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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Sonnenlicht zu
beenden. Außerdem wurde er allmählich hungrig. Der Biß in das Törtchen war
nicht sonderlich sättigend gewesen. Guthrie folgte Peter ohne Widerrede.
Vielleicht hatte er auch keine Lust, erschossen zu werden, oder ebenfalls von
der Seeluft Hunger bekommen.
    Sie fanden die drei Frauen essend am
Tisch in der Hauptkabine vor, frisch geduscht, mit gewaschenen Haaren und
trockener Kleidung, die ihnen die Besatzung freundlicherweise zur Verfügung
gestellt hatte. Besonders damenhaft waren sie zwar nicht gekleidet, doch Peter
mußte zugeben, daß Catriona in Leutnant Blaises Ausgehuniform nicht nur hübsch,
sondern sogar ausgesprochen apart aussah. Sie hatte ihr Haar gewaschen und mit
etwas zusammengebunden, das aussah wie ein Ersatz-Schuhriemen, und ein paar
Strähnchen, die sich gelöst hatten und gerade trockneten, ließen ihre ziemlich
stark ausgeprägten Wangen- und Kieferknochen weicher erscheinen.
    Helen dagegen erinnerte ihren Gatten an
ein Küken, das vergeblich versucht, aus seinem Ei zu schlüpfen. Sie steckte in
einem marineblauen Pullover, der Guthrie wahrscheinlich besser gepaßt hätte,
und einer Arbeitshose, deren Beine zu reifenähnlichen Wülsten hochgekrempelt
waren, damit sie nicht über den Boden schleiften.
    Was die Ausstaffierung von Iduna
betraf, hatte die Mannschaft erst gar nicht versucht, etwas Passendes zu
finden. Iduna hatte sich aus zwei regierungseigenen Decken und einer Unmenge
von Sicherheitsnadeln eine Art Kaftan gefertigt. Die beiden Männer am Tisch
waren so beschäftigt, sie mit glänzenden Augen und zweifellos lüsternen
Gedanken anzustarren, daß sie ihr Essen völlig vergaßen.
    Peter war selbst ganz fasziniert von
den weizenblonden Locken, den unschuldigen blauen Augen, den sanft geröteten
Wangen, der zarten Porzellanhaut, den ausdrucksvollen Lippen mit den kleinen
Grübchen in den Mundwinkeln, den sinnlichen Armen und den zierlichen kleinen
Händen mit den rosenfarbenen Nägeln. Für Männer, die tagein tagaus auf See
herumsegelten und deren einzige Abwechslung darin bestand, daß sie gelegentlich
einen Wal zu Gesicht bekamen, war der Anblick von so viel geballter
Weiblichkeit offenbar schlichtweg atemberaubend. Er hoffte nur, daß sie nicht
etwa beschlossen, sie zu schanghaien, und damit Dan Stotts Willkommensparty
ruinierten.
    Peter hatte eigentlich beabsichtigt,
sich neben Helen zu setzen, doch der Maschinist war ihm leider zuvorgekommen.
Außerdem hatte er erwartet, Fisch auf dem Speiseplan zu finden, doch es schien
ganz so, als ob die kühnen Jungs und Mädels von der Küstenwache Pasta primavera
bevorzugten. Doch was es auch war, es schmeckte hervorragend. Während er aß,
hielt er vorsichtshalber die Ohren gespitzt, für den Fall, daß entfernte
Schüsse oder Tumulte an Deck ihren Frieden störten, doch es blieb still. Er aß
sein Stück Zitronen-Pie, trank seinen Kaffee und wischte sich gerade die Lippen
ab, als das Mannschaftsmitglied, das eben noch als Aussichtsposten fungiert
hatte, die Messe betrat und Mrs. Shandy, Mrs. Stott und Miss McBogle bat, bitte
auf Deck zu erscheinen. Die Professoren Shandy und Fingal wurden zwar nicht
eingeladen, hätten sich jedoch schwerlich daran hindern lassen, sich an die
Fersen der Damen zu heften.

Kapitel 15
     
     
     
     
     
     
     
    H elen wünschte sich, sie hätte nichts
gegessen. Eigentlich hätte sie wissen müssen, was mit dem Magen einer Frau
passieren konnte, die sich plötzlich einer Gruppe von Männern gegenübersah, die
bis vor ein paar Minuten noch der felsenfesten Meinung gewesen waren, sie
hätten sie und ihre Freundinnen für immer in das Reich Poseidons geschickt.
    Kurz zuvor hatte Helen sie durch das
Deckfenster gesehen, genau wie auf der ›Ethelbert Nevin‹. Sie hatten entspannt
gewirkt und mit den Besatzungsmitgliedern auf Deck gescherzt und gelacht. Jetzt
standen die vier Bären Schulter an Schulter nebeneinander, die Gesichter unter
den dunklen Bärten waren fischweiß, die Augen quollen ihnen unter den
ungepflegten Perückenmähnen hervor, und die Münder in den wilden schwarzen
Bärten formten ein rotes ›O‹, als ob ihre Besitzer etwas sagen wollten, jedoch
kein Wort herausbekamen. Trotz allem taten sie Helen irgendwie leid. Sie selbst
würde sicherlich auch keinen Ton herausbringen.
    Doch es blieb ihr wohl nichts anderes
übrig. Leutnant Blaise sagte gerade mit sehr bestimmter Stimme: »Mrs. Shandy,
würden Sie uns bitte bei der Identifizierung dieser Männer behilflich sein?«
    Es war

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