Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
mit wem? Kaum hatte ich mir diese Fragen gestellt, war der Friedhof auch schon zu Ende, und ich befand mich wieder auf einem Waldweg. Plötzlich sprang ein mannshoher, dunkler Schatten hinter einem Baum hervor und brüllte etwas Unverständliches. Ich wich erschrocken nach links aus, stolperte über eine Wurzel, fiel in das Gebüsch, und weil der Weg an einem Abhang entlangführte, was Herr Löchel leider nicht bedacht hatte, stürzte ich ungefähr fünf Meter tief in ein Dornengestrüpp.
Herr Löchel, der kurz nach meinem Sturz an Ort und Stelle angekommen war, schrie mich an: «Malte, bist du bescheuert?!», bis er dann wohl doch einsah, dass ich nichts dafür konnte, wenn ich im Dunkeln vor Schreck einen Abhang herunterfalle.
Eine halbe Stunde später wurde ich dann von der örtlichen Feuerwehr mit einer Seilwinde aus meiner misslichen Lage befreit, und Herr Löchel entschuldigte sich bei mir für seine Reaktion. Ihm sei der Schreck eben auch in die Glieder gefahren.
Der dunkle Schatten war übrigens unser Herbergsvater, den Herr Löchel zum Mitmachen bei der Nachtwanderung hatte motivieren können. Völlig überflüssig. Vor dem Typen hätte ich mich auch bei strahlend hellem Tageslicht gefürchtet. Aber immerhin hatte ich jetzt etwas zu erzählen, wenn wir am nächsten Tag mit dem Linienbus wieder nach Hause fahren würden. Ja, ja, die gute alte Zeit …
Einmal im Jahr
Wissen Sie, was gemein ist? Gemein ist zum Beispiel, wenn man fremden kleinen Kindern erzählt, sie sollen im Zug, wenn der Schaffner kommt, ganz laut schreien: «Mama, da kommt wieder der Mann, dem wir erzählen müssen, dass ich erst fünf Jahre alt bin, damit ich umsonst mitfahren kann!» Probieren Sie es aus. Der Effekt ist sehr unterhaltsam.
Gemein ist ebenso, den eigenen Kindern beizubringen, dass man an einer Ampel bei Grün stehen bleiben muss und bei Rot gehen darf. Wer das macht, ist vielleicht aber auch schon ein Fall fürs Jugendamt.
Richtig gemein ist es jedoch, wenn man Lehrer an einer Schule ist und beschließt, genau an dem Tag eine unbeliebte Lateinklausur zu schreiben, an dem nun wirklich keiner Bock darauf hat. Richtig, an Karneval. Unsere Lehrer hatten eine Vorliebe dafür, uns am einzigen nicht schulfreien Tag an Karneval den Spaß so richtig zu versauen. Folglich saßen Karneval diverse Engel, Indianer und Harry Potters vor ihren Klassenarbeitsheften und mühten sich mit dem Klausurtext ab. Warum um alles in der Welt muss man ausgerechnet an einem solchen Tag eine Arbeit schreiben?!
Ich finde, das sollte verboten werden. An Karneval passiert an einer Schule normalerweise nämlich eigentlich genau gar nichts, was vernünftigem Unterricht auch nur nahekommt. Die meisten Schüler treffen sich schon vor der ersten Stunde an der Schule, um «vorzuglühen». (Merke: Schüler können durchaus pünktlich sein, sogar überpünktlich, es ist nur eine Frage der Anreize.) Wenn Ihnen der Begriff «vorglühen» bekannt ist, dann dürfen Sie sich stolz zurücklehnen und schon mal einen Schluck aus Ihrer Wodkaflasche nehmen. Sollten Sie ihn noch nie gehört haben, hier eine kurze Erklärung: Mit dem «Vorglühen» der Jugendlichen ist das wie bei den Kerzen am Weihnachtsbaum: Wenn man die Kerzen vorher schon mal anzündet, ist es nachher für das Christkind einfacher, sie zum Leuchten zu bringen. Beim «Vorglühen» heißt der «Entzünder» allerdings nicht Christkind, sondern Alkohol. Wobei nur bei einem von beiden die Existenz eindeutig bewiesen ist. (Bei welchem, dürfen Sie sich aussuchen. Ich will da niemandem seine Illusionen nehmen.)
Natürlich wurde in lustigen Kostümen getrunken. Für mich als eher, sagen wir mal, karnevalsfernen Menschen meist kein großer Spaß. Aber das ist ja das Schöne an Karneval und Alkohol gleichermaßen: Man muss ja nicht mitmachen. Keiner zwingt einen dazu. Man darf auch unverkleidet und nüchtern dabei sein. Karnevalisten und Alkoholtrinkende sind da sehr weltoffen und großherzig. Man wird zwar als Spaßbremse und Volldepp beschimpft, aber davon abgesehen herrscht die pure Toleranz.
Mit der Zeit treffen also immer mehr als Cowboys, Jamaikaner, Agenten oder Fliegenpilze verkleidete Jungs und jede Menge als Bienchen, Spinnen oder Marienkäfer verkleidete Mädchen vor der Schule ein. Warum sich die Mädels an Karneval genau in die Tiere verwandeln, vor denen sie sonst kreischend weglaufen, ist eine Frage, die ich den Psychologen dieser Welt überlasse. Die können sich dann auch gleich mal
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