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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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allerdings bereits wieder bei sich hatte und auf dem Weg zum Tempel war, dann läge es allein an Carver.
    Es gab niemanden, dem sie ihr Leben lieber anvertraut hätte.
    Am Ende des Sees entdeckte sie auf einer Sandbank zwei Einbäume. Sie lud Fischernetze aus einem der Kanus, schnappte sich ein Paddel und stieß sich vom Ufer ab, bis sie durch die Schlucht zum Fluss gelangte. Er ähnelte dem New River, den sie aus ihrer Jugend kannte, allerdings war ihr dieses Gewässer völlig unbekannt – es konnte böse Überraschungen geben.
    Die Strömung fing Caitlyn ein, und sie erinnerte sich wieder an das Mantra aus der Zeit, als der Fluss noch ihr Leben gewesen war . Paddeln, paddeln, paddeln. Solange du immer weiterpaddelst, fällst du nicht hinein .
    Sie fand ihren Rhythmus, wünschte sich dennoch, Carver wäre jetzt bei ihr. Damit sie ein Auge auf ihn haben könnte. Dann kam die erste Stromschnelle und vertrieb alle anderen Gedanken, bis auf den, sich irgendwie über Wasser zu halten.
    Maria lief in der Zelle auf und ab und suchte nach irgendetwas, das sie als Waffe oder Werkzeug verwenden könnte. Das Feldbett war am Boden festgeschraubt. Unter der Matratze fand sie keine Streben oder Metallfedern, sie wurde lediglich von einem Netz aus zusammengeschnürten Bändern getragen. Was vielleicht hilfreich gewesen wäre, wenn sie sich aus einem Fenster im zweiten Stock herablassen müsste. Doch sie konnte nicht ans Fenster gelangen, ohne sich auf etwas stellen zu können, und das Bett war zu weit entfernt.
    Die Tür war massiv, außen mit Scharnieren befestigt, und das Schloss sah auch nicht so aus, als ob es sich leicht knacken ließe. Sie hätte zwar ohnehin nicht gewusst, wie sie das anstellen sollte, wäre aber zumindest beschäftigt gewesen, und ihre Gedanken würden nicht weiter ständig um die Frage kreisen, ob das nächste Geräusch möglicherweise Dr. Carrera ankündigte, der kam, um ihr das noch pulsierende Herz herauszureißen.
    Beruhige dich, ganz ruhig , Panik half jetzt auch nicht weiter. Durch die Tür kam sie also nicht hier raus. Was sonst, was sonst? Das Waschbecken. Vielleicht gelang es ihr, ein Rohrstück herauszubrechen und es dem Wächter über den Schädel zu ziehen, wenn er sie holen wollte? Besser, als sich auf den kleinen Meißel zu verlassen, der wohl kaum scharf genug wäre, um durch Kleider bis ins Fleisch vorzustoßen. Bei ihrer Hämmerei vorhin hatte er eh schon ziemlich gelitten. Die Klinge war leicht eingedellt und ganz stumpf. Immerhin war ihr wenigstens etwas geblieben, das Pablo nicht entdeckt hatte.
    Sie versuchte, das Abflussrohr unter dem Waschbecken zu lockern. Es war aus schwerem Stahl oder vielleicht auch Blei, verdreckt wie es war, war das schwer zu sagen. Um welches Material es sich auch handelte, es gab jedenfalls nicht nach. Die auf dem Rohr abgelagerten Dreckschichten waren hart wie Zement.
    Das Waschbecken war also auch keine Hilfe. Die Toilette? Sie ähnelte eher einer Latrine, mit einem Sitz über dem breiten Abfluss. Und was für ein Gestank, du lieber Himmel! Sie erinnerte sich an Ausbruchgeschichten von Gefängnisinsassen, die über das Kanalsystem geflohen waren.
    Also ruckelte sie an der Toilettenschüssel, um sie vom Abfluss zu lösen. Doch wie schon das Waschbecken gab sie kein bisschen nach, nicht einmal, als Maria sich mit ihrem ganzen Körpergewicht dagegenstemmte. Nachdem sie es ein Dutzend Mal versucht hatte, setzte sie sich hin und lehnte sich erschöpft gegen die Wand.
    Ein wenig erleichtert war sie auch, das musste sie ganz ehrlich zugeben. Vermutlich wäre sie bei dem Gestank da drin erstickt oder irgendwo mitten im Tunnel ohnmächtig geworden. Was für ein Tod – gefangen in einem Abflussrohr.
    Sie musste lachen. Sie wurde langsam hysterisch, aber was sollte sie davon abhalten? Ihr Vater war jedenfalls nicht hier, um ihr zu sagen, sie solle sich gefälligst zusammenreißen. Weder ihn noch ihre Mutter würde sie jemals wiedersehen. Sie würden vielleicht nicht einmal erfahren, wie Maria gestorben war.
    Beide Möglichkeiten waren grotesk: in einer Kloake krepieren oder von einem verrückten Wissenschaftler ermordet werden, der seine eigene kranke Version der Mayamenschenopfer nachspielte.
    Nach einiger Zeit verhallte ihr Lachen, und sie saß erschöpft an die Wand zwischen Toilette und Waschbecken gedrängt da.
    Erst in diesem Moment sah sie die Schrauben. Die in einer Stahlplatte steckten. Der Zugang zu den Leitungen in der Wand. Das musste es sein. Der

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