Wenn die Liebe dich findet
nicht nach einem Mann, der nicht verliebt ist.«
Raphael zog die Tür hinter sich zu. Sie riss sie wieder auf und rief ihm hinterher: »Das hat er gesagt?!«
Er ging weiter und begann, vor sich hinzupfeifen. Er hatte nicht vor, ihr zu sagen, was sie so unbedingt hören wollte. Schließlich hätte auch er nicht von jemand anderem als Ophelia hören wollen, dass sie ihn liebte. Amanda musste es von Devin selbst erfahren. Ihre Gefühle für Baldwin hatten ihn betroffen gemacht, und er musste sich richtig verhalten.
Sie stand noch immer vor der Tür und wartete auf Rafes Antwort. Vor der Treppe machte er halt und rief ihr zu: »Ich lasse dir meine Pistole hochbringen, nur für den Fall.«
Sie wusste seinen Humor nicht zu schätzen. »Pass nur auf, dass ich sie nicht bei dir einsetze!«
Kapitel 52
E s war ein großes Herrenhaus, das Stadthaus der Caswells im schicken Norden der Stadt. Es dauerte den halben Tag, bis Devin es endlich gefunden hatte, und wurde schon dunkel, als er an die Tür klopfte. Er hatte so lange gebraucht, weil das Haus eigentlich gar nicht der Familie Culley gehörte, sondern von der Caswell-Seite dem letzten lebenden Familienmitglied, Garth Culley, vererbt worden war.
Er war offensichtlich reich, es gab sogar einen Marmorboden im Flur und eine mit Seidenpolstern bezogene Bank für Besucher, die nicht weiter ins Haus kamen. Der perfekt gekleidete Butler erklärte Devin höflich und freundlich, dass Lord Garth keinen Besuch empfinge. Deshalb hatte Devin fast ein schlechtes Gewissen, als er dem Mann versicherte: »Ich gehe nicht, bevor ich mit ihm gesprochen habe. Informieren Sie ihn, dass Elaine Baldwins Sohn ihn sehen will!« Ziemlich harsch, aber er musste seinen Standpunkt klarmachen.
Den Butler schien das allerdings nicht weiter zu stören, er nickte nur. »Na gut, Mylord, Sie können hier warten, während ich Ihre Botschaft überbringe.« Er schritt den Flur entlang und stieg die große Treppe hinauf.
Jetzt, da Devin hier war und zum ersten Mal seinen Vater treffen würde, hätte er eigentlich erwartet, dass sich Nervosität breitmachte. Aber so war es nicht. Er nahm Wut wahr, direkt unter der Oberfläche. Und Eifer, endlich das Problem zu lösen, das ihn sein ganzes Leben lang verfolgt hatte. Dennoch empfand er eine seltsame Ruhe, obwohl er wusste, dass er den Mann wahrscheinlich umbringen müsste, oder vielleicht gerade deswegen. Er hatte eine Pistole in seiner Tasche, und sollte er sie benutzen, wäre es nicht schlimmer, als ein eitriges Geschwür herauszuschneiden oder einen tollwütigen Hund niederzustrecken.
Die Wut bekam die Oberhand, als statt Garth der Butler oben auf der Treppe erschien. Der Lord weigerte sich also, Devin zu empfangen? Oder lud er selbst gerade seine Pistole? Er war auf alles gefasst. Der Butler bat ihn indessen hinauf, und als Devin oben ankam, führte er ihn einen Flur entlang und öffnete ihm eine Tür.
Er war immer noch auf alles gefasst. Der Mann war womöglich so verrückt, dass er Devin in seinem eigenen Haus erschoss. Und dieser konnte ihn kaum davon abhalten. Das Schlafzimmer war hell erleuchtet und extravagant mit Möbeln im französischen Stil eingerichtet, die eher dem Geschmack einer Frau entsprachen. Als könnte der Mann Gedanken lesen, erklärte er: »Ich habe niemals etwas in diesem Haus verändert. Das hier war das Zimmer meiner Großmutter mütterlicherseits.«
Devins Blick fiel auf das Bett, der letzte Ort, an dem er seinen Vater erwartet hätte. Er fühlte sich im Nachteil, denn er stand völlig ungeschützt da. Garth hätte in Ruhe zielen können, während Devin sich dem großen Himmelbett nähern müsste, um dasselbe zu tun.
Das Erste, was ihm auffiel, war, dass Garth Culley viel älter wirkte als fünfzig. Sein Haar war vor der Zeit ergraut und sehr dünn. Falls seine Augen je bernsteinfarben gewesen waren, hatten sie inzwischen an Leuchtkraft eingebüßt und waren nur noch langweilig hellbraun, blutunterlaufen und tief eingesunken. Sein Gesicht war hager, die Haut hing schlaff herab, als hätte er schnell viel Gewicht verloren. Es war nicht mehr viel übrig von dem Mann unter der Decke, und er war gewiss nicht in der Lage, im Wald herumzulaufen und auf Devin zu schießen. Aber er war reich. Er konnte sich so viele Auftragsmörder leisten, wie er wollte.
Garth musterte seinen Sohn begierig, nahm jeden Millimeter seiner Erscheinung in sich auf. Devin redete nicht lange um den heißen Brei herum. »Warum versuchst du, mich umzubringen,
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