Wenn der Wetterhahn kräht
die kühle Überheblichkeit auf
Bürstenschnitts Gesicht, die ihre Zunge schließlich löste.
»Selbstverständlich. Der glattrasierte
Mann, der so auffällig damit beschäftigt ist, sich eine plausible Geschichte
einfallen zu lassen, hat versucht, Eustace Tilkey zu ermorden. Der Mann riiit
der Einkerbung im linken Nasenflügel ganz links neben ihm hat Eustace bei den
Beinen gepackt und mit ihm gemeinsam über Bord geworfen, während der große Mann
in der Mitte das Steuerrad übernommen hat.«
»Und das haben Sie von der Kajüte aus
beobachtet, sagten Sie?«
»Ja. Ich bin mir ziemlich sicher, daß
sie mich nicht bemerkt haben. Die Fenster waren so schmutzig, daß man kaum
hineinsehen konnte. Ich wußte nicht, was ich machen sollte, also bin ich wieder
nach draußen gegangen und habe meinen alten Platz eingenommen, als ob nichts geschehen
wäre. Sie haben mich nicht aufgehalten. Doch dann kam Cat — Miss McBogle — nach
draußen. Sie war verständlicherweise überrascht, einen der Passagiere am
Steuerrad zu sehen, und fragte ihn, wo Eustace sei. Ich konnte es zwar nicht
richtig verstehen, weil der Motor so laut war, aber ich nehme an, daß sie ihn
das gefragt hat. Er hat etwas geantwortet, aber ich konnte in dem dichten Bart
seine Lippen nicht sehen. Cat sagte noch etwas, dann hat der erste Mörder — mein
Gatte sagt, sein Name sei Roland Childe — «
Das hatte gesessen. Der Mann verlor
sein selbstgefälliges Grinsen zwar nur ganz kurz, doch das genügte. Die Bären
hörten auf, Helen anzustarren, und starrten statt dessen mit schockierten
Mienen zuerst ihren Anführer und einander an.
Leutnant Blaise war überrascht. »Dann
kennen Sie diesen Mann, Mr. Shandy?«
»Nein, aber ich habe eine Verwandte von
ihm getroffen, die ihn mir so genau beschrieben hat, daß ich ihn eindeutig
identifizieren kann. Es besteht eine große Familienähnlichkeit zwischen ihnen,
auch wenn ich mich bei der Verwandten für diese Bemerkung entschuldigen muß.
Childe stammt aus Clavaton in Massachusetts und wird in Balaclava County wegen
Brandstiftung, schweren Diebstahls und Totschlags gesucht. Ich möchte mich
keineswegs in Ihre Angelegenheiten einmischen, Leutnant Blaise, aber falls Sie
zufällig Handschellen und Fußeisen im Schiffsgefängnis herumliegen haben,
sollten Sie sie vielleicht jetzt ausprobieren. Eh — entschuldige bitte, daß ich
deine Zeugenaussage unterbrochen habe, Liebling.«
»Das macht doch nichts, Peter. Da wir
gerade beim Thema sind, ich vermute, diese Männer wurden bereits nach Waffen
durchsucht, als sie an Bord kamen?«
»Keine Sorge, Mrs. Shandy«, versicherte
Blaise. »Wir haben sie darüber aufgeklärt, daß es verboten ist, an Bord eines
Schiffes der U.S. Küstenwache unbefugt Waffen zu tragen, und haben vier Messer,
zwei Seitenwaffen, ein Gewehr und eine Handgranate, die Mr. Childe bei sich
trug, beschlagnahmt. Er hat dazu erklärt, es handele sich um ein Souvenir aus
seiner Kriegszeit.«
»Ein echter Gefühlsmensch.«
Helen war erleichtert, als sie
feststellte, daß die Besatzungsmitglieder, die bisher scheinbar unbeteiligt
dagestanden hatten, die fünf Männer langsam einkreisten. Sie hatte gar nicht
gewußt, daß die Boote immer noch mit Belegnägeln ausgestattet wurden, auch wenn
sie von der ruhmreichen Vergangenheit der Küstenwache gehört hatte. Im Jahre
1790 war der Revenue Cutter Service, der älter war als die U.S. Navy, unter
George Washington ins Leben gerufen worden. Ein Kutter der Küstenwache hatte
1812 im Krieg gegen England die erste amerikanische Prise genommen. Ein anderer
Kutter, die ›Harriet Lane‹, hatte 1858 eine Schwadron Marineschiffe nach
Paraguay begleitet.
Und jetzt wußte sie plötzlich auch, was
sie an Guthrie Fingals Frau die ganze Zeit so irritiert hatte. So ungefähr die
letzte Amtshandlung, die Helen in Kalifornien ausgeführt hatte, bevor sie an
die Ostküste gekommen war, um Peter zu heiraten, auch wenn sie dies damals
zunächst gar nicht vorgehabt hatte, war die Betreuung eines Studenten gewesen,
der für seine Arbeit über Francisco Solano Lopez recherchierte.
Für Helen hatte der interessanteste
Teil der Arbeit darin bestanden, Nachforschungen über die schöne, intelligente
und beinahe unbezähmbare Geliebte von Lopez anzustellen. Ella Lynch war
irischer Abstammung, hatte eine französische Erziehung genossen und war auf den
Namen Elisa Alicia getauft worden. Mit fünfzehn hatte sie einen Offizier der
französischen Armee namens Xavier Quatrefages
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