waren erstaunlich schnell geheilt. Molly goss ihm eine Tasse ein, griff nach der Zigarettenschachtel und den Streichhölzern und brachte alles zum Tisch, auf dem bereits ein Aschenbecher stand.
„Wo kommen die denn her?“, murmelte er, seine Stimme klang noch schläfrig, tief und kratzig, und unglaublich erotisch.
„Keine Sorge. Ich habe das Zimmer nicht verlassen.“ Sie lächelte ein bisschen, setzte sich ihm gegenüber und strich sich eine widerspenstige Locke hinters Ohr. Ihr Gesicht war frisch und rosig, und sie ließ ihr Haar an der Luft trocknen, was ihren verdammten Locken aber eigenes Leben zu verschaffen schien. „Ich habe den Empfang angerufen und gebeten, sie draußen vor die Tür zu legen und auf meine Rechnung zu schreiben.“
„Das war aber schrecklich nett von dir“, meinte er, es klang beinahe ein bisschen höhnisch. Er griff nach der Schachtel und riss die Plastikhülle auf. Sein Tonfall wirkte ziemlich ernüchternd auf Molly.
Ups. Vielleicht ist er morgens einfach miesepetrig …
Er steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, senkte den Kopf, um sie anzuzünden, und nahm sofort einen tiefen Zug, während ihr der Rauch in der Nase brannte. Ein genussvolles Stöhnen vibrierte in seiner Kehle, und trotz ihres leichten Unbehagens zuckten Mollys Mundwinkel. „So eine ungesunde Angewohnheit sollte ich eigentlich nicht auch noch unterstützen, aber ich dachte mir, wenn du aufwachst, brauchst du bestimmt ganz dringend eine Zigarette.“
„Das kannst du laut sagen.“ Er stieß
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