Wenn der Wetterhahn kräht
diese Annahme. Ein Griff an sein Kinn
sagte ihm. daß seine Bartstoppeln zugenommen hatten, während der Rest seines
Körpers abgenommen hatte. Wie in drei Teufels Namen sollten er und Swope es
schaffen, sich eine Mitfahrgelegenheit nach Balaclava Junction zu ergattern,
wenn sie aussahen wie zwei heruntergekommene Landstreicher? Sich bei einer
nicht mehr ganz jungen alleinstehenden Dame zu erkundigen, ob sie vielleicht
zufällig einen Rasierapparat besaß, schien ihm sowohl sinnlos als auch ein
klein wenig taktlos. Also schleppte er sich durch den Tunnel in das sogenannte
Badezimmer und tat sein Bestes, was in diesem Fall nicht sonderlich viel war.
Cronkite Swope schlief immer noch. Miss
Binks schien der ausgestreckte Körper auf ihrem Wohnzimmerfußboden nicht weiter
zu stören, daher entschied Peter, daß es ihm auch nichts ausmachte. Er trug
einen dicken Holzklotz, der ihm als Stuhl dienen sollte, in die Nähe des
Feuers, und nahm dankbar die Tasse in Empfang, die Miss Binks ihm reichte.
Diesmal war es ein Henkelbecher aus dickem weißen Steingut, mit einer blauen
Linie um den ein wenig verfärbten, rissigen Rand. Der Inhalt sah aus wie
schwarzer Kaffee und roch ungefähr so, wie man es von Kaninchenbau-Kaffee
erwarten konnte. Jedenfalls war das Gebräu heiß und naß. Er probierte einen
Schluck und war angenehm überrascht.
»Gemahlene Löwenzahnwurzeln«, erklärte
Miss Binks. »Ich wasche sie sorgfältig, röste sie am Feuer, bis sie gleichmäßig
braun sind, und zerstoße sie mit dem Stößel im Mörser zu Pulver.« Sie wies mit
dem Kopf auf eine fußbreite Schieferplatte, in der sich eine tellerartige
Vertiefung befand. Darin lag ein glatter Granitstein, der in Größe und Form
einem Riesenei ähnelte. »Ich finde den Geschmack von Löwenzahn angenehmer als
den von Zichorienwurzeln, auch wenn ich zugeben muß, daß ich die beiden
manchmal mische, um ein etwas stärkeres Getränk zu erhalten.«
Ganz wie eine guterzogene Gastgeberin
nahm sie ihre eigene Tasse und setzte sich ihm gegenüber auf einen anderen
Holzklotz.
»Also, Professor Shandy, ich habe mir
einige Gedanken darüber gemacht, was Sie als nächstes unternehmen sollten. Ich
kann mir nicht vorstellen, daß Sie zurück zum Woeful Ridge gehen wollen, um zu
versuchen, Ihr Fahrzeug zu retten.«
»Vollkommen richtig«, versicherte
Peter. »Ich bezweifle ohnehin, daß es noch etwas zu retten gibt. Die
Zerstörungstruppe hatte bereits hervorragende Arbeit geleistet, als Swope und
ich uns davonmachten. Wenn sie nicht ungeheuer dumm oder stolz auf ihre Tat
sind, haben sie die traurigen Überreste sicher längst fortgeschafft und
irgendwo verschwinden lassen. Vielleicht verbrannt oder im Steinbruch entsorgt.
Es handelte sich bei dem Fahrzeug nämlich zufällig um den Dienstwagen des Gemeinde-
und Sprengel-Anzeygers von Balaclava County, müssen Sie wissen. Der Name
steht groß und breit auf den beiden Vordertüren und auf dem Kofferraum.«
»Wohl kaum etwas, das man einfach
herumstehen läßt«, stimmte Miss Binks zu. »Die Überlebenskämpfer haben bestimmt
nicht vor, die Leute darauf aufmerksam zu machen, daß sie es waren, die Ihren
Tod verschuldet haben. Was natürlich nicht zutrifft, da Sie noch am Leben sind,
aber das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen, aber ich hoffe, daß die Männer
weiterhin vom Gegenteil überzeugt sind. Ich habe ein paar Fetzen von Mr. Swopes
Jacke und Hose entdeckt, die im Dornengestrüpp neben dem Sumpf hängengeblieben sind,
was ihre Vermutungen möglicherweise bestärkt. Übrigens, wenn Mr. Swope
tatsächlich Reporter ist, können Sie ihn hoffentlich davon abhalten, etwas über
mich in die Zeitung zu setzen.«
»Keine Sorge«, versicherte Peter.
»Swope gehört nicht zu den Menschen, die die Hand beißen, die sie füttert. Eh —
das war übrigens kein Wink mit dem Zaunpfahl. Wir hatten vor, uns am Wegrand
ein wenig Vogelmiere zu pflücken«, log er tapfer.
»Jetzt hören Sie aber auf, Professor!
Sie können doch unmöglich schon genug von meiner Kochkunst haben! Ich kann
Ihnen zwar kein Spiegelei mit Schinken anbieten, aber vielleicht schmeckt Ihnen
mein Amarantpfannkuchen mit Birken- und Ahornsirup.«
»Klingt köstlich«, log er höflich.
»Aber machen Sie sich bitte unsertwegen keine Umstände.«
»Ich mache mir schon keine Umstände,
soviel kann ich Ihnen versichern. Es macht Spaß, endlich wieder jemanden zu
bekochen. Vielleicht war ich doch ein wenig einsam, auch wenn es mir nicht
bewußt war.«
»Haben Sie
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