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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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halten. »Es besteht kein Grund für euch beide, um mich herumzustehen wie zwei besorgte Glucken. Ich habe mich jahrelang im Kämpfen geübt. Wir wussten von jeher, dass der heutige Tag kommen würde.«
    »Aber nicht mit Julian als unserem Opfer«, mahnte sie Adrian leise.
    Portia nagte an ihren Lippen, um ihnen Farbe zu verleihen, hoffte, der scharfe Januarwind würde Rosen auf ihre blutleeren Wangen malen. »Dann werden wir einfach aufhören müssen, von ihm als Julian zu denken, und besser anfangen, in ihm nichts als den ruchlosen Mörder zu sehen, der er geworden ist.«
    Die beiden Männer tauschten über ihren Kopf hinweg einen besorgten Blick, aber als Larkin seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, schüttelte Adrian warnend den Kopf.
    Adrian deutete auf ein leer stehendes Lagerhaus weiter unten an der Straße. »Wir sind nicht weit entfernt, Portia. Wenn es so aussieht, als stecktest du in Schwierigkeiten, kommen wir sofort.«
    Er trat näher, breitete die Arme aus, als wollte er sie umarmen, aber Portia wich ein paar Schritte zurück. Sie fühlte sich angespannt, irgendwie brüchig oder spröde. Wenn einer von ihren Schwagern ihr auch nur den Arm tätschelte, würde sie zerbrechen, fürchtete sie.
    »Hast du alles, was du brauchst?«, erkundigte sich Adrian und schob seine Hände unbeholfen in die Taschen seines Überrockes.
    »Das kann ich nur hoffen«, erwiderte sie und holte dabei den Pflock, um den Julian die Schleife gebunden hatte, aus der verborgenen Tasche, die Vivienne in ihren Rock genäht hatte. Ehe sie ihn zurückschob, zog sie das rote Samtband von der Waffe und band es sich um den Hals, um noch unwiderstehlicher für Julian zu sein. »Aber ich bin zuversichtlich, dass ich alles habe, was er braucht.«
    Larkin steckte den Kopf aus dem schützenden Schatten auf die verlassene Straße und spähte nach rechts und nach links. Dann nahm er eine kleine Steinschlosspistole aus seiner Jackentasche und reichte sie ihr. »Wenn irgendjemand sonst dich anspricht, schieß hiermit in die Luft.«
    »Oder auf denjenigen«, fügte Adrian grimmig hinzu.
    Höflich wandten sie die Augen ab, als sie den rüschenbesetzten Saum ihres Kleides anhob, um die Pistole in ihr Strumpfband aus Spitze zu stecken. Bei dem Kontakt des kalten Stahls mit ihrer warmen nackten Haut erschauerte sie.
    »Sobald er dich erkennt, wird er ahnen, dass es eine Falle ist«, warnte Adrian sie.
    »Das ist zweifelhaft«, entgegnete sie. »Berücksichtigt man seine kolossale Arroganz, denkt er vermutlich nur, ich wäre gekommen, ihn zu warnen, dass du ihn suchst, oder mit ihm Byrons Gedichte vor einem romantischen Kaminfeuer zu lesen.«
    Sie straffte die Schultern, und das stählerne Funkeln in ihren Augen verkündete, dass sie bereit war. Adrian und Larkin nickten sich zu und brachten sie zum Ende der Gasse. Als sie dort ankamen, trennten sie sich, als hätten sie soeben ein übles Geschäft abgeschlossen. Adrian und Larkin torkelten unter lautem Lachen und Grölen in die eine Richtung, während Portia in die andere schlenderte, wobei sie auf einen unsicheren Gang achtete, um noch wehrloser zu erscheinen.
    Obwohl sie wusste, die Männer würden nur wenige Minuten benötigen, um heimlich kehrtzumachen und in das Lagerhaus auf der anderen Seite der Straße zu schleichen, hatte sie sich noch nie in ihrem Leben so alleingelassen gefühlt.
    Fünf lange Jahre hatte sie sich damit getröstet, dass Julian irgendwo dort draußen in der Nacht war, sich nach ihr sehnte, so wie sie sich nach ihm. Dieser Illusion beraubt, fühlte sich die Nacht so leer und kalt wie der mondlose Himmel an. Sie wünschte sich nichts mehr, als sich tiefer in ihren Umhang zu kuscheln, doch stattdessen ließ sie ihn von einer Schulter gleiten und reckte ihr Kinn, sodass ihr bloßer Hals betont wurde.
    Langsam schlenderte sie weiter, bemüht, sich nicht zu weit vom Lagerhaus zu entfernen. Sie hatten diesen Ort absichtlich gewählt, weil er nur einen Block weiter als die Stelle lag, wo zwei der ermordeten Frauen gefunden worden waren. Sie zuckte zusammen, als ein betrunkener Seemann aus einer Gasse direkt vor ihr torkelte. Aber er gönnte ihr lediglich einen verschwommenen Blick, offensichtlich mehr an seiner nächsten Flasche Gin interessiert als an weiblicher Gesellschaft.
    Der Nebel verfälschte alle Geräusche, sodass es unmöglich war zu sagen, ob das gespenstische Lachen oder die hohlen Schritte weit weg waren oder direkt hinter ihr. Eiskalter Schweiß rann ihr über den

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