Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
bekommt zu lernen – eine völlig widernatürliche Manipulation!
Hilft dies alles nichts, können auch ganze Speicherkarten mit Lernstoff in das Gehirn integriert werden. Heißt es heute noch auf dem Schulhof: «Ich hab jetzt Englisch. Boah, voll langweilig, wir machen grad Globalisierung», wird dann zu hören sein: «Ich bekomme gleich meinen Wortschatz-Chip Wirtschaftsenglisch implantiert.» Welch paradiesische Zukunftsvision! Nie wieder könnte ein Schüler mit der Ausrede, er habe die Vokabeln leider nicht lernen können, weil er sein Vokabelheft in der Schule vergessen habe, die Nerven seiner Lehrer belasten.
Im Krankheitsfall könnten Roboter die Lehrer vertreten, so ginge keine wertvolle Lernzeit verloren. Natürlich müssten es sehr wirklichkeitsnahe Roboter sein, mit allen Eigenschaften, die ein Lehrer im Alltag so braucht: Schülerhass, Selbstverliebtheit und Schizophrenie.
Diese Roboterlehrer hätten den entscheidenden Vorteil, dass sie neben dem Unterrichten auch noch gleichzeitig Fenster putzen und das Mensaessen kochen könnten. So spart man die Reinigungskräfte und versorgt die gesamte Schülerschaft mit einer warmen Mahlzeit am Tag. Jeder Finanzpolitiker bekommt wahrscheinlich angesichts dieses Szenarios feuchte Augen vor Rührung: Wie viel Geld für Personal man da einsparen könnte! Und wie gut sich solche technischen Neuerungen in der Öffentlichkeit als bedeutender Fortschritt verkaufen ließen!
Wozu dann überhaupt noch zur Schule gehen? Jeder bekommt einen eigenen Lernroboter, und dann wird zu Hause gelernt. Soziales Miteinander? Welch ein Quatsch, man trifft ja eh überall nur noch auf Computer.
Und am Ende dieser Hundert-Prozent-Technisierung stuft ein Computerprogramm die Menschheit als rückständig und unmodern ein und verfügt selbständig deren Abschaffung. Daraufhin werden alle Menschen komplett digitalisiert, per Mausklick in den Papierkorb verschoben und endgültig gelöscht. Steuerung-Alt-Entfernen, Task beenden. Herunterfahren. Aus.
Autogenes Recherchieren
Die einfachste Form, moderne Technik im Unterricht zu nutzen, ist die Internetrecherche mit anschließender Präsentation. Man denke sich mehrere Aufgaben aus, verteile diese auf verschiedene Gruppen, setze ein Zeitlimit und schicke die Schüler an die PCs. Anschließend kann sich der Lehrer einen Kaffee machen oder nach Hause gehen, denn die Schüler sind ja beschäftigt oder tun zumindest so, als hätten sie etwas zu erledigen. Als geübte Internetnutzer hatten wir schnell die Wikipedia-Seite zu unserem Thema aufgerufen und die Informationen herauskopiert. Die wichtigsten Worte waren meist ja schon markiert, und für einen mündlichen Vortrag in der Klasse reichte dies immer aus. Zwar stellten viele Lehrer die Bedingung, dass man Wikipedia nicht benutzen dürfe, aber dann nahm man halt den Text aus Wikipedia, googelte die wichtigsten Stichworte noch einmal und schrieb sich die dann angezeigten Internetseiten als Quellen auf. Schon war der getarnte Wikipedia-Artikel im Unterricht verwendbar geworden. Kein Lehrer bemerkte das, wahrscheinlich, weil auch kein Lehrer Interesse an einer Auseinandersetzung hatte. Jede Lehrperson weiß, dass sie mitunter noch Wochen und Jahre in der Schule aushalten muss, und da heißt es Energie sparen, möglichst viel Arbeit auf die Schüler abwälzen und die Schulstunden nutzen, um sich vom Rest des Lebens zu erholen.
Wir verbrachten derweil die Recherchezeit mit kleinen Online-Spielen. Als diese Internetseiten im Rahmen einer allgemeinen Sicherung des Schulnetzes gesperrt wurden, surften wir halt einfach so ein bisschen herum oder langweilten uns.
Es hatte schon etwas von autogenem Training, wie wir da vor unseren Computern saßen. Unsere Augen wurden müde und schwer. Die Arme wurden müde und schwer, und es hätte nur noch gefehlt, dass uns jemand eine Phantasiereise vorlas.
Fazit: Wir hätten nie so viel Zeit gebraucht, wie die Lehrer uns eingeräumt haben. Klar, der Lehrer hatte noch die Zeit zum Absprechen in der Gruppe und zum Vorbereiten des eigentlichen Vortrags mit eingerechnet, aber das machten wir alle mehr oder weniger spontan. Wozu anstrengen, wenn die Lösungen oft schon im Internet stehen?
Dabei hätten uns die Lehrer durch einen einzigen kleinen Trick ans Arbeiten bekommen können: Sie hätten uns nicht zur Recherche an die Computer, sondern in die Bibliothek schicken müssen. Aber das haben sie sich nicht getraut. Wahrscheinlich vermuteten sie, dass wir mit einer
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