Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
befindet sich ein mittlerweile braun und kraftlos herunterhängendes Etwas. Er hätte sie wohl doch schon vor drei Wochen gießen müssen. «So ein Scheiß!», ruft er laut und verschüttet vor lauter Ärger den Inhalt der Gießkanne über seinem Schreibtisch und damit über alle darauf befindlichen Papiere und Bücher.
Die müssten jetzt ja erst mal trocknen, also geht er los, um einen Bleistift zu kaufen, damit er wenigstens einen Punkt von der Liste abhaken kann. Als er mit dem Bleistift zurückkommt, ist es bereits halb sieben. Er streicht den soeben erledigten Punkt von der Liste und setzt sich hin, um mit den Hausaufgaben zu beginnen. Da fällt ihm eine in der Schule gepredigte Arbeitsmethode ein, die empfiehlt, zu Erledigendes nach Themen und Prioritäten zu ordnen. Er zieht also ein neues Papier aus der Schublade und schreibt eine zweite Liste. Ob er die am nächsten Tag in der Schule als Hausaufgabenersatz einreichen kann? Er hat den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da ruft seine Mutter zum Abendbrot.
Danach bleibt er an einer Quizshow hängen und verdrängt die anstehenden Hausaufgaben mit dem durchaus schlüssigen Argument, dass man auch mal eine Pause von der ganzen anstrengenden Arbeit braucht. Nach der Quizshow schaut er die Nachrichten und eine Dokumentation über Menschen, die ihre Wohnung zumüllen. Wie können Menschen das Aufräumen einer Wohnung immer wieder vor sich herschieben? Man muss doch einfach nur anfangen!
Um halb zwölf beschließt der Schüler, er könne die Hausaufgaben auch noch am nächsten Morgen vor der Schule machen, und geht ins Bett. Welch anstrengender Tag!
Und was bekommt man dann von seinen Lehrern zu hören, wenn der Aufsatz über Karl den Großen, den man eigentlich schreiben sollte, recht, nun ja, knapp ausgefallen ist? «Du musst dir die Zeit einteilen, sonst kommst du zu nichts und stirbst dumm», «Du machst das ja nicht für mich, sondern für dein Leben» oder: «Hausaufgaben sind wichtig für den Lernfortschritt.»
Aber wenn ich mir die Zeit einteile, um zu arbeiten, dann hab ich doch gar nichts von dieser Zeit! Und wenn ich das für das Leben mache, dann kann mir doch der Lernfortschritt egal sein. Wenn ich aber die Hausaufgaben auch nicht für den Lehrer mache und sonst ebenfalls zu nichts komme, dann hab ich ja auch gar nichts, was ich mir einteilen müsste, würde dumm sterben und könnte dann sowieso von keinem Lernfortschritt profitieren.
Das ist mir eindeutig zu kompliziert. Die Schule macht es einem wirklich nicht leicht.
Schulguerilla
Schüler können Lehrern gefährlich werden. Sie provozieren Hörstürze und Burn-out-Syndrome, aber vor allen Dingen Verfolgungswahn. Einige Lehrer entwickeln richtige Paranoia und Angstzustände, parken ihr Auto zwei Straßen von der Schule entfernt, reden nicht über private Themen und würden wohl am liebsten in Verkleidung und unter falschem Namen unterrichten. Hinter jeder schnellen Bewegung eines Schülers wird ein beginnender Amoklauf vermutet, ein harmloser Streich der Schüler als Angriff auf das Lehrpersonal gewertet. Am liebsten wäre es manchen von ihnen, man würde Sicherheitskontrollen wie an US -amerikanischen Flughäfen einführen.
Allein die technischen und finanziellen Mittel fehlen noch, um Ganzkörperuntersuchungen durchführen, Taschen durchleuchten und Nacktscanner installieren zu können. Wäre es möglich, hätten die Lehrer es schon längst umgesetzt. In Zukunft wird es wahrscheinlich auch so sein. Dann betritt man die Schule durch einen langen, stahlverkleideten Gang, der natürlich komplett videoüberwacht ist. Die Schultaschen werden einer Spezialuntersuchung mit Röntgenstrahlen und Drogen- und Sprengstoffhunden unterzogen, die Schüler müssen sich in einem separaten Raum bis auf die Unterwäsche ausziehen und werden von riesenhaften Security-Kolossen auf gefährliche Gegenstände hin untersucht. Dann wird verdächtigen Schülern noch ein Überwachungschip unter die Haut implantiert, um sie jederzeit per GPS orten zu können. Dass alle Lehrkräfte mit Stahlhelm und schusssicherer Weste unterrichten, hinter Panzerglas sitzen und ein Maschinengewehr umgeschnallt haben, muss ich wohl nicht erwähnen.
So weit wird es wohl hoffentlich nicht kommen, aber schon heute sieht so mancher Lehrer die Schüler als Klassenfeind des real existierenden Pädagogismus. Ein antischülistischer Schutzwall wäre der Traum von so manchem Lehrerkader, damit die lehrkraftzersetzenden Elemente der Schüler
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